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Regierung blockiert allfällige Ben-Ali-Gelder

Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey verkündet die Kontensperrung vor den Medien. Keystone

Allfällige Gelder des tunesischen Ex-Potentaten Zine Ben Ali und des abgewählten Präsidenten der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, werden ab Mittwoch gesperrt, sagte Bundespräsidentin und Aussenministerin Micheline Calmy-Rey in Bern.

Die Schweiz blockiert Konten und den Zugriff auf Immobilien des früheren tunesischen Staatschefs Zine el Abidine Ben Ali in der Schweiz.

Die Massnahme der siebenköpfigen Regierung, des Bundesrats, gilt auch für mögliche Konten des abgewählten Präsidenten der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo.

Die Regierung kommt damit wegen der Dringlichkeit einem Gesetz gegen den Abzug sogenannter Potentatengelder zuvor, das erst im Februar in Kraft tritt. Die Verordnungen gelten bereits seit diesem Mittwoch und sind drei Jahre gültig.

Damit wolle die Schweiz die beiden Länder Tunesien und Elfenbeinküste ermutigen, Rechtshilfegesuche einzureichen, so die Aussenministerin.

Calmy-Rey sagte, die Sperre gelte auch für die Umfelder Ben Alis und Gbagbos und sei wirksam für alle möglichen Besitztümer. Dabei sei das sogenannte Umfeld besonders weit gefasst worden – im Falle Ben Alis betreffe es etwa 40 Personen.

Hinweise auf Gelder in der Schweiz

Es gebe Hinweise, dass Gelder in der Schweiz angelegt worden seien, hiess es. Man wisse aber noch nicht genau, wo und wie viele Konten es seien. Calmy-Rey schloss aus, dass in den vergangenen Tagen Finanzmittel aus der Schweiz abgezogen werden konnten. Dazu seien die Wartefristen für solche Transaktionen zu lang.

Auch die EU hatte aufgrund der aktuellen Lage in der Elfenbeinküste beschlossen, die Vermögenswerte von Gbagbo und seinem Umfeld einzufrieren.

Um den demokratischen Wandel in Tunesien zu unterstützen. laufen bei der EU Beratungen über ein umfassendes Massnahmenpaket. Auch die
Möglichkeit, Vermögen zu sperren, sei eine der Optionen, sagte die
Sprecherin der EU-Aussenbeauftragten Catherine Ashton am Mittwoch in Brüssel.

Auch die USA blockierten gemäss Agenturmeldungen gewisse Vermögen.

Untersuchungen in Tunesien

Am Mittwoch erklärte die tunesische Nachrichtenagentur TAP, dass die neue Übergangsregierung ein Ermittlungsverfahren gegen den nach Saudiarabien geflohenen Ex-Machthaber Ben Ali eröffnet habe.

Es soll klären, ob der 74-Jährige und seine Familie sich illegal Vermögen
angeeignet und diese ins Ausland geschafft habe.

Ben Ali war am letzten Freitag nach 23 Jahren an der Macht gestürzt worden. Auslöser seines Rückzugs waren Massenproteste gegen Korruption und hohe Arbeitslosigkeit. Sie hatten sich in der vergangenen Woche zu einem Volksaufstand ausgeweitet.

Bemühen der Schweiz

In den vergangenen Jahren hat sich die Schweiz bemüht, ihr Image als Finanzplatz zu verbessern. Verschiedentlich sind Sperren angeordnet worden, sei es für Gelder von Marcos aus den Philippinen oder Abacha aus Nigeria.

Damit sollte der Staatsanwaltschaft dieser Länder die Möglichkeit gegeben werden, Rechtshilfegesuche einzureichen.

Beim Kundensegment der PEPs (politically exposed persons) müssen die Banken erhöhte Vorsicht walten lassen.

Das gelte nicht nur für Potentaten, sondern auch für gewählte Politiker, sagt Thomas Sutter von der Schweizerischen Bankiervereinigung.

Es gibt heute PEP-Datenbanken, an die sich die Banken anschliessen können.

Einige Banken haben eigene PEP-Lösungen. Auch die Entourage sei wichtig, heisst es. Im Fall von Ben-Ali habe die Liste der Entourage rund 40 Personen umfasst, sagte Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey am Mittwoch.

Sutter sieht die Problematik dieser Daten darin, dass jemand, der gestern noch als politisch geduldeter Potentat galt, morgen plötzlich eine Persona non grata ist.

Dies mache es den Banken auch nicht leichter beim Entscheid, sich an die Geldwäscherei-Behörden zu wenden oder nicht.

Die PEP-Kontrolle sei Bestandteil der jährlichen Prüfung der Banken, und zwar der Schweizerischen wie der Auslandsbanken. Dabei machen Revisionsgesellschaften Stichproben.

Was den guten Ruf der Schweiz anbelangt, gehe oft der Umstand vergessen, dass Potentaten ihre Gelder oft über Transaktionen im Ausland erhalten. Als Kick-Back bei Waffenexportgeschäften beispielsweise.

Womit das illegale Geld unkontrolliert im Ausland erworben wurde. Später werde es dann in der Schweiz deponiert, wo es zum Vorschein kommt und das Image des Finanzplatzes schädigt.

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