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Paul-Grüninger-Stiftung sucht Flüchtlings-Retter

Geschichten von Menschen, die während des zweiten Weltkrieges Flüchtlingen geholfen haben, sollen dokumentiert werden. Keystone

Die Paul-Grüninger-Stiftung sucht Männer und Frauen, die sich während der Nazizeit gegen die national-sozialistische Bedrohung eingesetzt haben. Ziel ist, eine Art Datenbank zu schaffen mit Informationen über den damaligen Widerstand.

“Einerseits suchen wir Leute, die Flüchtlingen geholfen haben”, sagt Stefan Keller, Vizepräsident der Stiftung mit Sitz in St. Gallen. Es würden aber auch Leute gesucht, die in anderer Art und Weise gegen Nationalsozialismus und Faschismus aktiv gewesen sind, “Personen, die sich durch die inhumanen Verhältnisse nicht irre machen liessen und sich in einem entscheidenden Moment nicht an Vorschriften hielten”.

Diese Personen sollten in einem Zusammenhang mit der Schweiz stehen: Es können zum Beispiel Schweizer sein, die in der französischen Resistance gekämpft haben, “da gab’s viele”, meint Keller. Oder es können auch Fluchthelfer sein, die von Ausland her jemandem geholfen haben, in die Schweiz zu kommen.

Datenbank erstellen

Ziel des Projektes der Paul-Grüninger-Stiftung ist es, Leistungen und Schicksale bisher namenloser Helfer und Retter zu dokumentieren. “Es soll eine zentrale Stelle entstehen, wo man Bescheid weiss darüber, was an Widerstand ‘von unten’ in der Schweiz gelaufen ist”, sagt Keller. Zur Schaffung einer solchen Datenbank hat die Institution eine Sonderspende von 30’000 Franken erhalten.

Aufruf lanciert

Die Stiftung hat in einer ersten Runde Historiker und andere Fachpersonen angefragt, ob sie auf Leute gestossen seien, deren Geschichte man noch dokumentieren müsste.

Aus diesen Historiker-Kreisen hat die Stiftung laut Keller bereits “einige Rückmeldungen” bekommen und dadurch einen Überblick erhalten, welche Untersuchungen gegenwärtig im Gang sind: In der Romandie werde viel über Fluchthilfe geforscht, und im Tessin gebe es Menschen, die den italienischen Widerstand unterstützt hätten.

Besser spät als nie

Wieviele der gesuchten Menschen es noch gibt, steht allerdings in den Sternen. “Es ist in jedem Fall viel zu spät, so etwas zu machen”, sagt Keller. Trotzdem oder gerade deshalb will die Stiftung etwas tun: “Wenn’s solche Leute noch gibt, möchten wir die Gelegenheit nicht verpassen, mit ihnen zu sprechen.”

Am Beispiel Paul Grüningers

Paul Grüninger selbst rettete in den Jahren 1938 und 1939 Hunderte von Flüchtlingen vor der nationalsozialistischen Verfolgung, indem er sie trotz Grenzsperre in St. Gallen aufnahm.

Paul Grüninger missachtete Weisungen des Bundes; er wurde als Polizeikommandant entlassen und bestraft. 1995 wurde Grüninger voll rehabilitiert. Die vom Kanton St. Gallen geleistete Wiedergutmachung floss in die Paul-Grüninger-Stiftung.

Die Stiftung verleiht im Abstand von drei Jahren einen Preis für besondere Menschlichkeit und Mut. Dieses Jahr zeichnete die Stiftung erstmals jemanden aus: die afghanische Ärztin Sima Samar.

Kathrin Boss Brawand

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