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Rotes Kreuz: Spitäler bauen in Kirgisistan

Eines von vier Spitälern, welche das Schweizerische Rote Kreuz im Osten Kirgisistans baut. swissinfo.ch

Der kirgisische Staat kann sich ein funktionierendes Gesundheits-wesen nicht leisten. Mit Schweizer Hilfe werden jetzt im Osten des Landes neue Spitäler gebaut.

Hausärzte in den Dörfern sollen diese entlasten und so Kosten sparen.

In Naryn Oblast, der Verwaltungsregion im Osten Kirgisistans von der Grösse der Schweiz, leben über 240’000 Menschen. Die bergige, schroffe Landschaft weit ab der Städte macht es den Menschen nicht einfach. Die Höhe über Meer fördert Bluthochdruck und Lungenkrankheiten wie Asthma. Von Blutarmut in Folge von Mangel- und Fehlernährung sind die Hälfte aller Frauen und Kleinkinder betroffen.

Die Brucellose, eine Infektionskrankheit die von Nutztieren auf Menschen übertragen wird, ist ein weiteres gravierendes Gesundheitsproblem in diesem abgelegenen Gebiet. Hinzu kommen neuerdings Allergien, welche die Ärzte mit der Umweltverschmutzung und einer stillgelegten Uran-Fabrik in Verbindung bringen.

Die UdSSR betrieb ein teures, gutes System

Mit dem Ende der UdSSR kollabierte das gesamte Gesundheitswesen Kirgisistans. “Das sowjetische Gesundheitssystem hatte Spezialisten in jedem Dorf und riesige Krankenhäuser für eine kleine Bevölkerung. Aber es war unbezahlbar für einen armen Staat wie Kirgisistan”, sagt Tobias Schüth, Projektmanager für das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) in Kirgisistan.

Kindersterblichkeit steigt, Tuberkulose kommt zurück

Nachdem das Geld aus Moskau 1991 mit einem Schlag ausblieb, musste die Regierung der neuen Republik die Ausgaben fürs Gesundheitswesen massiv reduzieren. Die Löhne von Ärzten stürzten nach unten, Bestände lebensrettender Medikamente gingen zur Neige, Reparaturen in baufälligen Spitälern konnten nicht mehr bezahlt werden; die gesamte Infrastruktur zerfiel.

Zur selben Zeit stieg die Kindersterblichkeit – die auf West-Niveau gelegen hatte – auf über 5%. Armutsbedingte Krankheiten wie Tuberkulose tauchten wieder auf.

Neues Hausarztmodell

In einem Anlauf, diesen Niedergang aufzuhalten, begann das SRK im Auftrag des Bundes vier Spitäler aufzubauen. Das SRK liefert auch grundlegende medizinische Geräte wie Stethoskope, Fiebermesser und Sterilisatoren. Daneben unterstützt das SRK die kirgisische Regierung bei einer grundlegenden Reform des Gesundheitswesens.

“Im sowjetischen System gab es keine Hausärzte”, sagt Schüth. Gegenwärtig arbeitet das SRK an der basisorientierten Einführung von 27 “Village Medical Center”, die von Hausärzten oder Hausärztinnen betrieben werden. “Wir schulen spezialisierte Ärzte zu Hausärzten um und holen andere direkt von den Universitäten”, erklärt Schüth.

Entscheide zur Basis weiter reichen

“In den letzten drei Jahren haben wir realisiert, dass wir alles selber machen können”, sagt Anara Omurzakova. Die Medizinerin und Röntgenspezialistin steht dem gesamten Gesundheitswesen in einem von fünf Bezirken des Naryn Oblast vor. Anstatt auf Anweisungen der Zentralregierung zu warten, bestimmen die Einwohnerinnen und Einwohner des Bezirks heute selber, wo sie Prioritäten setzen wollen und welche Budgets sie dafür einsetzen.

“Wir sind in die Dörfer gegangen und haben mit Dorf-Komitees besprochen, was für sie am Wichtigsten ist”, erklärt Schüth. So entstand beispielsweise ein Programm gegen Alkohol-Missbrauch.

“Wir haben das Gefühl, dass wir jetzt selbstbestimmt arbeiten”, sagt Omurzakova. Vor ihrem Büro, das bereits im frühen Herbst eisig kalt ist, hängen Plakate, die vor Aids, Malaria und Brucellose warnen. Auch auf der Geburtsstation, wo der Gebährstuhl notdürftig mit Plastik überzogen wurde, ist es nicht wärmer.

Die SRK-finanzierten Spitäler werden isoliert sein. Das hilft, Heizkosten zu sparen. Oft konnten die Spitäler im Winter nicht genügend geheizt werden. Darum haben die neuen Spitäler auch weniger Betten. Das ist eine weiterer Vorteil des Hausarztmodells: Die Patientinnen und Patienten liegen zu Hause im Bett.

Ärzte wollen nicht aufs Land

Die Kosten fürs Gesundheitswesen sind eine schier unlösbare Aufgabe für ein Land, wo das jährliche Durchschnitts-Einkommen bei 290 Dollar liegt (283 Franken). Omurzakova ist deshalb stolz auf das System der Krankenversicherung, das 1996 eingeführt wurde.

In ihrem Bezirk nehmen 70% aller Familien daran teil. “Sie bezahlen bis zu 2% ihres Einkommens für die Versicherung. Für die Kinder bezahlt der Staat”, sagt sie. “Es ist das erste Mal, dass so etwas hier funktioniert.”

Mit dem Geld der Krankenversicherung werden die Lohnkosten fürs medizinische Personal teilweise bezahlt, aber die knappen Finanzen bereiten Omurzakova weiterhin Kopfschmerzen.

Ein Doktor verdient in ihrem Spital umgerechnet 25 Dollar – ein guter Lohn, im Vergleich zum Einkommen der Landbevölkerung. Aber dieser Lohn genügt nicht, um junge Ärzte von der Stadt aufs Land, in die Berge im Osten Kirgisistans, zu locken.

swissinfo, Jacob Greber und Philippe Kropf, Jumgal

Die Schweiz baut im bergigen Osten Kirgisistans vier Spitäler.
Diese kosten 2,2 Mio. Franken, die der Bund bezahlt.

Nach dem Zusammenbruch der UdSSR kollabierte auch das gut ausgebaute, aber teure, Gesundheitssystem in Kirgisistan.

Die Kindersterblichkeit nahm zu, Tuberkulose tauchte wieder auf.

Die Regierung will bis 2010 ein Reformprogramm umsetzen. Dabei wird sie vom Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) unterstützt.

Dieses baut im abgelegenen Osten des Landes vier Spitäler. Daneben sollen Hausärzte zur Gesundheit der Menschen schauen, was Kosten spart.

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