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Alle drei Vorlagen fallen durch

swissinfo.ch

Sowohl Managed Care, die Initiative "Staatsverträge vors Volk" wie auch ein zweiter Anlauf zum Bausparen werden vom Schweizer Stimmvolk deutlich abgelehnt. In keinem Kanton schaffte es auch nur eine der Vorlagen, eine Mehrheit für sich zu gewinnen.

Gemäss Angaben der Bundeskanzlei fällt Managed Care mit einem Anteil von 76% Nein-Stimmen an der Urne durch, die Staatsvertrags-Initiative mit 75,2%, die Bauspar-Initiative mit 68,9%.

Weil in keinem der 26 Schweizer Kantone auch nur ein einziges der drei Themen auf ein positives Resultat gekommen ist, war bald schon klar, dass die beiden Volksinitiativen auch am so genannten Ständemehr gescheitert sind.

Bereits in den Umfragen im Vorfeld der Abstimmung vom 17. Juni hatte sich das dreifache Nein abgezeichnet, wenn auch nicht so drastisch, wie es nun vom Stimmvolk an der Urne ausgedrückt wurde.

Die Stimmbeteiligung lag laut Angaben der Bundeskanzlei bei rund 38%.

Keine Chance für Managed Care

Bei der Behördenvorlage Managed Care wäre es darum gegangen, dass sich Ärzte zu Netzwerken zusammenschliessen, um die Patienten besser betreuen zu können. Parlament und Bundesrat hatten sich mit der Revision des Krankenversicherungs-Gesetzes Einsparungen bei den Gesundheitskosten erhofft.

“Das Resultat zeigt einmal mehr, welche Schwierigkeiten Reformen im Gesundheitsbereich haben”, sagte Gesundheitsminister Alain Berset. “Wir haben die Chance verpasst, die Explosion der Gesundheitskosten zu bremsen.”

Erfreut äusserte sich der Ärzteverband FMH. Schweizerinnen und Schweizer hätten sich für die freie Arztwahl ausgesprochen, sagte FMH-Präsident Jacques de Haller. Nun sollten die Kantone mit einer Beteiligung an ambulanten Behandlungen dabei helfen, die Kosten einzudämmen.

Die Befürworter der Vorlage zeigten sich enttäuscht. “Die Reformbereitschaft in der Bevölkerung ist offenbar sehr gering”, sagte Ständerat Felix Gutzwiller von der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP.Die Liberalen) gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Nun seien neue Ideen gefragt.

Auch Santésuisse, der Verband der Schweizer Krankenversicherer, bedauert die Ablehnung der Vorlage. Die Schweiz habe die Chance für eine wichtige Reform verpasst. Das klare Resultat zeige, dass es schwierig sei, Änderungen im Gesundheitswesen durchzubringen.

Staatsvertrags-Initiative überzeugte nicht

Die Initiative “Staatsverträge vors Volk” verlangte, dass alle völkerrechtlichen Verträge dem Volk zur Abstimmung unterbreitet werden müssen. Sie war von der europakritischen “Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz” (Auns) lanciert worden.

“Wir dürfen feststellen, dass das Vertrauen in das bestehende System der direkten Demokratie gross ist”, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Das Stimmvolk wolle sich nicht zwingend zu allen, sondern nur zu den wichtigsten internationalen Verträgen an der Urne äussern müssen. “Quantität ist nicht immer mit Qualität gleichzusetzen”, betonte sie.

Pirmin Schwander, Nationalrat der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und Auns-Präsident, ist enttäuscht vom Resultat: “Es ist uns nicht gelungen, unsere eigenen Leute vom Anliegen zu überzeugen”, sagte er gegenüber Schweizer Radio DRS. Die Auns habe mit ihrer Initiative keine Emotionen wecken können. Deshalb seien nicht so viele zur Urne gegangen.

Erfreut reagierte der Wirtschafts-Dachverband Economiesuisse auf das deutliche Nein zur Staatsvertrags-Initiative. “Die Initiative ging viel zu weit; das aktuelle System funktioniert sehr gut”, sagte Economiesuisse-Direktor Pascal Gentinetta.

Zweite Abfuhr für Bausparen

Die Bauspar-Initiative hatte landesweit steuerliche Abzüge für Bauspar-Einlagen gefordert, wie das gegenwärtig im Kanton Basel-Landschaft praktiziert wird. Bereits am 11. März war eine ähnliche Vorlage vom Stimmvolk mit 55,8% abgelehnt worden.

Nun wird der Kanton Basel-Landschaft sein Modell wohl einmotten müssen: Der Kanton praktiziert das Bausparen seit 1991, doch die Regelung ist seit 2005 bundesrechtswidrig. Die Kantonsregierung wollte aber unbedingt diesen letzten klärenden Urnengang abwarten. 2010 hatten im Kanton 2533 Personen Abzüge für Bausparen geltend gemacht.

Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf betonte, das Resultat zeige, dass in der Schweiz keine besonderen steuerlichen Massnahmen nötig seien, um den Zugang zu Wohneigentum zu fördern. Erstaunt hat Widmer-Schlumpf, dass selbst das Baselbiet die Volksinitiative abgelehnt hat.

Mit der deutlichen Abfuhr sei das Bausparen in der Schweiz vom Tisch, sagte Ansgar Gmür, Direktor des Hauseigentümerverbandes (HEV), aus dessen Reihen die Initiative lanciert worden war. “Unsere Initiative war ein Geschenk an die Mieter, aber sie haben es abgelehnt.”

Erneut haben bei der eidgenössischen Volksabstimmung vom 17. Juni 2012 zwölf Kantone Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe durchgeführt.

Diese haben laut der Bundeskanzlei die Anforderungen des Bundes erfüllt und sind erfolgreich verlaufen.

17‘788 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer hätten ihre Stimme elektronisch eingelegt, hiess es.

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