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Risiko Wasser

Für 450 Millionen Menschen ist Wasser keine Selbstverständlichkeit. Keystone

Wasser ist lebenswichtig, und seine Knappheit wird die globale Agenda bestimmen. Swiss Re hat mit dem Bund einen Dialog über nachhaltige Wasserwirtschaft organisiert.

Wasser war schon immer ein zentrales Thema für Versicherungen: Stürme, Fluten, durch Wasser ausgelöste Erdrutsche und Schlammlawinen verursachen grosse Kosten und rechtfertigen so hohe Prämien.

Doch nicht Naturkatastrophen sind das Thema der zweitägigen internationalen Tagung zu welcher Swiss Re, der weltweit zweitgrösste Rückversicherungs-Konzern, in sein Centre for Global Dialogue geladen hat, sondern der Mangel an sauberem Wasser.

Wasser – ein gefährdetes Gut

Wasser von guter Qualität ist heute weltweit ein gefährdetes Gut. 1,1 Mrd. Menschen haben kein sauberes Trinkwasser. 2,9 Mrd. Menschen leben ohne adäquate sanitäre Versorgung. 4 Mio. Menschen sterben jedes Jahr wegen Krankheiten, die durch verunreinigtes Wasser verursacht werden. Eine davon ist Durchfall, der jährlich 2,2 Mio. Menschen erliegen.

Rund 450 Mio. Menschen haben heute ernsthafte Wasserversorgungs-Probleme. Bis ins Jahr 2050 werden zwei Drittel der Menschheit von Wassermangel betroffen sein. Wasser wird immer knapper, weil einerseits durch Verschmutzung die Süsswasser-Ressourcen kleiner werden und andererseits die Erdbevölkerung weiterhin wächst.

Chance und Risiko für Versicherer

Bruno Porro, Verantwortlicher für das Versicherungs-Management der Swiss Re, ist überzeugt, dass Wasser-Risiken zunehmend an Bedeutung gewinnen werden. Swiss Re werde in Zukunft vom Thema Wasser betroffen sein, ob das Unternehmen dies wolle oder nicht, sagte Porro an der Tagung in Rüschlikon.

Denn kommen Personen oder Sachen durch verunreinigtes Wasser zu Schaden, werden die Versicherungen zur Kasse gebeten. Drei Menschen starben und Hunderte erkrankten letztes Jahr in Battleford, Kanada, als ein Krankheitserreger wegen einem schlecht gewarteten Filter in das Trinkwassersystem eingedrungen war.

Die abnehmende Wasserqualität wie auch der Trend hin zur Privatisierung der Trinkwasser-Versorgung hat laut Swiss Re direkte Auswirkungen auf das Versicherungsgeschäft – und zwar als Risiko wie auch als Chance. Swiss Re geht von einer wachsenden Nachfrage für die Versicherung von Umweltrisiken aus und ortet in diesem Bereich ein grosses Wachstumspotential.

Dabei geht es für die Versicherer längst nicht nur um Trinkwasser. Abhängig von sauberem Wasser sind auch die Nahrungsmittel-Herstellung, das Gesundheitswesen, die Pharmaindustrie, die Landwirtschaft, aber auch die Bauwirtschaft oder die Halbleiter-Industrie. In diesen Bereichen tätige Unternehmen müssen mit Produktions-Unterbrüchen und Verlusten rechnen, wenn das Wasser verunreinigt ist.

Die Kernkompetenz eines Rückversicherers liegt laut Porro in der Früherkennung und im Umgang von ökologischen und gesellschaftlichen Risiken. Swiss Re wolle deshalb durch Bewusstseinsbildung dazu beitragen, dass natürliche Ressourcen effizienter genutzt und die Beeinträchtigung der Umwelt abgemildert würden.

Vollzugskrise

“Das Problem ist nicht der Mangel an Wissen, sondern der fehlende politische Wille”, sagte Anders Berntell, Direktor des Internationalen Stockholmer Wasser- Instituts, und brachte damit die Meinung vieler Tagungs-Teilnehmer zum Ausdruck. “Es gibt genügend Informationen und genügend Konferenzen, die Festhalten, was die Probleme sind”, sagte Botschafter Walter Fust von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) gegenüber swissinfo. Es sei eigentlich auch klar, wo man einsetzen müsse.

“Wir sind heute in einer Art Vorkammer einer Vollzugskrise dieser weltinnenpolitischen Probleme.” Dies habe damit zu tun, dass diese Fragen nicht mehr national gelöst werden könnten. Auch Grossmächte könnten diese Probleme nicht unilateral angehen. Die Staaten müssten einen Teil ihrer Souveränität in internationale Plattformen einbringen, um diese Fragen zu lösen.

Entwicklung und Profit

Fehlt der politische Wille, bekommt die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren mehr Bedeutung. Direktor Fust betont die Wichtigkeit von Public Private Partnerships (PPP) für die DEZA. In vielen Bereichen würden sich Wirtschaft und öffentliche Hand komplementär ergänzen.

Wichtig sei aber, dass die Rollen nicht vertauscht würden. “Ein Unternehmen muss, um zu überleben, Profit machen. Wenn sie in Entwicklungsprozessen Profit machen, steht dem nichts entgegen. Wenn sie aber Profit machen, ohne Wirkung zu erzielen, steht dem sehr wohl etwas entgegen”, so der DEZA-Direktor weiter.

An sich sei PPP nichts Neues. Doch seit die Idee am World Economic Forum (WEF) in Davos und durch UNO-Generalsekretär Kofi Annan thematisiert worden sei, gebe es einen starken Trend zur Zusammenarbeit von öffentlicher Hand und privaten Unternehmen.

Geht es um Einfluss auf umweltschädigendes Verhalten, ist die Zusammenarbeit mit Versicherern wie der Swiss Re besonders effizient. “Denn von den Risiken sind wir unmittelbar selbst betroffen”, sagte Chief Risk Manager Porro gegenüber swissinfo. Es gehe nicht nur um Aufklärung, sondern darum, die Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, dass sie günstigere Prämien bekommen, wenn sie Massnahmen ergreifen, die die Nachhaltigkeit fördern.

Hansjörg Bolliger

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