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Ruhige und würdige Bundesfeier auf dem Rütli

Rütlifeier 2006: Mehr Ruhe, weniger Menschen. Keystone

Die 1. Augustfeier auf der Rütliwiese, der Wiege der Eidgenossenschaft, ist ohne Störungen verlaufen. In den letzten Jahren hatten Neonazis jeweils massiv gepöbelt.

Die Mitglieder der Schweizer Regierung thematisierten in diversen Landesteilen Toleranz und Öffnung sowie Unabhängigkeit und Neutralität.

Hauptredner auf dem Rütli war der ehemalige Swisscom-Präsident Markus Rauh. Er warnte vor dem Bruch mit humanitären Werten. Missbrauch im Asylwesen dürfe nicht mit staatlicher Willkür bekämpft werden, sagte der erklärte Gegner des revidierten Asylgesetzes, das im September vors Volk kommt.

Es sei keine Heldentat, auf die Schwächsten loszugehen und dabei die Bundesverfassung zu verletzen, menschenrechtswidrig zu handeln, internationale Konventionen zu missachten und erst noch Mehrkosten und mehr Kriminalität zu verursachen, sagte Rauh.

Keine Störmanöver

Die Rütlifeier wurde dieses Jahr nicht von Rechtsextremen gestört, wie dies in den vergangenen Jahren der Fall gewesen war. Wirkung zeigte offenbar das neue Zutrittssystem: Die wenigen hundert Besucher – maximal wären 2000 zugelassen gewesen – hatten sich dieses Jahr erstmals ausweisen müssen. Nur so erhielten sie ein obligatorisches Gratis-Ticket.

In Brunnen, wo Neonazis einen Aufmarsch angekündigt hatten, blieb es mehrheitlich ruhig. Die Polizei kontrollierte Personen und Gepäckstücke. Bis zum Mittag hatte sie rund 20 Personen abgewiesen. Verhaftet wurde niemand.

Leuthards Premiere

An ihrem ersten öffentlichen Auftritt als Bundesrätin hat Doris Leuthard am Dienstag an der Bundesfeier in Eischoll im Kanton Wallis für eine offene Schweiz ohne Mauern plädiert. Sie sprach Themen an, welche sie auch als Wirtschaftsministerin beschäftigen werden.

Die Reformen in der Agrarpolitik müssten auch nach dem Scheitern der WTO-Runde vorangetrieben werden, forderte Leuthard. Die Bäuerinnen und Bauern müssten den Strukturwandel selber bewältigen und hätten dafür die besten Voraussetzungen.

Von der Schweiz zeichnete die neue Bundesrätin am Tag ihres Amtsantritts ein erfreuliches Bild: “Wir haben endlich wieder ein positives Wachstum, der private Konsum boomt, und die Zahl der arbeitslosen Menschen geht zurück.” Weder Abschottung noch Zurücklehnen auf dem bequemen Sofa seien angesagt, so Leuthard.

Einsatz in Lenzburg

Probleme machten Rechtsextreme der Aargauer Kantonspolizei. Vor dem Auftritt von Bundesrat Samuel Schmid auf dem Schloss Lenzburg mussten die Ordnungshüter eine Gruppe von 200 Rechtsradikalen zurückdrängen, die das Festgelände stürmen wollten. Es kam zu keinen Festnahmen.

“Wir dürfen nicht wegschauen, wir müssen hinschauen und die Zeichen an der Wand sehen”, sagte Schmid danach in Anspielung auf latenten Antisemitismus, Neonazis, gewaltbereite Linksextremisten und Exzesse, die den sozialen Frieden bedrohen würden. “Wir müssen aufstehen und Nein sagen”, so der Armeeminister.

Bundespräsident mit Schwung

Bundespräsident Moritz Leuenberger plädierte in seiner offiziellen Radio- und Fernsehansprache für einen fröhlichen Patriotismus und einen unverkrampften Umgang mit dem Schweizerkreuz.

Lobend hob er die enorme Freiwilligenarbeit im Land hervor. Er erinnerte aber auch an das Schicksal der Opfer von Verfolgung, Krieg und Armut.

Klare Worte zur Neutralität

In Zürich sprach Aussenministerin Micheline Calmy-Rey deutliche Worte zur Haltung der Schweiz im Nahostkonflikt. “Wer schweigt, wenn unschuldige Zivilisten das Ziel unterschiedsloser Militäraktionen werden, oder wer sich nicht gegen den Terror erhebt, ist nicht neutral. Er ist damit einverstanden”, sagte die Aussenministerin.

Die Bundesrätin forderte, dass sich die Schweiz auch als neutrales Land zur Einhaltung des Völkerrechts äussere.

Vier Reden

Freiheit, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung sind im Urteil von Christoph Blocher die Säulen, welche die Schweiz stark und wohlhabend gemacht haben. Der Justizminister hielt insgesamt vier Ansprachen.

Fünf Qualitäten als Garanten für den Erfolg des Landes machte der freisinnige Finanzminister Hans-Rudolf Merz aus. Es sind dies Wohlstand, Sicherheit, Vielfalt, Fortschritt und Solidarität.

swissinfo und Agenturen

Der Rütlischwur von Uri, Schwyz und Unterwalden von 1291 zum “Ewigen Bund” gilt als Geburtsstunde der Schweiz.

Seit 1891 ist der 1. August der Nationalfeiertag.

Offizieller Feiertag ist der 1. August erst seit 1994.

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