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ÖLPEST/BP scheitert mit «Top Kill» – kaum schnelle Lösung

Washington (awp/sda/dpa/afd) – Desaster für die Natur, BP und auch Obama: Die sprudelnde Ölquelle vor der US-Südküste per Schlammbeschuss zu schliessen, ist endgültig gescheitert. Das Öl sprudelt weiter in den Golf von Mexiko. Und es könnte Wochen dauern, bis eine Lösung gefunden wird.
Die «Top Kill» genannte Operation, bei der tonnenweise Schlamm in das Bohrloch gepumpt wurde, habe den Ölfluss nicht stoppen können, sagte BP-Manager Doug Suttles am Samstag. Die Arbeiten mussten abgebrochen werden. Somit sprudelt die Ölquelle im Golf von Mexiko auch fünf Wochen nach dem Sinken der Bohrinsel «Deepwater Horizon» weiter ins Meer.
Die BP-Ingenieure hatten in den vergangenen Tagen dreimal mit hohem Druck fast fünf Millionen Liter Schlamm sowie Plastikwürfel, Golfbälle und verknotete Seile in das Bohrloch gepumpt. «Wir wissen nicht genau, warum es nicht geklappt hat», sagte Suttles. BP-Chef Tony Hayward sagte, er sei sehr enttäuscht.
Endgültig verschlossen wird die Ölquelle nun wahrscheinlich frühestens im August. BP bohrt zurzeit neue Zugänge zur Quelle, rund vier Kilometer unter dem Meeresboden.
Mit zwei Entlastungsbohrlöchern soll der Druck auf das lecke Bohrloch verringert werden. «Wir sind damit halb fertig. Aber je weiter runter wir kommen, desto schwieriger wird es», erklärte Suttles von BP.
Laut der Zeitung «New York Times» wusste BP schon im Juni 2009 vor dem Unfall von erheblichen technischen Problemen: Ein BP-Ingenieur habe in einem internen Schreiben vor einem möglichen Worst-Case-Szenario gewarnt.
Seit Beginn der Katastrophe am 22. April sind Experten zufolge etwa 40’000 Tonnen Öl ins Meer geflossen. Jeden Tag kommen zwischen 1600 und 3400 Tonnen dazu. Mindestens 270 Kilometer Küste sind verseucht, wie die US-Küstenwache mitteilte.
Schon jetzt ist es die grösste Ölpest der US-Geschichte. Beim Unfall des Tankers «Exxon Valdez» 1989 vor Alaska verdreckten 35’000 Tonnen Öl das Meer. Die US-Regierung sprach gar von der womöglich «schlimmsten Umweltkatastrophe» in der US-Geschichte.
Jeder Tag, an dem weiter Öl austrete, sei «ein Angriff auf die Menschen der Golfküstenregion, ihre Existenz, und den natürlichen Reichtum, der uns allen gehört», sagte US-Präsident Barack Obama, dessen politisches Ansehen stark unter der Ölpest leidet.
Die Katastrophe mache wütend und sei zugleich «herzzerreissend». Obama hatte am Freitag zum zweiten Mal die Küste des betroffenen Bundesstaates Louisiana besucht. Er habe angewiesen, dass BP nun den Alternativplan starte, das Öl in einem Behälter über der Quelle aufzufangen, sagte Obama am Wochenende weiter.
Das Unternehmen wollte umgehend damit beginnen. Dabei wird das bestehende Steigrohr zur Quelle abgesägt und ein Auffangbehälter darüber gestülpt. Von dort soll es zu einem Schiff geleitet werden.
Ob das klappt, soll in vier bis sieben Tagen feststehen. Ein ähnlicher Versuch war vor Wochen gescheitert, weil Eiskristalle die Leitung verstopften. Allerdings hatte BP eine grössere, 13 Meter hohe Kuppel eingesetzt.
Der Einsatz an den Küsten und auf dem Meer werde nun wichtiger denn je, hiess es von der Küstenwache. Die nahende Hurrikan-Saison gilt als Risiko. In den vergangenen zwei Wochen war das Wetter gut, weshalb viel Öl von der Meeresoberfläche abgeschöpft werden konnte.
Wissenschafter entdeckten unterdessen unter Wasser erneut gewaltige Ölschwaden, diesmal 120 Kilometer nordwestlich von der Stelle, an der die Bohrinsel «Deepwater Horizon» am 22. April sank.
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