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Schweiz-Indonesien: Annäherung erwünscht

Spezialschild - Extra für Doris Leuthard. swissinfo.ch

Die Schweiz und Indonesien beginnen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen. Das Potenzial des asiatischen Landes sei riesig, betonte Bundespräsidentin Doris Leuthard anlässlich ihres Staatsbesuchs.

“Bis jetzt gehört Indonesien nicht zu den privilegierten Geschäftsreisezielen von Schweizer Unternehmen. Aber das Potenzial ist enorm, wenn man bedenkt dass dieses Land (230 Millionen Einwohner) auf dieser Welt der drittgrösste Markt ist. Die Schweizer Regierung hat es auf die Liste der prioritären Länder gesetzt”, sagte Doris Leuthard am 7. Juli beim Treffen mit dem indonesischen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono.

Es wurde eine Übereinkunft erzielt, dass Verhandlungen zwischen den beiden Ländern aufgenommen werden, mit dem Ziel ein Freihandelsabkommen zu schliessen.

Der Vertrag soll insbesondere den Handel mit Waren und Dienstleistungen regeln, aber auch Investitionen, den Schutz des geistigen Eigentums, das öffentliche Beschaffungswesen und die wirtschaftliche Zusammenarbeit abdecken.

“In Indonesien zeichnen sich beträchtliche Investitionen in Infrastruktur und den Energiesektor ab. Die Schweiz hat darin beträchtliche Kompetenzen. Ein Freihandelsabkommen ermöglicht somit Schweizer Investoren, unter besseren Bedingungen zu arbeiten”, sagte die Bundespräsidentin, die zugleich auch Wirtschaftsministerin ist.

Ergänzende Volkswirtschaften

Leuthard hat verdeutlicht, wie sich “die Schweizer und die indonesische Wirtschaft ergänzen” sollen. So soll Indonesien zum Beispiel mit Schweizer Maschinen Textilien produzieren, die in die Schweiz eingeführt werden.

Sri Prakash Sekhani von Executive Indorama, einer weltweit führenden Firma, die petrochemische Produkte herstellt und Schweizer Technologie verwendet, ist der Ansicht, eine grössere Schweizer Präsenz auf dem indonesischen Markt werde nicht als Bedrohung empfunden.

“Die Schweiz ist für die Qualität ihrer Produkte bekannt. Wenn Sie einen Toyota suchen, kaufen Sie einen Toyota, wer einen Rolls Royce sucht, kauft einen Rolls Royce …”, sagt er.

Auch Gerold Bührer, Präsident von economiesuisse, dem Dachverband der Schweizer Unternehmen, sieht das so. “Die Schweizer Direktinvestitionen in Indonesien belaufen sich auf rund 6 Mrd. Franken. Dies generiert rund 43’000 Arbeitsplätze. Das ist nicht wenig, aber wir sind weit entfernt von der viel massiveren Präsenz in anderen asiatischen Ländern. Deshalb ist ein Freihandelsabkommen wichtig. Die Schweiz hat solche Abkommen bereits mit 23 Ländern abgeschlossen. Diese haben den Handel erheblich wachsen lassen.”

Arbeitnehmerschutz, Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit

Ein paar Aspekte des wirtschaftlichen und sozialen Gefüges von Indonesien haben im Hinblick auf ausländische Investitionen Verbesserungsbedarf, wurde während dem Staatsbesuch betont. Ganz oben steht der Kampf gegen Korruption und die Schaffung von Standards bei den Arbeitsbedingungen.

Vor diesem Hintergrund wurde das Projekt “Sustaining Competitive and Responsible Enterprises” (SCORE) lanciert, in Zusammenarbeit mit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), dem Ministerium für Arbeit und verschiedenen Berufsverbänden und Gewerkschaften Indonesiens. Die vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) unterstützte Initiative soll die Achtung der Rechte der Arbeitnehmer in kleinen und mittleren indonesischen Unternehmen fördern.

Die wichtigsten Punkte im Bereich der Vereinigungsfreiheit sind das Recht auf Kollektivverhandlungen, die Beseitigung von Zwangsarbeit, die Abschaffung der Kinderarbeit, ein Diskriminierungsverbot sowie sozialer Schutz und Arbeitssicherheit.

“Die in Entwicklungsländern tätigen Unternehmen können konkurrenzfähig sein, wenn sie die Rechte der Arbeitnehmer wahren. Denn ein stärkerer Arbeitnehmerschutz macht es möglich, Prozesse zu rationalisieren und die Produktion zu verbessern”, sagte Beatrice Maser Mallorie, Leiterin des Bereichs wirtschaftliche Zusammenarbeit im Seco.

Weiter müsse der Schutz der Arbeitnehmerrechte auf dem internationalen Markt als Vorteil betrachtet werden, da die Verbraucher diesem Aspekt zunehmend Beachtung schenkten.

Konkret stellt sich Maser Mallorie vor, Inspektoren der internationalen Arbeitsorganisation in Betriebe zu schicken. Dabei sollen die Arbeitsbedingungen analysiert und Workshops oder Kurse organisieren werden, z. B. in Bezug auf die Brandschutzbestimmungen.

Die Religionen einbeziehen

Während Leuthards Indonesien-Reise fand auch ein Treffen zwischen der Bundespräsidentin und gemässigten Vertretern des Islam statt. Indonesien ist als grösstes muslimische Land der Welt in den letzten Jahren zum Beispiel geworden für das friedliche Zusammenleben verschiedener Religionen.

Nach den Bombenanschlägen auf Bali im Jahr 2002 ist die Regierung an mehreren Fronten tätig geworden: So wurden Programme zur Armutsbekämpfung und zur Bildung gestartet, die den potentiellen Einfluss von extremistischen muslimischen Gruppen vermindern sollen. Die Bundespräsidentin zeigte sich nach den Gesprächen befriedigt darüber, dass in Indonesien die Verfassung gegenüber der Scharia Vorrang hat, anders als in anderen muslimischen Ländern.

Die islamischen religiösen Führer, für die die Schweizer Debatten über Minarette und Burkas nicht zu den prioritärsten Themen zu gehören scheinen, haben Doris Leuthard vorgeschlagen, die verschiedenen religiösen Gemeinschaften in die Debatten zur Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses einzubeziehen. Dies fördere den Austausch und verringere das Misstrauen.

Andrea Clementi, Jakarta, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Italienischen: Etienne Strebel)

Die Schweiz und Indonesien haben eine Absichtserklärung abgegeben, um die Zusammenarbeit im Tourismus zu stärken. Der wesentliche Punkt dieser Zusammenarbeit ist ein Projekt (5 Millionen verteilt auf 4 Jahre) zur Förderung eines nachhaltigen Tourismus auf der Insel Flores, in der Nähe von Bali.

Dieses Projekt strebt eine nachhaltige Entwicklung nur für Bali an. Es will auch andere touristische Destinationen in Indonesien fördern. Es wird vom Seco unterstützt und von der Schweizer Stiftung Swisscontact durchgeführt.

Bei Leuthards Treffen wurde auch eine Vereinbarung unterzeichnet zur gegenseitigen Visapraxis für Inhaber eines Diplomatenpasses.

Weiter hat die Schweizer Delegation die Einrichtung einer direkten Flugverbindung zwischen Zürich und Jakarta eingesetzt.

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