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Presseschau vom Mittwoch 21.08.2002

Soll das Aufziehen von Kindern ein Privileg für Wohlhabende werden? Neben dieser Frage befassen sich die Schweizer Zeitungen noch mit folgenden Themen:

Eine Regierung regiert am Volk vorbei. Die Macht eines Milchverarbeitungs-Konzerns. Machen Kleider Leute?

Immer mehr Familien leben in Armut. Deshalb fordern in der Familien- und Sozialpolitik tätige Organisationen eine Kinderzulage von mindestens 200 Franken. Der Berner BUND bezeichnet die Institution Familie als “Sorgenkind”.

“Wenns um konkrete Taten zugunsten der Familie geht, tut sich die Politik aber immer noch schwer”, bedauert der BUND. Und weiter:

“Für vieles fliesst das Geld reichlich: so etwa für eine nationale Fluggesellschaft, für die Landwirtschaft, für die Expo, für Sportanlagen und anderes mehr.”

Der BUND moniert weiter: “Kommt dazu, dass der Föderalismus einmal mehr Reformen bremst oder verhindert, so etwa beim Wechsel zu einem familienfreundlicheren Steuersystem.”

Regierung unter Beschuss

Die Regierung des Kantons Zürich regiere am Volk vorbei, schreibt der TAGES- ANZEIGER. Grund für diese Anschuldigung ist der Verkauf von pistentauglichem Land an den Zürcher Flughafen.

“Damit gibt der Kanton ein strategisches Pfand aus der Hand. Und er gibt das Land erst noch viel zu billig her – zum Preis einer Weide, obwohl es die renditeträchtige Nutzung als Piste ermöglicht”, findet der TAGI.

Und analysiert weiter: “Damit fügt die Regierung einen weiteren Stein in die Wand des Misstrauens ein, die sie zwischen ihr und der lärmgeplagten Bevölkerung aufgebaut hat.”

Das Vorgehen zeige “eine Regierung – mit drei Vertretern im Unique-Verwaltungsrat – in einem Spagat zwischen Volk und Wirtschaft”.

Pointiert endet der TAGI-Kommentar:

“Die Regierung wurde nämlich nicht als Unique-Verwaltungsrat gewählt, sondern als Vertretung des ganzen Volkes.”

Fauler Kompromiss?

Der Ausgang des Milchpreis-Streites zwischen Emmi und den Milchproduzenten ist für die NEUE LUZERNER ZEITUNG nicht ausgewogen:

“Der Kompromiss ist vor allem zu Gunsten von Emmi ausgefallen.”

Vier Rappen pro Liter Milch erhält der Bauer künftig weniger. Die flankierenden Massnahmen, mit denen der Verdienstausfall der Bauern abgefedert werden soll, seien keine Zugeständnisse der Emmi, sondern Forderungen an den Bund.

Ob aber der Bund für die Bauern die Milchkuh spielen wird, scheint fraglich. Der NLZ-Kommentator dazu:

“Unabhängig, ob der Bund auf die Forderungen eingeht oder nicht, die Milchproduzenten müssen sich mittel- bis langfristig in jedem Fall auf härtere Zeiten einstellen.”

Die NLZ zieht daraus folgenden Schluss:

“Der Trend hin zu weniger Betrieben und grösseren Einheiten wird sich in Zukunft noch verschärfen.”

Machen Kleider Leute?

Joe Ackermann, Chef der Deutschen Bank, hat für seine Angestellten strenge Kleidervorschriften erlassen. Börsenhändler sollen künftig wieder Anzug und Krawatte tragen. Im BLICK erfährt man:

“Jetzt ist fertig locker. Mit der Flaute kommt der Anzug zurück.”

Bei der UBS Warburg hingegen, nehme man Kleidervorschriften nicht so genau, weiss der Blick:

“Eine Krawatte macht einen Börsenhändler auch nicht erfolgreicher.”

Etienne Strebel

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