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Der Wahlsonntag steht im Zeichen der Grünen

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Grün ist für viele Schweizer Wählerinnen und Wähler höchstwahrscheinlich die bevorzugte Farbe. Mit der Präsidentin der Grünen, Regula Rytz, als Hauptsiegerin. © Keystone / Urs Flueeler

Das Schweizer Stimmvolk wählt am Sonntag ein neues Parlament für die nächsten vier Jahre. Erwartet wird ein leichter Linksrutsch, insbesondere weil die Grünen zulegen werden.

Auf dem Spiel stehen die 200 Sitze im Nationalrat (grosse Kammer) und die meisten Sitze im 46-köpfigen Ständerat (kleine Kammer). Zur Wahl stehen mehr als 4600 Kandidierende – ein Rekord. Rekordhoch ist mit 1900 auch der Anteil Frauen unter ihnen.

Unter den Kandidierenden finden sich auch 73 Auslandschweizer und -schweizerinnen, die gerne ins Parlament einziehen möchten.

Die Umfragen sagen einstimmig Gewinne für die linke Grüne Partei und für die kleinere, eher in der Mitte angesiedelte Grünliberale Partei (GLP) voraus. Die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) wird gemäss Prognosen einige Prozentpunkte einbüssen, bleibt aber die stärkste Partei. 2015 erlangte sie mit 29,4% die Spitze.

In der jüngsten Meinungsumfrage lagen die Grünen und die zentristische Christdemokratische Partei (CVP) in Bezug auf den Wähleranteil (10%-11%) praktisch gleichauf. Mit rund 18% und gut 15% Wähleranteil kämpften die linke Sozialdemokratische Partei (SP) und die Freisinnigen (mitte-rechts/ FDP. Die Liberalen) um den zweiten Platz hinter der SVP.

Insgesamt wird sich das Machtgleichgewicht allerdings kaum wesentlich verändern. Das Schweizer Parlament wird traditionell von vier Hauptparteien aus dem gesamten politischen Spektrum dominiert. Im Rahmen einer langjährigen Vereinbarung teilen sich diese Parteien auch die sieben Sitze in der Regierung.

Am 11. Dezember wird das neue Parlament dann die Regierungsmitglieder für einen Zeitraum von vier Jahren wählen – und in aller Regel bestätigen.

Langweiliger Wahlkampf

Der Wahlkampf verlief selbst für Schweizer Verhältnisse vergleichsweise zurückhaltend. Das lag teilweise daran, dass es der SVP nicht gelang, die Emotions-Karte zu spielen und die öffentliche Debatte mit ihrer anti-europäischen und immigrationskritischen Agenda zu monopolisieren.

Stattdessen war es die globale Herausforderung des Klimawandels, die das ganze Jahr über den Ton der Kampagne bestimmte. Die zahlreichen Demonstrationen im ganzen Land führten zweifellos zu einer Politisierung der jüngeren Generation in den Städten.

Eine weitere grosse Demonstration, der so genannte Frauenstreik im Juni, könnte ebenfalls zum Ausgang der Wahlen beitragen und die Zahl der in beide Parlamentskammern gewählten Frauen erhöhen. Kritiker sehen in den Wahlen eine gute Gelegenheit, die Situation der Frauen zu verbessern, die in der Schweizer Politik immer noch unterrepräsentiert sind. Im Moment besetzen Frauen 33% der Sitze im Nationalrat und 13% der Sitze im Ständerat.

Zusammengenommen könnten die Popularität von Umweltfragen und die Bemühungen um die Mobilisierung weiblicher Wählerinnen zu der höchsten Wahlbeteiligung seit 40 Jahren führen. Nötig wäre eine Beteiligung von mehr als 50% der stimmberechtigten Bürger und Bürgerinnen.

Mit Blick auf den Wahlkampf stellten Beobachter auch fest, dass die Parteien vermehrt auf digitale Kampagnen setzen. Dennoch blieben Plakate, Telefonwerbung und der direkte Kontakt mit der Bevölkerung wichtige Instrumente, um auf Stimmenfang zu gehen.

Stichwahlen wahrscheinlich

Die endgültigen Ergebnisse der Parlamentswahlen werden am späten Sonntagabend erwartet.

Mit Blick auf den Ständerat sind in mehreren der 26 Kantone Stichwahlen wahrscheinlich, weil die Kandidaten möglicherweise keine absolute Mehrheit – mehr als 50% der Stimmen – gewinnen. Wo nötig, wird eine zweite Wahlrunde im November stattfinden.

Die CVP und die FDP verfügen traditionell über eine klare Mehrheit in der kleinen Kammer. Der Ständerat und der Nationalrat haben die gleichen Befugnisse.

Wichtige Fakten

Rund 5,3 Millionen Schweizer Bürgerinnen und Bürger sind zur Teilnahme an den Parlamentswahlen vom 20. Oktober berechtigt.

Im Gegensatz zu vor vier Jahren ist eine elektronische Stimmabgabe nicht möglich, da die Regierung die laufenden Tests aus Sicherheitsgründen ausgesetzt hat.

Registrierte Auslandschweizer und -schweizerinnen können auch an den Nationalratswahlen teilnehmen. In einigen Kantonen ist zudem auch die Teilnahme an den Ständeratswahlen möglich.

Von den insgesamt 246 Parlamentssitzen sind bereits drei Sitze im Ständerat vergeben.

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(Übertragung aus dem Englischen: Kathrin Ammann)

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