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Roter Teppich für Spaniens König

König Juan Carlos bei seinem ersten offiziellen Besuch in der Schweiz 1979. RDB

Der spanische König Juan Carlos stattet der Schweiz erstmals seit 1979 einen offiziellen Besuch ab. Die guten Beziehungen sollen ausgebaut werden. 2010 hat das Handelsvolumen um rund 30% zugenommen, vor allem wegen mehr Importen aus Spanien.

Der Besuch des königlichen Paars am 12. und 13. Mai fällt in eine Zeit, in der die bilateralen Beziehungen “ausgezeichnet” seien, sagt Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey.

Die Regierungen beider Länder “beurteilen mehrere aussenpolitische Dossiers gleich” und arbeiten in wirtschaftlichen Belangen eng zusammen.

Schlechte Konjunktur…

Um die Auswirkungen der schlechten Konjunktur zu mildern, hat Spanien in den letzten Jahren Massnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft ergriffen. Das Platzen der Immobilienblase war für die viertgrösste Wirtschaftsmacht im Euroraum ein harter Schlag. Die starke Abhängigkeit Spaniens vom Bausektor hat zu einer Zunahme der Arbeitslosigkeit geführt, von der gegenwärtig rund 20 Prozent der aktiven Bevölkerung betroffen sind.

Um das übermässige Gewicht des Bausektors zu verringern und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, hat die Regierung von José Rodriguez Zapatero ein “Gesetz über nachhaltige Wirtschaft” verabschiedet.

Ziel des Gesetzes ist die Förderung industrieller und technologischer Innovationen. Der Finanzminister hat ausserdem einen Sparplan angekündigt, um das Budgetdefizit bis 2013 um 3 Prozent des Bruttoinlandprodukts zu senken.

…aber gute wirtschaftliche Beziehungen

Trotz Abschwächung der spanischen Konjunktur während des letzten Jahrzehnts hat sich das Handelsvolumen zwischen der Schweiz und Spanien fast verdoppelt. Auf der Liste der wichtigsten Exportländer der Schweiz liegt Spanien auf Rang 10, auf jener der wichtigsten Importländer auf Rang 11.

Gemäss den provisorischen Zahlen von 2010 haben die spanischen Exporte im Vergleich zum Vorjahr um 4,9 Milliarden Franken oder 28,1 Prozent zugenommen. Die Importe aus der Schweiz belaufen sich auf 6,37 Milliarden Franken. Nach einem starken Rückgang des Handelsvolumens 2009 lassen die Zahlen von 2010 laut Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) eine Zunahme erwarten.

Die Schweiz ist in Spanien der neuntgrösste Investor. Ihre Aktivitäten konzentrieren sich auf die chemische, pharmazeutische und Nahrungsmittelindustrie sowie auf den Finanzsektor. Die Investitionen der Schweiz in Spanien belaufen sich auf 15,7 Milliarden Franken. Die Investitionen Spaniens in der Schweiz erreichten rund 3,6 Milliarden Franken. Auf der Liste der ausländischen Investoren in der Schweiz liegt Spanien damit an 11. Stelle.

Immigration: Umgekehrte Tendenz

Wenn von den Beziehungen zwischen der Schweiz und Spanien die Rede ist, muss auch das Thema Immigration angesprochen werden. Einer der Gäste im offiziellen Empfangskomitee des Königspaars ist Luis M. Calvo Salgado, Professor für Geschichte an der Universität Zürich.

Nach der starken Rückwanderung der Spanier im Rentenalter seit den 1990er-Jahren, stelle man in den letzten Jahren eine umgekehrte Tendenz fest, sagt der Experte für galizische Immigration in die Schweiz, vor allem wegen der Wirtschaftskrise.

Auf die Frage nach dem Image des spanischen Königshauses und namentlich des Königs Juan Carlos in der Schweiz antwortet Calvo Salgado differenziert: Es gebe unterschiedliche Meinungen über die einzelnen Familienmitglieder des Königshauses, aber das generelle Bild sei vor allem positiv beeinflusst worden dank der Transition Ende der 1970er-Jahre.

Enge Verbindungen zur Romandie

Während seines Aufenthalts in der Schweiz wird das Königspaar nach der Ankunft auf dem Flughafen Zürich auch die Städte Bern und Lausanne besuchen, wo die königliche Familie während der Jahre im Exil gelebt hatte. Lausanne ist auch die Stadt, in welcher der König um die Hand von Sophie von Griechenland angehalten hatte.

In einem Interview von 1990 erinnerte sich Juan Carlos an seine ersten Jahre in der Schweiz, einer Epoche, in der ihn das Thema Geld dauernd beschäftigte. In Lausanne machte der junge Prinz seine ersten schlechten Erfahrungen, als er eine goldene Füllfeder für 5 Franken verkaufte, um damit Schokolade und Bonbons zu erwerben…

Im Alter von 8 Jahren zog Juan Carlos in die Villa Saint-Jean in Freiburg, ein privates, internationales College, das damals von der Ordensgemeinschaft der  Marianisten geführt wurde. Das College, in dem vor allem Söhne aus guten Familien im Exil studierten, hatte einen ausgezeichneten Ruf. Der illustreste Schüler, neben Juan Carlos, war der Schriftsteller und Flieger Antoine de Saint-Exupéry.

Aber die Studien in Freiburg dauerten für Juan Carlos nur einige Monate: 1946 folgte er seiner Familie ins letzte Exil nach Estoril in Portugal. Im Oktober 1948 betrat der künftige König zum ersten Mal spanischen Boden.

Für den König Spaniens bedeutet der Besuch in der Schweiz deshalb auch eine Reise in seine Vergangenheit.

Während des zweitägigen Besuchs wird das Königspaar Bern und Lausanne besuchen, begleitet von der spanischen Aussenministerin Trinidad Jiménez.

Nach Ankunft am Flughafen Zürich am Donnerstag wird das Paar von der Landesregierung auf dem Berner Bundesplatz mit militärischen Ehren empfangen.

Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey und König Juan Carlos werden daraufhin im Bundeshaus Ansprachen halten.

Später am Nachmittag werden Delegationen der beiden Länder unter der Leitung der Bundespräsidentin und des Königs in Bern offizielle Gespräche aufnehmen.

Am Freitag wird das Königspaar Wirtschaftsvertreter. Am Nachmittag stehen in Lausanne der Besuch eines Museums und ein Treffen mit Vertretern der lokalen spanischen Gemeinde an.

Wirtschaft: Spanische Exporte in die Schweiz 2010: 4,9 Mrd. Fr.; Schweizer Exporte nach Spanien 2010: 6,37 Mrd. Fr.

Investitionen: Mit 15,7 Mrd. Fr. ist die Schweiz in Spanien der neuntgrösste in Spanien. Spanien steht in der Schweiz mit 3,6 Mrd. Fr. an 11. Stelle.

Arbeit: Ende 2009 haben Schweizer Unternehmen in Spanien 55’464 Personen beschäftigt, 8143 Personen arbeiteten in der Schweiz für spanische Firmen.

Einwanderung: Rund 90’000 Spanierinnen und Spanier leben in der Schweiz, 23’886 leben in Spanien, davon sind 12’571 Doppelbürger.

Tourismus: 1,3 Millionen Schweizerinnen und Schweizer besuchen Spanien pro Jahr.

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