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Safran mundet

Daniel Jeitziner, Zunftmeister der Safranzunft Mund, mit einem Fläschchen des raren Gewürzes. swissinfo.ch

In der Schweiz gibt es nicht nur Milch, Kühe, Käse und Schokolade. Nein, auch Safran - und der ist erst noch teurer als Gold.

Der Safran aus der Walliser Gemeinde Mund erhielt als erstes Schweizer Gewürz die Ursprungsbezeichnung AOC.

Zuerst eine Warnung: In Mund ist der Safran ausverkauft. Er kommt sowieso fast nie in den Handel, denn die Nachfrage ist weit grösser als das Angebot.

Was sich allerdings lohnt, ist ein Abstecher nach Mund, denn die Gaststätten im 700-Seelen Dorf oberhalb von Brig bieten leckere Safran-Spezialitäten von Reis über Kuchen und Brot bis hin zum Likör an.

Doch schön der Reihe nach

Wer mit dem öffentlichen Verkehr nach Mund fährt, nimmt auf dem Bahnhofplatz in Brig das Postauto und fährt die vielen Kehren hoch in das auf 1200 Meter über Meer gelegene Walliser Dorf.

Der Safran kam schon früh, möglicherweise mit Reisläufern, nach Mund. So genau weiss man es nicht. Aber sicher ist, dass in der sonnigen Gegend, hoch über dem Walliser Talboden, seit dem 14. Jahrhundert Safran angebaut wird.

Das aus südlicheren Gefilden (Iran, Türkei, Griechenland oder Spanien) her bekannte Gewürz wurde – so die Erzählung – wohl von Reisläufern im Haar versteckt und mit einem Hut bedeckt ins Wallis geschmuggelt. Denn in den Herkunftsgebieten war die Ausfuhr der wertvollen Knolle verboten. Wer erwischt wurde, dem drohte der Tod.

Trocken und karger Boden

Safran wurde früher in etlichen Gebieten der Schweiz angebaut. Er gedeiht aber auf längere Zeit nur dort, wo es trocken ist und der Boden mager. Kälte im Winter macht der Safran-Pflanze nichts. Ihre ursprüngliche Heimat, das Himalayagebiet, lässt grüssen. Dazu ist die Knolle des Crocus sativus genügsam, Dünger liebt und braucht die Pflanze nicht.

Jahrhunderte lang diente der Safran als Tauschware. Hauptsächlich wurde in den trockenen Gebieten im Wallis, zu denen Mund gehört, Bergweizen und Roggen angebaut. Safran war eher sekundär.

Heute wird Schweizer Safran nur noch in Mund kultiviert. Auch dieser Anbau war Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts immer mehr gefährdet gewesen. Es waren vor allem die Pfarrer im Ort, die darauf drängten, die Tradition nicht aussterben zu lassen.

Vor 25 Jahren wurde daraufhin die Safranzunft Mund gegründet. 1979, sagt Zunfmeister Daniel Jeitziner gegenüber swissinfo, hätten sich 22 Pflanzer zur Safranzunft zusammengeschlossen. Seither werde der Anbau des Safrans gefördert.

Wider die Fälscher

Dank der Safranzunft Mund, wo auch die Frauen willkommen sind, wurde das “rote Gold” aus dem Oberwallis nun in das Register der geschützten Ursprungs-Bezeichnungen (AOC) eingetragen. Die Bezeichnung “Munder Safran” ist damit geschützt.

Safran sei immer gefälscht worden, es werde auch mit Munder Safran Schindluderei betrieben. In der Schweiz würden in Restaurants Gerichte mit Munder-Safran angeboten, da sei kein Milligramm davon drin. Das sei nun dank der geschützten Bezeichnung endgültig verboten, sagt Zunftmeister Jeitziner.

“Es ist auch kein touristischer Gag”, sagt Daniel Jeitziner zum Thema AOC weiter. “Das brauchen wir nicht, die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem.”

Tatsächlich, Safran aus Mund ist rar und war lange Zeit teurer als zum Beispiel Gold. Ein Gramm kostet zur Zeit 12 Franken. “Bald wohl 13 oder 14”, sagt Daniel Jeitziner, “denn die AOC-Registrierung ist nicht gratis”.

Nebenerwerb

Wer sich zur Zeit in Mund umschaut, sieht rein gar nichts. Keine Safranblüten. Der Safrankrokus ist eine Zwiebel, sie steckt rund 10 Zentimeter tief im Boden. Aus dieser Zwiebel wachsen im Frühjahr grasartige grüne Blätter. Und erst im Herbst stossen die Blüten hervor und müssen sofort geerntet werden.

“In Mund braucht es rund 120’000 Blüten, um ein Kilo Safran zu gewinnen”, sagt Jeitziner. Dann gehen alle rund hundert Familien, die in Mund Safran anbauen mit Kind und Grosseltern, Verwandten und Bekannten auf das Feld und ernten Safran.

“Möchte man den Safrananbau existenzsichernd betreiben, würden Erntearbeiter gebraucht und das rechnet sich nicht”, sagt der Zunftmeister. “Deshalb wird es wohl immer ein Nebenerwerb bleiben.”

Die roten Fäden sind die guten

Wenn die Blüten geerntet sind, beginnt die Feinarbeit. Über den Blütenkelch hinaus ragen drei dunkelrote Fäden, Narbenschenkel genannt. Das sind die begehrten Safranfäden. Sie sitzen auf einem gemeinsamen gelben Stengel, der wie ein Stützpfeiler unter den drei Safranfäden steht.

Diese Fäden wegreissen, dass sei Familiensache. Alle sässen um den Tisch, und es werde viel erzählt und viel gelacht, so Jeitziner.

In guten Jahren werden in Mund vier Kilo (Trockengewicht) Fäden geerntet. Die Zunft hofft, den Ertrag eines Tages auf sechs Kilo steigern zu können.

“Munder Safran wird nur in Fäden verkauft, alles andere birgt die Gefahr von Fälschungen oder er ist mit billigerem Material gestreckt”. Das gelte auch für den Safran aus andern Anbaugebieten. Doch der Munder Safran sei geschmacklich eine Extraklasse.

Die AOC-Klassierungskommission habe das bestätigt, sagt Jeitziner. Das Geheimnis sei das saubere Pflücken der Safranfäden. