Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Parlament setzt sich für Nichtraucher ein

Rauchfreie Zone am Arbeitsplatz - vielleicht schon bald per Gesetz verordnet. imagepoint

Wie bereits in verschiedenen europäischen Ländern soll nun auch in der Schweiz ein nationales Rauchverbot eingeführt werden.

Nächste Woche berät das Parlament das Passivraucherschutzgesetz. Es untersagt das Rauchen am Arbeitsplatz, in Restaurants und Bars.

Eine kleine Strassenumfrage in Bern bestätigt die Ergebnisse verschiedener Studien zum Thema Rauchen.

Nur zwei von zehn Befragten waren gegen ein öffentliches Rauchverbot. Die meisten waren dafür – auch solche mit Zigarette in der Hand.

“Das Rauchen am Arbeitsplatz sollte auf alle Fälle verboten werden. Ich selbst bin Gelegenheitsraucherin, doch ich sitze lieber mit Nichtrauchern im Büro oder im Restaurant”, sagte Heike Rothenbühler.

Gemäss Rothenbühler sollten Raucherinnen und Raucher nur noch in räumlich abgetrennten Fumoirs qualmen dürfen. Dieser Meinung war die Mehrheit der von swissinfo in Bern befragten Personen.

“Eingriff in die Privatsphäre”

Der Nationalrat weiss, wie Herr und Frau Schweizer zum Rauchen stehen. Er will sich diesbezüglich in der Debatte, die nächsten Mittwoch im Parlament beginnt, denn auch für den Schutz der Nichtraucher einsetzen.

Toni Bortoluzzi, Fraktions-Mitglied der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und bekennender Gegner eines schweizweiten Rauchverbots, hat angesichts des in der Schweiz vorherrschenden Wunschs nach qualmfreier Luft einen schweren Stand. Doch Bortoluzzi gibt sich nicht geschlagen. Er kämpft weiter – allein schon aus Prinzip.

“Es geht nicht an, den Konsum eines legalen Produkts zu verbieten. Der Staat greift in die Privatsphäre ein, wenn er für den Tabakkonsum in einem Restaurant oder in einer Bar Bestimmungen erlässt”, sagt Bortoluzzi.

Gemäss Bortoluzzi braucht es kein neues Gesetz, sondern einfach gesunden Menschenverstand, Respekt und Toleranz.

Trotzdem zieht Bortoluzzi einheitliche Bestimmungen für die ganze Schweiz, einem Patchwork von Regelungen in den 26 Kantonen vor. Bis heute entscheiden die einzelnen Kantone selbst über Anti-Raucher-Gesetze.

Rauchverbot als Anreiz für Tourismus

Für Ruth Humbel, Nationalrätin der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) ist das nationale Rauchverbot nicht nur im Interesse der Hotels und Restaurants, sondern es fördert auch das Image der Schweiz als Tourismus-Destination.

Gemäss Humbel haben die positiven Erfahrungen in den Nachbarländern die Wahrnehmung des Rauchens auch in der Schweiz beeinflusst.

“Zur Überraschung aller war Italien eines der ersten Länder, das ein Rauchverbot eingeführt hat. Entgegen ihrem Ruf als Bonvivants folgten darauf die Franzosen”, so Humbel.

Der Hauptgrund für den Stimmungswechsel ist jedoch das wachsende Bewusstsein für die Gesundheitsrisiken, die durch das Rauchen verursacht werden.

In einem sind sich Humbel und Bortoluzzi einig: Passivrauchen ist schädlich. Dies zeigen auch verschiedene Studien.

