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Saddam: Die Schweiz lehnt Todesstrafe ab

Die irakische Justiz hat ihr Verdikt gegen Ex-Diktator Saddam Hussein gefällt. Keystone

Die Schweiz kritisiert das Todesurteil gegen den früheren irakischen Präsidenten Saddam Hussein, der in Bagdad zum Tod durch den Strang verurteilt worden ist.

Auf internationaler Ebene sind die Reaktionen auf das Verdikt des Sondergerichts geteilt.

Der ehemalige Diktator Saddam Hussein und seine Mitangeklagten hätten angesichts der von ihnen verübten Verbrechen ohne Zweifel harte Strafen verdient, sagte Jean-Philippe Jeannerat, Informationschef beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Sonntag.

Die Todesstrafe sei aber auch bei schwersten Verbrechen nicht tolerierbar. Das Schweizer Strafrecht kenne die Todesstrafe nicht; sie sei in der Bundesverfassung von 1999 explizit verboten.

Diesem Grundsatz folgend engagiere sich die Schweiz in allen internationalen Foren ebenso wie in ihrer bilateralen Diplomatie für die Abschaffung der Todesstrafe.

“Riesige Herausforderung”

Jeannerat betonte aber, die Schweiz anerkenne die Leistung des Sondertribunals, den Prozess zu Ende zu führen. Dieser habe eine “riesige Herausforderung” für alle Beteiligten dargestellt.

Dass sie mit ihrem Einsatz grossen Mut und persönliches Engagement bewiesen hätten, zeige die Ermordung von drei Anwälten Saddam Husseins im Verlaufe des Prozesses.

Die Schweiz hofft laut Jeannerat, dass die Gerichtsverfahren gegen die Verantwortlichen der irakischen Diktatur “dazu beitragen, die Zerreissproben der Vergangenheit zu überwinden”. Das EDA sei sehr besorgt über die nach wie vor “dramatisch schlechte” Sicherheitslage im Irak.

USA und Grossbritannien zufrieden

Der US-Botschafter im Irak, Zalmay Khalilzad, nannte das Todesurteil gegen den Ex-Präsidenten einen “Meilenstein auf dem Weg in eine freie Gesellschaft, deren Grundlage die Achtung des Gesetzes ist”.

US-Aussenministerin Condoleezza Rice hat die Urteile gegen den irakischen Ex-Diktator und seine Gefolgsleute als “Triumph über die Herrschaft der Angst” gewürdigt. Die Urteile seien eine “hoffnungsvolle Erinnerung” für alle Iraker daran, dass die friedliche Strafverfolgung dem Ausüben von Rache vorzuziehen sei.

Grossbritannien reagierte ebenfalls erfreut. Aussenministerin Margaret Beckett begrüsste, dass Saddam Hussein und die anderen Angeklagten für ihre “abscheulichen Verbrechen” zur Rechenschaft gezogen würden.

Auch Iran, das Nachbarland von Irak, reagierte zustimmend auf die Verhängung der Todesstrafe.

Gegen Hinrichtung

Die finnische EU-Ratspräsidentschaft rief dagegen dazu auf, das Todesurteil nicht zu vollstrecken. Länder wie Frankreich und Russland befürchteten neue Ausschreitungen nach dem Urteil.

Der Vatikan hat die Verhängung der Todesstrafe gegen Saddam Hussein kritisiert. Das Urteil zeige, dass noch immer die Logik des “Auge um Auge, Zahn um Zahn” herrsche, sagte Kardinal Renato Raffaele Martino. “Gott hat das Leben geschenkt und nur er darf es wieder nehmen”, sagte der Kurienkardinal.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte den Prozess als unfair und stellte die Fähigkeit des Tribunals in Frage, nach internationalen Standards Recht zu sprechen.

Weiter hat die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, an die irakischen Behörden appelliert, Saddam Hussein und zwei mit ihm zum Tode Verurteilte nicht hinzurichten.

“Die heute Verurteilten sollten jede Möglichkeit haben, in einer Berufung alle Rechtsmittel in vollem und fairem Umfang auszuschöpfen”, sagte Arbour am Sonntag in Genf.

swissinfo und Agenturen

Der ehemalige irakische Präsident Saddam Hussein ist am Sonntag durch ein Sondertribunal zum Tod verurteilt worden. Das Gericht machte ihn verantwortlich für die Exekution von 148 Schiiten im Dorf Doujaïl in den 1980er-Jahren, weil diese angeblich ein Attentat gegen seinen Konvoi durchgeführt hatten.

Es wurden noch zwei weitere Todesurteile ausgesprochen: eines gegen einen Halbbruder von Saddam, Barsan Ibrahim al-Tikriti, Informationschef zur Zeit der Exekutionen und eines gegen Awad Ahmed al-Bandar, den früheren Vorsitzenden des Revolutionsrates.

Der ehemalige Vizepräsident, Taha Yassin Ramadan, wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.

Die Menschenrechts-Organisation Human Rights Watch schätzt, dass während Saddams Regime von 1979 bis 2003 rund 200’000 potentielle Oppositionelle umgebracht wurden.

Auf Saddam Hussein warten weitere Prozesse. Er soll sich unter andererem auch wegen Völkermord an 180’000 Kurden in den 1980er-Jahren verantworten.

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