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Princeton ehrt Schweizer Naturforscher Arnold H. Guyot

Archäologische Arbeit von Arnold H. Guyot (Ausschnitt). Courtesy of the Princeton University Library

Der 1807 bei Neuenburg geborene Naturwissenschafter Guyot war 1848 in die USA ausgewandert. Seine Forschungsarbeit trug unter anderem zur Gründung des heutigen US-Wetteramtes bei.

Zum 200. Geburtstag von Arnold Henri Guyot ehrt die renommierte Princeton University dessen Wirken mit einer Ausstellung. Guyot hatte von 1854 bis zu seinem Tode 1884 in Princeton gelehrt.

Dass Princeton Guyot ehrt, freut den Historiker Philipp K. Wilson. Seine Mutter war eine Guyot – und Wilson schreibt zurzeit eine Biografie über seinen Vorfahren. “Er war in unserer Familie immer irgendwie präsent”, sagt Wilson gegenüber swissinfo. Er gehört damit zu einer Minderheit.

Denn Guyot ist ein eher etwas vergessener Forscher, der in den USA Karriere machte und viel zur Entwicklung und zum Aufbau des heutigen Departements für Geo-Wissenschaften in Princeton beitrug. In der Schweiz hatte Guyot sich mit der Erforschung von Gletschern – Stichwort Findlinge – befasst, bevor er 1848 in die USA emigrierte.

Zu Guyots Arbeitsgebiet gehörten Gletscherforschung, Meteorologie, physikalische Geografie, Kartografie, Geologie. Er interessierte sich zudem für Biologie und Archäologie und richtete in Princeton mit Tausenden von Proben auch ein Naturhistorisches Museum ein.

Forscher, Lehrer und Wissenschafter

Neben seinen Vorlesungen waren Guyot die Feldarbeit und das Sammeln von Daten immer sehr wichtig. Ein Ansatz, der für Erdwissenschaften bis heute von Bedeutung ist, wie Bess Ward, Vorsitzende des Departementes für Geo-Wisssenschaften in Princeton unterstrich.

Lange wurden Guyots Publikationen in Schulen für den Geographie-Unterricht genutzt. Zu seinem Nachlass gehören auch illustrierte Tafeln auf Leinwand – eine Frühform der heutigen Power-Point-Darstellungen, sozusagen.

Die Ausstellung beleuchtet drei Aspekte Guyots: Forscher, Lehrer und Wissenschafter. Zu sehen sind auch persönliche Gegenstände wie sein Mikroskop und sein Tintenfass aus der Schweiz.

Aufschlussreiche Reise in die Vergangenheit

“Guyots bedeutender Einfluss auf die Entwicklung von Wissenschaft und Lehre ist nicht einmal unter Erdwissenschaftern allen bekannt”, erklärt William Bonini, der Vorsitzende des Ausstellungs-Komitees in Princeton und emeritierter Professor für Geografie und Geologisches Engineering.

“Auch ich selber habe in den letzten Monaten, auf einer Art Reise in die Vergangenheit, viele aufschlussreiche neue Einsichten in Guyots Leben und Wirken gewonnen”, so Bonini.

Von Neuenburg …

Neben der Wissenschaft spielte der Glaube im Leben Guyots immer eine wichtige Rolle. Doch statt Pastor wurde er schliesslich Naturforscher. 1835 schloss er sein Studium in Berlin mit einer Dissertation über die natürliche Klassifikation der Seen ab.

Nach 1838 lehrte Guyot an der Akademie Neuenburg Geografie und Geschichte. Zur selben Zeit begann er, sich mit Gletscherforschung zu befassen.

Dabei arbeitete er mit Louis Agassiz zusammen, welcher der Theorie der Eiszeiten zum Durchbruch verholfen hatte. Agassiz wanderte 1846 in die USA aus und belegte an der Universität Harvard den für ihn geschaffenen Lehrstuhl für Zoologie und Geologie.

… nach Boston und Princeton

Nachdem die Universität Neuenburg infolge der Revolution in der Schweiz geschlossen worden war, emigrierte auch Guyot 1848 in die USA, wo er 1860 die Staatsbürgerschaft erhielt.

Seine ersten Vorlesungen in den USA hielt Guyot in Boston. Seine Ideen, beeinflusst von Alexander von Humboldts Ansätzen, waren im damaligen Amerika für viele neu und originell.

Daneben fand er Arbeit beim Aufbau eines Netzwerkes von Wetterstationen in New York und Massachusetts. Dieses Netzwerk wurde zum Kern des heutigen US-Wetteramtes.

1854 erhielt Guyot schliesslich eine Professur in Princeton und lehrte dort bis zu seinem Tod 1884 Physikalische Geografie und Geologie.

Neue Bande knüpfen

An der Eröffnung der Ausstellung nahm auch Christoph Bubb teil, der Schweizer Generalkonsul in New York, der unter anderem eine Botschaft der Regierung des Kantons Neuenburg verlas.

Er hoffe, dass die Ausstellung auch dazu beitrage, engere akademische und personelle Bande zu knüpfen zwischen Princeton und Schweizer Forschungs-Institutionen, sagte Bubb, der auch auf einen weiteren “internationalen Schweizer Emigranten” zu sprechen kam, der in Princeton als Forscher willkommen geheissen worden war: Albert Einstein.

“Ich denke, solche Projekte sind gut geeignet, unsere gegenseitigen Beziehungen zu verbessern”, sagte Bubb gegenüber swissinfo. Im Kontakt zwischen Menschen lerne man voneinander.

Die Ausstellung passt nicht nur gut zum Projekt “ThinkSwiss”, dem diesjährigen Programm von Präsenz Schweiz, der Promo-Agentur des Bundes, in den USA. Sie spannt auch den Bogen zum Vorgänger-Projekt “Swiss Roots”, das Amerikaner mit Schweizer Wurzeln eine Annäherung an die alte Heimat ermöglichte.

swissinfo, Rita Emch, New York

Arnold Henri Guyot wird am 28. September 1807 in Boudevilliers bei Neuenburg geboren
1829-1835: Studium an der Universität in Berlin
1839: Professur für Physikalische Geografie und Geschichte in Neuenburg
1840-47: Gletscherforschung während der Sommermonate
1848: Revolution in der Schweiz, Universität Neuenburg wird geschlossen, Guyot wandert wie 2 Jahre zuvor Louis Agassiz nach Amerika aus
1954: Berufung als Professor für Physikalische Geographie und Geologie in Princeton, wo er bis zu seinem Tode 1884 lehrt
Guyot zu Ehren erhielten mehrere Berge seinen Namen, ebenso wie ein Krater auf dem Mond
Zudem werden die unter der Meeresoberfläche liegenden flachen Berg-Kuppen in der Wissenschaft als Guyots bezeichnet
Die Ausstellung in Princeton wurde am 5. September eröffnet und läuft noch bis am 25. Oktober

Religion und Glaube spielten im Leben Guyots immer eine wichtige Rolle.

Guyot verwies schon früh darauf, dass Erde und Mensch voneinander abhängig seien, sich gegenseitig beeinflussten. Sein letztes Buch trägt den Titel “Schöpfung”.

Darin bezeichnet Guyot die Bibel und die Natur als zwei “legitime Quellen des Wissens”, die vom selben Autor stammten. Zwischen Wissenschaft und Religion bestehe eine komplementäre Harmonie.

Anders als sein Landsmann Agassiz glaubte Guyot an eine begrenzte Evolution, nicht aber an Darwins Idee der natürlichen Selektion. Für Guyot blieb Gott der Schöpfer.

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