Mehr

Mehr

Nationalrat

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Der Nationalrat ist die Schweizer Parlamentskammer (Legislative) der Volksvertreter oder Abgeordneten (Grosse Kammer). Der Rat zählt 200 Parlamentarierinnen und Parlamentarier und vertritt das Schweizer Volk. Auf je 35’000 Einwohnerinnen und Einwohner eines Kantons kommt derzeit ein Mitglied im Nationalrat. Das einzelne Ratsmitglied wird “Nationalrat” oder “Nationalrätin” genannt. Nationalrat und Ständerat bilden zusammen die Vereinigte Bundesversammlung…

Mehr Nationalrat

Klagen befürchtet

Humbel verweist noch auf einen anderen Aspekt im Zusammenhang mit der Forderung nach einem nationalen Rauchverbot: Die zahlreichen Klagen, die in den USA von Krebspatienten eingereicht wurden. Das Risiko, für hohe Kompensationszahlungen aufkommen zu müssen, mahnt auch in der Schweiz zur Vorsicht.

Wird das Passivraucherschutzgesetz angenommen, darf am Arbeitsplatz sowie in öffentlich zugänglichen Räumen wie Spitälern, Museen, Theatern, Restaurants und Bars nicht mehr geraucht werden. Erlaubt wäre der Griff zum Glimmstengel nur noch in räumlich abgetrennten und speziell belüfteten Fumoirs.

Bei einer Annahme träte das Gesetz frühestens ab 2009 in Kraft.

Nichtraucher pochen auf ihr Recht

Laut dem Eidgenössischen Bundesamt für Gesundheit (BAG) treten die Nichtraucherinnen und Nichtraucher heute eher für ihr Recht auf unverqualmte Luft ein. Dies sei insbesondere auf die Präventionsmassnahmen der letzten sechs Jahre zurückzuführen.

Das BAG erhofft sich mit dem neuen Rauchverbot einen Rückgang der Anzahl Krankheitsfällle von Passivrauchern, eine Verbesserung des Gesundheitszustands der Gastronomie-Angestellten sowie eine weitere Abnahme der Anzahl Raucher in der Schweiz.

swissinfo, Urs Geiser
(Übertragung aus dem Englischen: Corinne Buchser)

Nach einer Abstimmung im April 2006 hat das italienischsprachige Tessin als erster Kanton in der Schweiz ein Rauchverbot in öffentlichen Räumen eingeführt.

Andere Schweizer Kantone folgten bereits oder sind daran, Vorschläge für ein Rauchverbot auszuarbeiten.

Seit Dezember 2005 ist es in der ganzen Schweiz verboten, in öffentlichen Transportmitteln zu rauchen.

Gemäss einer Studie, sterben in der Schweiz jährlich rund 400 Personen wegen Passivrauchens.
Das Passivrauchen kostet die Schweizer Wirtschaft jährlich rund 500 Mio. Fr.
Gemäss Zahlen von 2007 rauchen 29% der Schweizerinnen und Schweizer.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Universität Zürich zeigt, dass die Mehrheit der 14- bis 65-Jährigen Schweizerinnen und Schweizer ein nationales Rauchverbot in Bars und Restaurants befürworten.

Irland hat 2004 als erstes Land in der Europäischen Union (EU) ein Rauchverbot am Arbeitsplatz sowie in Restaurants und Pubs eingeführt.

In zahlreichen anderen EU-Ländern wie Frankreich, Italien und Grossbritannien wurden darauf ähnliche Verbote erlassen. In diesen Ländern ist zum Teil das Rauchen in speziell belüfteten Räumen, so genannten Fumoirs, erlaubt.

In den verschiedenen Bundesländern Deutschlands wird gemäss EU-Empfehlungen voraussichtlich Mitte nächstes Jahr ein Rauchverbot in Restaurants eingeführt.

Gemäss US-Gesetz können die einzelnen Staaten und lokalen Behörden eigens über Rauchverbote verfügen. In mehr als der Hälfte der US-Staaten gilt ein strenges Rauchverbot in Restaurants und/oder Bars.

Kanada führte 1986 ein nationales Gesetz zum Schutz von Nichtrauchern am Arbeitsplatz ein, das Fumoirs vorsieht.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft