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Personenfreizügigkeit ohne Lohndumping

Nach der kleinen Kammer stimmt nun auch der Nationalrat für die Personen-Freizügigkeit. swissinfo C Helmle

Bei einem Referendum über die Ausweitung des freien Personenverkehrs auf die neuen EU-Mitglieder wird auch über den Schutz vor Lohndumping entschieden.

Der Nationalrat hat am Montag die miteinander verknüpften Vorlagen genehmigt. Der Ständerat hat der Verknüpfung am Dienstag ebenfalls zugestimmt.

In der Gesamtabstimmung hiess der Nationalrat das Protokoll zum Freizügigkeits-Abkommen und die von ihm in den Beschluss eingebauten flankierenden Massnahmen mit 129 zu 34 Stimmen gut.

Die Verknüpfung ist die wichtigste Differenz zum Ständerat. Die Schweizer Demokraten (SD) haben bereits vorher das Referendum angekündigt.

Bei den flankierenden Massnahmen gegen drohendes Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen folgte der Nationalrat weitgehend dem Ständerat und den Sozialpartnern.

Mit 127 zu 47 Stimmen lehnte er den Antrag der SVP ab, auf die Anstellung von 150 Inspektoren zu verzichten, die den Arbeitsmarkt kontrollieren sollen.

Gegen “Staatsinspektoren”

Der Zürcher SVP-Vertreter Hans Kaufmann wandte sich gegen die Anstellung der zur Hälfte vom Bund bezahlten 20 Mio. Franken teuren “Staatsinspektoren”.

Deren Aufgaben hätten die Kommissionen zu übernehmen, welche die Minimallöhne überwachen. Bundespräsident Joseph Deiss warnte davor, das Kernstück der Schutzmassnahmen herauszubrechen.

Gegen “Lohndrücker”

FDP, CVP und Grüne stellten sich mit der SP gegen den “Lohndrückerantrag” der SVP. Die Kontrolle der Löhne und der Arbeitsbedingungen schüfen für alle Unternehmer gleich lange Spiesse und schützten gerade jene Betriebe, die sich an die Vorschriften hielten, sagten die St. Galler SP-Vertreterin Hildegard Fässler.

Mit 75 zu 57 Stimmen folgte die grosse Kammer Bundesrat und Ständerat und beschränkte die Meldepflichten für die Arbeitgeber auf die Identität, die Tätigkeit und den Arbeitsort der in die Schweiz entsandten Arbeitnehmer.

Die Nationalratskommission wollte auch die Löhne und die Arbeitszeiten erfassen.

Wichtige Gesamtarbeitsverträge

Schon früher hatte der Nationalrat beschlossen, dass Gesamtarbeitsverträge (GAV) einfacher allgemein verbindlich erklärt werden.

Heute müssen je 30% der Arbeitgeber und Arbeitnehmer im GAV organisiert sein. Gestrichen wurde das Quorum der Arbeitgeber, jenes der Arbeitnehmer wurde auf 50% erhöht.

Ein Quorum ist die Anzahl Parteien, die als Teil eines Gremiums bei einer Abstimmung mindestens anwesend sein oder abstimmen müssen, damit die Abstimmung gültig ist.

swissinfo und Agenturen

Der Nationalrat hat mit 129 gegen 34 Simmen die erweiterte Personen-Freizügigkeit und die damit verbundenen flankierenden Massnahmen gegen Lohndumping angenommen.
Die Ausdehnung der Personen-Freizügkeit auf die 10 neuen EU-Mitglieder wurde vor gut zwei Wochen vom Ständerat mit 30 zu 0 Stimmen gutgeheissen.
Die flankierenden Massnahmen wurden mit 31 Ja ohne Gegenstimme angenommen.
Am Dienstag hat sich der Ständerat mit 27 zu 7 Stimmen dem Nationalrat angeschlossen, ein “Paket” zu schnüren.

Der Vertrag über die Personen-Freizügigkeit zwischen der Schweiz und den 15 “alten” EU-Mitgliedern war Teil des ersten Pakets der Bilateralen Abkommen von 1999, die seit dem Jahr 2001 in Kraft sind.

Der Vertrag sieht eine graduelle Öffnung der Grenzen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der beteiligten Länder vor.

Das Zusatzprotokoll, unterschrieben am 26. Oktober 2004, erlaubt die Ausweitung des Vertrages auf die 10 neuen EU-Mitglieder.

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