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Oppositionspolitik der SVP in der Sackgasse

Ex-press

Von der Opposition zurück in die Regierung: Das wollen massgebende Kräfte der SVP. Nun sei es Zeit, dass die Partei wieder zur Sach-Politik und in die Regierungsverantwortung zurückkehre, sagt SVP Nationalrat Peter Spuhler im swissinfo-Interview.

Seit Wochen versucht die Schweizerische Volkspartei (SVP), ihr ehemaliges Mitglied, Verteidigungsminister Samuel Schmid, aus dem Amt zu drängen.

In der Sonntagpresse vom 28. September präsentierte die Parteileitung auch schon einen Bundesrats-Kandidaten für den Fall, dass Schmid zurücktreten würde: den im Dezember 2007 abgewählten Christoph Blocher. Entweder werde dieser nochmals gewählt, oder die Partei bleibe in der Opposition, lautete die Devise.

Doch nur wenige Tage später durchkreuzte die Mehrheit der SVP-Bundeshaus-Fraktion diesen Plan. Die Fraktion will bei einer Vakanz in der Regierung zwar mit einer Kandidatur antreten, aber sich noch nicht auf Namen festlegen.

Peter Spuhler ist Unternehmer und Nationalrat der SVP.

swissinfo: Seit bald einem Jahr ist die SVP in der selbst gewählten Opposition. Wie lange noch?

Peter Spuhler: Die SVP hat die Opposition nicht aus freien Stücken gewählt. Ich erinnere daran, dass wir nach dem Rücktritt von Bundesrat Adolf Ogi mit Rita Fuhrer und Roland Eberle angetreten sind. Die Vereinigte Bundesversammlung hat damals aber Samuel Schmid gewählt. Im Dezember 2007 hat sie Bundesrat Christoph Blocher abgewählt.

Als grösste und stärkste Fraktion kann man sich das einfach nicht gefallen lassen. Aus diesem Grund sind wir gezwungenermassen in diese Oppositionsrolle gedrängt worden. Als Parlamentarier trage ich diese Opposition mit.

Zur Frage nach der Dauer: Die Fraktion hat diese Woche klar entschieden, dass sie bei einer Vakanz im Militärdepartement mit einem oder mit zwei Kandidaten wieder antreten will.

swissinfo: Die Mehrheit der Fraktion hat Ex-Bundesrat Blocher und dessen Ambitionen auf eine Rückkehr gestoppt. Sie haben sich schon vor Monaten öffentlich gegen Blocher ausgesprochen. Zufrieden?

P.S.: Ich habe das nicht explizit so gesagt. Ich habe immer gesagt, dass wir so rasch wie möglich in die Regierungsverantwortung zurück kehren sollen und dann auch mit einem oder zwei Kandidaten antreten müssen, die auch gewählt werden.

Christoph Blocher wird es nach seiner Abwahl – ich muss sagen leider – sehr schwierig haben, nochmals als Bundesrat gewählt zu werden. Wir müssen uns alle Optionen offen halten, um wieder in die Regierung zurück zu kehren.

swissinfo: Sie haben mehrmals betont, Opposition dürfe das Wohl des Landes nicht aus den Augen verlieren. Bei der Rückweisung des Rüstungsprogramms hat die SVP Sach- mit Personalpolitik vermischt. Ist das konstruktive Opposition?

P.S.: Es ist richtig, dass ich immer gesagt habe, dass ich eine Oppositionspolitik mittrage, wenn sie konstruktiv ist, wenn es um Sachpolitik geht. Ich bin auch der Meinung, dass beim Rüstungsprogramm zu Beginn unglücklich kommuniziert worden ist.

Man hat damals an einer Pressekonferenz praktisch gesagt, wegen Bundesrat Samuel Schmid lehne die SVP das Rüstungsprogramm ab. Da bin ich ganz klar der Meinung: Es muss materiell begründet werden und nicht personell.

swissinfo: Gibt es denn – aus Ihrer Sicht – materielle Begründungen gegen das Rüstungsprogramm?

P.S.: Grundsätzlich bin ich ein grosser Befürworter einer starken Armee. Aber es gibt natürlich die Frage, wie gut das Militärdepartement heute geführt wird und ob es überhaupt noch den verfassungsmässigen Auftrag erfüllen kann. Da gibt es bei uns in der Fraktion viele Stimmen, ich zähle mich durchaus auch dazu, die diese Frage sehr kritisch stellen.

swissinfo: Sie sind Unternehmer. Mit der Rückweisung des Rüstungsprogramms verhindern Sie Investitionen, die auch der Schweizer Industrie zugute kämen.

P.S.: Gut, wir haben das Programm ja nicht grundsätzlich verhindert. Wir haben das jetzt mal zurück gestellt bis im Dezember. Wir haben mehrmals gesagt, dass wir bereit sind, das Rüstungsprogramm zu akzeptieren, wenn Samuel Schmid zurücktritt. Dann können wir auch einen Neuanfang machen.

Ich denke, dass das Rüstungsprogramm im Dezember in einer zweiten Lesung durchaus Chancen hat, durchzukommen.

swissinfo: Auch wenn Bundesrat Schmid im Dezember noch im Amt sein wird?

P.S.: Das ist eine gute Frage, und ich bin kein Kaffeesatzleser. Ich weiss es nicht.

swissinfo: Dennoch: Winken Sie das Rüstungsprogramm im Dezember auch dann durch, wenn Samuel Schmid noch Bundesrat ist?

P.S.: Ja gut, das ist eine Frage, die wir in der Fraktion ausführlich diskutieren müssten. Persönlich bin ich der Meinung, dass wir eher einschwenken sollten. Aber: Lassen wir das noch offen.

swissinfo: Vor drei Monaten die Kehrtwende in der Frage der Personen-Freizügigkeit. Jetzt das Nein zum Rüstungsprogramm. Versteht das Ihre Basis?

P.S.: Nein. Das ist sicher zur Zeit das grösste Problem. Wir haben in den letzten Monaten zwei oder drei Entscheide getroffen, die sehr schwierig der Basis zu kommunizieren sind. Das gab auch immer wieder Irritationen. Da glaube ich schon, dass wir zu einer griffigeren und klareren Sachpolitik zurückkehren müssen.

swissinfo-Interview: Andreas Keiser

Geboren am 9. Januar 1959 in Sevillla, aufgewachsen in Zürich.

Er studierte von 1980 – 1986 Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen.

1989: Übernahme der Stadler Rail AG in Bussang. Die Firma zählt heute zu den führenden Herstellern von Bahnkompositionen.

Der Unternehmer sitzt seit 1999 für die SVP des Kantons Thurgau im Nationalrat.

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