Presseschau vom 01.05.2003
Das Sparprogramm der Regierung sowie deren Stellungnahme zur Fluggesellschaft Swiss sind die dominierenden Themen am Tag der Arbeit.
Der Swiss wird nach dem Entscheid des Bundesrats die Existenzfrage gestellt.
Der Bundesrat hat am Mittwoch klar gemacht, dass er der neuen Fluggesellschaft nicht ein zweites Mal unter die Flügel greifen wird. Die Kommentatoren der Zeitungen fassen den einjährigen neuen Vogel am Himmel auch nicht mit Samthandschuhen an.
"Vogel flieg oder stirb", titelt der BUND, und schreibt:
"Auch unter dem Titel 'Rahmenbedingungen' wird die Eidgenossenschaft der nationalen Airline hoffentlich keine weitere Hilfe zugestehen."
Eine gute Fluggesellschaft müsse für Krisenfälle wie Krankheiten und Krieg gewappnet sein, moniert der BUND. Und sie hätte auch auf die Erwartungen der Politik nicht hineinfallen dürfen, schreibt die Zeitung:
"Schuld an der unrealistisch stolzen Startflotte der Swiss war auch die Politik. Viele Politiker hatten der Rettung der nationalen Airline in erster Linie zugestimmt, weil sie den schlagartigen Verlust von bis zu 30'000 Arbeitsplätzen nicht akzeptieren wollten. Politiker dürfen so denken".
Der BUND scheut sich auch nicht, von einem möglichen Absturz der Swiss zu sprechen und erläutert: "Falls die Swiss abstürzen muss, wird dies anders sein als bei der Swissair. (...) Das wäre dann das kontrollierte, berechenbare Grounding."
Die BERNER ZEITUNG sieht es pragmatischer. "Chefs auswechseln" fordert sie und schreibt:
"Immerhin haben Bund und Kantone 2,7 Milliarden in die Swiss investiert, was verpflichtet, alles daran zu setzen, dass diese Bürgerfranken nicht verloren sind. Und das heisst: Der Bund muss Druck machen, dass Management und Verwaltung der Swiss ausgewechselt werden. Diese Gremien sind ihrer Aufgabe nicht gewachsen."
Am nächsten Dienstag finde die Generalversammlung der Swiss statt, so die BZ weiter. "Dann wird man sehen, ob der Bund und die übrigen Aktionäre den Mut haben, den dringenden Tournaround der Swiss anzustossen - zu allererst in der Chefetage."
Auch die Westschweizer Zeitung LE TEMPS stellt Fragen zur Zukunft der Swiss.
"Faut il sauver la Swiss?" titelt sie und erinnert zuerst daran, dass die Swiss von Anfang an nicht viel Glück gehabt habe, mit einer Konjunkturkrise, einem Krieg und einer heimtückischen Krankheit. Doch sei der Wille zur neuen Airline vor allem ein politischer gewesen, kein wirtschaftlicher. Die Schweiz brauche zwar effiziente internationale Verbindungen, die aber nicht unbedingt von einer "nationalen Airline" sicher gestellt werden müssten, so LE TEMPS. Es sei nun die Stunde gekommen, wo die Airline alles daran setzen müsse, rentabel zu werden.
"Il faut tenter de sauver Swiss, mais si elle ne fait pas la preuve de sa rentabilité, elle n'aura plus de raison d'être. - Man muss versuchen, die Swiss zu retten. Aber wenn sie nicht beweist, dass sie rentabel ist, hat sie keine Existenzberechtigung."
Sparen aber wie und wieviel?
Die NEUE LUZERNER ZEITUNG begrüsst das Sparprogramm der Regierung:
"Was Bundesrat Kaspar Villiger und seine sechs Kolleginnen und Kollegen vorlegen, hat es in sich. Bis 2006 sollen rund 3,5 Milliarden gespart und damit aus dem Haushalt der Eidgenossenschaft gestrichen werden. Das geht nur, indem Leistungen stark reduziert werden oder eben sogar darauf verzichtet werden."
Dies ist für die NLZ "ein logischer Kompromiss zwischen dem Spardruck und dem politisch Machbaren." Immerhin hätte Schlimmeres verhindert werden können. Weiter doppelt die NLZ nach, das Parlament und die Parteien müssten nun Farbe bekennen, denn die Lage der Bundesfinanzen sei ernst:
"Wer heute noch weitere Sparrunden in Milliardenhöhe verlangt, muss nämlich erst einmal klar sagen, wie er das machen will, ohne den Staat weiter ausbluten zu lassen. Wer ernsthaft fordert, man könne nochmals 7 Milliarden aus dem Budget kippen, muss dann nämlich Farbe bekennen und vor seine Klientel hinstehen, wenn Spitäler geschlossen, Eisenbahnlinien eingestellt werden müssten oder die Landesverteidigung nicht mehr gewährleistet werden könnte."
Die AARGAUER ZEITUNG ist dem neuen Sparvorhaben skeptischer eingestellt und hinterfragt Villigers Zurückziehen seiner Vorhaben betreffend einer nationalen Erbschaftssteuer. Das sei eine "erstaunliche Kehrwende", so die AZ. Und schreibt weiter:
"Sparen, Sparen, Sparen heisst jetzt die Devise. Ist das besser? Kaum. Ein Teil der Massnahmen trifft die Schwachen ganz besonders, andere werden sich negativ auf die Investitionstätigkeit auswirken."
Es sei nun an den bürgerlichen Parteien, die sich so lautstark gegen Mehreinnahmen gewehrt hätten, so die AZ, die Vorschläge nicht zu verwässern. Und:
"Die Bürgerlichen können nun zeigen, ob sie konsequent politisieren - auch und gerade im Wahljahr."
swissinfo, Anita Hugi

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