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Parlament gegen Sitz im UNO-Sicherheitsrat

In der Schweiz regt sich Widerstand gegen einen Sitz im UNO-Sicherheitsrat. Keystone

Bundespräsidentin Calmy-Rey stösst mit ihrem Anspruch auf einen Sitz der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat auf Widerstand. Im Parlament sprachen sich die Bürgerlichen dagegen aus.

Eine Mitgliedschaft sei nicht vereinbar mit der Neutralität, befanden Abgeordnete der bürgerlichen Mehrheit. Anlass war die Diskussion um den UNO-Bericht der Regierung.

Im Nationalrat nutzten am Freitag vor allem die Fraktionen der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) und der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) die Gelegenheit, um gegen das Vorhaben anzutreten.

Die bisherige Arbeit des Menschenrechtsrats wurde zurückhaltend beurteilt.

Anlass für die kontroverse Debatte über die Rolle der Schweiz bei den Vereinten Nationen bot am letzten Tag der Herbstsession der Bericht des Bundesrats zu den Beziehungen zur UNO im Jahr 2007.

Die Mehrheit im Rat zeigte sich dabei überzeugt, dass die Schweiz seit ihrem Beitritt vor fünf Jahren ihren Platz in der internationalen Staatengemeinschaft gefunden habe und auch Akzente habe setzen können.

“Todesstoss” und “Schwarzbuch”

Kritik ernteten die Landesregierung und insbesondere Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey als Aussenministerin aber für das Bemühen, der Schweiz, einen Platz im Sicherheitsrat zu sichern. Dies wäre der Todesstoss für die schweizerische Neutralität, meinte der Zürcher Hans Fehr (SVP).

Fehr überreichte der Aussenministerin auch gleich den Entwurf für ein “Schwarzbuch” der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS), in dem Dutzende von Neutralitätsverstössen der letzten Jahre aufgelistet seien.

Die Zürcher Christlichdemokratin Kathy Riklin rief Calmy-Rey ihrerseits dazu auf, die “negativen Geister” nicht zu wecken und bei der Frage eines Beitritts der Schweiz zum Sicherheitsrat Zurückhaltung zu üben.

Fragen zum Menschenrechtsrat

Ein weiterer Kritikpunkt, der von den verschiedenen Fraktionen aufgebracht wurde, betraf die Arbeit des neuen UNO-Menschenrechtsrats mit Sitz in Genf.

Dieses Gremium müsse seine Wirksamkeit erst noch unter Beweis stellen, sagte die Neuenburger Grüne Francine John-Calame. Und auch der Genfer Liberale Jacques-Simon Eggly verwies darauf, dass das neue Gremium für Menschenrechte in jüngster Zeit zwar Fortschritte gemacht, letztlich aber noch nicht sehr viel bewegt habe.

Calmy-Rey bleibt dabei

Grundsätzlich wurde die Arbeit der Schweiz in den Gremien der UNO aber dennoch – mit Ausnahme der SVP – von allen Fraktionen gelobt. Die Schweiz habe fünf Jahre nach dem Beitritt ihren Platz in den Vereinten Nationen gefunden und biete heute eine Stimme, die gehört werde, sagte die Berner Freisinnige Christa Markwalder im Namen der aussenpolitischen Kommission.

Aussenministerin Calmy-Rey verwies darauf, dass die Schweiz heute kein Sonderfall mehr sei. Von der Idee, einen Sitz im UNO-Sicherheitsrat anzustreben, wollte die Aussenministerin trotz der Kritik aus dem bürgerlichen Lager aber nicht abrücken.

swissinfo und Agenturen

1945: Gründungsakt der Vereinten Nationen in San Francisco.
1946: Völkerbund wird aufgelöst; Völkerbunds-Palast in Genf wird Europasitz der UNO.
1986: Das Stimmvolk verwirft den UNO-Beitritt mit grosser Mehrheit (75%). Auch alle Kantone sagen Nein.
1998: Neue Beitritts-Initiative lanciert.
2002, 3. März: Volk und Stände sagen (knapp) ja zum UNO-Beitritt.
2002, 10. September: Die Schweiz wird als 190. Mitglied aufgenommen.

Der UNO-Sicherheitsrat, auch Weltsicherheitsrat genannt, ist das mächtigste Organ der Vereinten Nationen.

Er hat gemäss Artikel 24 I der UN-Charta “die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit”.

Der Rat zählt 5 ständige Mitglieder (USA, Russland, China, Grossbritannien und Frankreich), die mit Vetorecht ausgestattet sind.

Dazu kommen 10 nichtständige Mitglieder, die jeweils von der UNO-Vollversammlung für 2 Jahre gewählt werden.

Als einziges UNO-Organ kann der Sicherheitsrat Sanktionen verhängen (von Wirtschaftsboykott bis zu militärischen Massnahmen).

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