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Rassismus-Attacken im Toggenburg geklärt

Staatsanwalt Thomas Weltert an der Medienkonferenz. Keystone

Die rassistischen Angriffe gegen eine Arztfamilie im Toggenburg sind geklärt. Laut Polizei ist eine 43-jährige psychisch kranke Frau teilweise geständig.

Der Arzt und seine aus Afrika stammende Frau waren seit dem vergangenem Mai mit rassistisch formulierten Briefen zum Wegzug aufgefordert worden.

Die mutmassliche Täterin war seit März dieses Jahrs bei diesem Arzt in Unterwasser im Kanton St. Gallen in psychiatrischer und medizinischer Behandlung.

Wie die St. Galler Staatsanwaltschaft und die Polizei am Freitag informierten, legte die Frau am Mittwoch ein Geständnis ab. Sie gab zu, mehrere Drohbriefe geschrieben zu haben.

Möglicherweise auch Sachbeschädigungen

Die Justizbehörden gehen davon aus, dass die Frau auch einen Anschlag mit Farbbeuteln auf das Haus ihres Arztes und seiner Familie und weitere Sachbeschädigungen begangen haben könnte.

Dazu liegt aber kein Geständnis vor, wie es an einer Medienkonferenz hiess. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen.

Der Arzt, seine dunkelhäutige Frau und die Kinder waren seit Mai 2005 mit zahlreichen Briefen bedroht und beschimpft worden. So wurde ihnen gedroht, ihr Haus werde angezündet, falls sie das Dorf nicht verlassen würden. Die Drohbriefe hatten primitive rassistische Inhalte.

“Keine Motive”

Trotzdem sagte Staatsanwalt Thomas Weltert an der Medienkonferenz: “Von systematischem Rassismus im Toggenburg kann nicht ausgegangen werden.” Die Motive der mutmasslichen Täterin seien schwer verständlich. “Eigentlich gibt es keine Motive.”

Die psychisch kranke Frau befindet sich seit Mittwoch in stationärer ärztlicher Behandlung. Sie ist laut Staatsanwaltschaft nicht einvernahmefähig. Gegen die Frau sprechen laut Polizei DNA-Spuren und verschiedene andere Indizien.

Die Polizei hat 42 Personen – Tatverdächtige und Auskunftspersonen – befragt und von 24 Personen DNA-Proben genommen. Für Hinweise wurde eine Belohnung von 10’000 Franken ausgesetzt.

Laut Polizeisprecher Hans Eggenberger waren insgesamt 17 briefliche Drohungen, Nötigungen und Beschimpfungen sowie neun Sachbeschädigungen zu untersuchen.

Imageschaden für Tourismusregion

Der Fall erregte seit Monaten grosses Aufsehen. Behörden und Tourismusverantwortliche befürchteten wegen der Negativschlagzeilen einen Imageschaden für ihre Region. Feriengäste sagten ihre geplanten Skiferien im Toggenburg ab.

Ende November nahmen 500 Personen an einer Anti-Rassismus-Kundgebung in Unterwasser teil. Der Fall wurde auch im St. Galler Kantonsrat thematisiert.

Die Arztfamilie hatte sich aufgrund des Terrors entschlossen, aus dem Toggenburg nach Südafrika umzusiedeln. Vorerst war nicht bekannt, ob sie diesen Entschluss nun wieder rückgängig machen wird.

swissinfo und Agenturen

Seit Monaten sind ein Landarzt, seine afrikanische Frau und seine zwei Kinder im Toggenburg rassistischen Drohbriefen, Farbbeutel-Attacken auf das Haus und Pneu-Stechereien ausgesetzt gewesen.

Am Mittwoch hat die Polizei eine verdächtige Frau aus der Region festgenommen. Die 43-jährige Patientin des betreffenden Arztes ist im Toggenburg wohnhaft und psychisch krank.

Die Motive ihrer Bedrohungen sind nicht klar. Der Fall hat in der Region für grosse Empörung gesorgt.

Die betroffene Arztfamilie hat sich entschieden, nach Südafrika auszuwandern.

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