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Pro Helvetia: “Hirschhorn-Affäre” verschmerzt

Pro Helvetia-Direktor Pius Knüsel und Präsidentin Yvette Jaggi sind zufrieden mit dem Jahr 2004. Keystone

Trotz politischem und finanziellem Druck blickt die Schweizerische Kulturstiftung Pro Helvetia optimistisch in die Zukunft.

Bis Ende Jahr will Pro Helvetia 2,5 Mio. Franken Betriebskosten zugunsten der Kulturschaffenden einsparen.

Pro Helvetia ist auf Kurs: 2004 sparte die Kulturstiftung wie geplant 600’000 Franken Betriebskosten zugunsten der Kulturschaffenden ein. Direktor Pius Knüsel ist zuversichtlich, dass es bis Ende Jahr 2,5 Mio. Franken sein werden.

Eigentlich hätte die Stiftung dafür parlamentarische Streicheleinheiten verdient, scherzte Knüsel an der Jahresmedienkonferenz in Anspielung auf die Strafaktion nach der Hirschhorn-Affäre.

“Wir haben intern vieles umgebaut, das hoffentlich nach aussen im Sinne von mehr Effizienz und besseren Dienstleistungen sichtbar wird”, sagte Knüsel gegenüber swissinfo.

Hirschhorn verschmerzen

Die Kulturstiftung präsentierte sich am Dienstag in Bern als Ausbund an Sanftmut: Mit dem Kulturförderungs- und dem Pro-Helvetia-Gesetz sei man weitgehend glücklich, und auch die Hirschhorn-Affäre habe gute Seiten gehabt.

Dank der Affäre sei über die Rolle von Pro Helvetia, das Verhältnis von Kultur und Politik und Sinn und Zweck von Kulturförderung diskutiert worden. Das alles habe deutlich gemacht, wie wichtig eine unabhängige Kulturstiftung sei, führte Präsidentin Yvette Jaggi aus.

Zwar sei die Stiftung finanziell vom Bund abhängig. “Politisch sind wir hingegen unabhängig in dem Sinn, dass wir für die einzelnen Projekte eine volle Autonomie haben und geniessen müssen”, sagte Jaggi gegenüber swissinfo.

Und die als “Busse” gemeinte Kürzung um eine Million sei ebenfalls zu verschmerzen. Schliesslich betrage das Budget in den folgenden Jahren wegen dem Entlastungsprogramm 04 ebenfalls nur je 34 Mio. Franken.

Aufwärtstrend bei der Gesuchsanzahl gestoppt

Im letzten Jahr behandelte Pro Helvetia 3570 Gesuche. Projekte in der Schweiz wurden mit 11 Mio., solche im Ausland mit 13 Mio. Franken unterstützt. Mit 11% mehr im Inland und 2% weniger im Ausland entspricht dies einer Verschiebung zugunsten des “Innenblicks”. Insgesamt wurden 4% mehr Beiträge ausgeschüttet.

“Wenn wir ein kommerzielles Unternehmen hätten, wäre es ein erfolgreiches Jahr gewesen”, bemerkte Knüsel.

Die Anzahl der behandelten Gesuche entspricht jener der vergangenen beiden Jahre. Verschoben hat sich die Verteilung: Bei den visuellen Künsten nahmen die Beitragsgesuche um 9,5% zu, was die wachsende Bedeutung dieser Kultursparte widerspiegelt.

In der Sparte Musik nahmen die Gesuche dagegen um 6% ab. Das hänge auch damit zusammen, dass hier vermehrt langfristige Verträge geschlossen würden, erläuterte Knüsel.

“Rentabler” Betrieb

Die Betriebskosten der Pro Helvetia betrugen 12 Mio. Franken gegenüber 12,6 Mio. im Vorjahr. Das ist ein erstes Resultat des 2004 beschlossenen Massnahmepakets, das die Gemeinkosten von 37% (2003) auf 32,5% (2006) senken soll.

Zehn Stellen wurden gestrichen, sechs werden ausgelagert. Ausserdem werden bis Ende Jahr drei Aussenstellen in Mittelosteuropa geschlossen, das Centro Culturale Svizzero in Mailand ans Istituto Svizzero in Rom angeschlossen und der Filmdienst Swiss Films ausgelagert. Das führt zu einer Einsparung der Gemeinkosten um weitere 1,9 Mio. Franken.

Wäre Pro Helvetia ein Betrieb, könnte sie sogar Gewinn ausweisen. Doch der Betriebsüberschuss von 360’000 Franken dient der Tilgung eines 3-Millionen-Defizits aus früheren Jahren.

Neues Gesetz wird schon “eingeübt”

Teil des Erfolgsrezepts ist die Straffung der Abläufe. Neu gliedert sich die Stiftung in drei Abteilungen: “Förderung” beurteilt Gesuche, “Programme” setzt von der Stiftung initiierte Projekte um und “International” betreut die Aussenstellen. Der organisatorische Umbau erfolgte im Hinblick auf das neue Pro-Helvetia-Gesetz.

Die im Gesetzesentwurf vorgesehene Organisationsform spiegle denn auch, was der Stiftungsrat im März als Vision einer künftigen Pro Helvetia verabschiedet habe. Auch die zunächst umstrittene Verkleinerung des Stiftungsrats “wird von der Stiftung begrüsst”, betonte Jaggi.

“Ich wünsche Pro-Helvetia, der Entwurf bleibe nach Vernehmlassung und parlamentarischer Debatte in der Form, wie er heute ist: ausgewogen, modern und klar.” Ein Wermutstropfen jedoch ist laut Knüsel die erweiterte Steuerung durch den Bund.

Ausland-Auftrag praktisch exklusiv

Auch zur Aufgabenteilung der diversen Auslands-Organisationen nahm Knüsel Stellung. Eine neue Übereinkunft zwischen dem Schweizerischen Aussen- und dem Innendepartement habe letzthin “das Primat von Pro-Helvetia in der Kulturarbeit im Ausland bestätigt”.

In der Praxis werde ab sofort eine klarere Aufgabenteilung im Ausland praktiziert. “Alle wichtigen Kultur-Projekte werden in Zukunft von Pro Helvetia realisiert”, sagte Knüsel.

swissinfo und Agenturen

Pro Helvetia hat 2004 rund 24 Mio. Franken für Kulturprojekte ausgegeben, 11 Mio. in der Schweiz und 13 Mio. im Ausland.
2004 hat sie 4190 Kultur-Projekte unterstützt, 49% in der Schweiz.
Minimaler Beitrag: rund 500 Franken (z.B. Reisekostenzuschuss)
Maximaler Beitrag: rund 300’000 Franken (z.B. Grossprojekt mit mehreren Disziplinen)

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