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Parteien: vier Grosse und viele Kleine

Keystone

Die schweizerische Parteienlandschaft zeichnet sich durch eine grosse Stabilität aus. Vier Parteien dominieren die nationale Politik.

Rund sieben Prozent aller Schweizer Bürgerinnen und Bürger sind Mitglied einer Partei. Das sind mehr als in Deutschland, aber deutlich weniger als in Österreich, wo jeder fünfte Bürger Parteimitglied ist.

Die ersten Parteien in der Schweiz gingen gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus lockeren Interessenverbänden hervor. Aus der im jungen Bundesstaat dominierenden politischen Strömung, der liberalen, radikalen und demokratischen Bewegung, entstand 1894 die Freisinnig-Demokratische Partei FDP.

Bereits sechs Jahre zuvor schlossen sich kantonale Arbeiterparteien zur Sozialdemokratischen Partei zusammen. Die Bewegung startete allerdings viel früher und geht auf die Schweizerische Grütli-Gesellschaft zurück, die in Genf 1843 als “Demokratische und Patriotische Gesellschaft zur Arbeiter-Bildung” gegründet worden war.

Die Katholisch-Konservativen, die Geschlagenen des Sonderbundskriegs und damit historische Gegenspieler der FDP, formierten sich um die Jahrhundertwende zu einer Partei. Nach etlichen Namenswechseln entstand daraus die Christlichdemokratische Volkspartei CVP.

1936 wurde mit der Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei die vierte der grossen gesamtschweizerischen Parteien gegründet. Aus ihr ging schliesslich die Schweizerische Volkspartei SVP hervor.

Protestparteien

Eine Vielzahl kleiner Parteien entstand im 20. Jahrhundert aus Protestbewegungen heraus. Auf regionaler und lokaler Ebene konnten sich manche dieser Kleinparteien verankern. In der Bundespolitik spielten sie zumeist über kurz oder lang keine Rolle mehr. Sowohl die Formationen linksaussen, als auch jene am rechten Rand des politischen Spektrums, verschwanden.

Neben der vor allem in der Westschweiz verankerten Liberalen Partei konnten sich einzig die Grünen halten und avancierten zur stärksten Nicht-Regierungspartei auf Bundesebene. Sie sind in zahlreichen kommunalen und kantonalen Exekutiven vertreten. Von 1936 bis 1999 war der inzwischen aufgelöste sozial-liberale Landesring der Unabhängigen stärkste Nicht-Regierungspartei.

Die Basis entscheidet

Die schweizerischen Parteien sind dezentral strukturiert und pflegen einen starken organisationsinternen Föderalismus. Das zeigt sich etwa daran, dass wichtige Entscheide nicht vom nationalen Parteivorstand getroffen werden, sondern von den Delegierten der kommunalen und kantonalen Sektionen.

Da die grossen Parteien aus Zusammenschlüssen kantonaler Organisationen entstanden sind, geniessen die Sektionen weiterhin einen hohen Grad an Autonomie. Das äussert sich darin, dass innerhalb einer Partei oftmals unterschiedliche Positionen zu ein und derselben Sachfragen öffentlich vertreten werden.

Auch was den Stil des Politisierens betrifft, herrschen bisweilen unterschiedliche Vorstellungen. Am deutlichsten zu beobachten war dies am Beispiel der SVP. In der öffentlichen Wahrnehmung präsentierte sich die Rechtspartei in einen Berner und einen Zürcher Flügel gespalten: Hier die staatstragende bäuerlich-gewerbliche Traditionspartei, dort die konservative, wirtschaftsliberale Oppositionskraft.

Grosse Stabilität

Zwischen 1919, als der Nationalrat erstmals nach dem Proporzverfahren gewählt wurde, und Ende der 1960er-Jahre herrschte auf Bundesebene eine grosse Stabilität was die Parteienstärke betraf. Die vier grossen Parteien erzielten bei den Wahlen stets ähnliche Ergebnisse. Diese Stabilität wurde mit dem Aufkommen neuer Parteien ab 1967 aufgebrochen.

Die SP erlitt damals Verluste auf Kosten von Linksparteien, die aus den “neuen sozialen Bewegungen” entstanden sind. Ebenfalls 1967 erzielte der Landesring der Unabhängigen LdU mit über neuen Prozent Wähleranteil das beste Ergebnis seiner Geschichte und etablierte sich so als Alternative zwischen Linken und Bürgerlichen.

Aufstieg der Volkspartei

Zu einer weiteren Umschichtung in der Schweizer Parteienlandschaft kam es in den 1990er Jahren. Die SVP gebärdete sich trotz ihrer Mitarbeit im Bundesrat verstärkt als Oppositionspartei. Das brachte ihr grossen Wählerzulauf.

Mit einem Stimmenanteil von fast 27 Prozent wurde die SVP 2003 zur wählerstärksten Partei der Schweiz. 2007 konnte sie den Anteil gar noch auf 29% ausbauen.

Lange Zeit war die SVP die kleinste der grossen vier Parteien. Als eine Folge des Rekordergebnisses machte die SVP ihren Anspruch auf einen zweiten Sitz im Bundesrat geltend.

Das Parlament erachtete diese Forderung als gerechtfertigt und wählte 2003 mit Christoph Blocher das Aushängeschild des SVP-Erfolgs in die Regierung. Einen Sitz abtreten musste die CVP, die bei den Wahlen deutlich eingebrochen war.

Die älteste ist die grösste

Mit rund 120’000 Mitgliedern ist die FDP die grösste Partei der Schweiz, gefolgt von der CVP mit rund 100’000 Mitgliedern. SVP und SP folgen mit 85’000, respektive 34’000 (alle Zahlen von 2007).

Die Mitgliederzahl sagt indes wenig über die Stärke der Parteien in Parlamenten und Regierungen aus.

Die historischen Wurzeln der vier grossen Schweizer Parteien liegen im 19. Jahrhundert.

Die schweizerischen Parteien zeichnen sich durch einen grossen organisationsinternen Föderalismus aus.

Auf Bundesebene dominieren die vier Parteien FDP, SVP, SP und CVP.

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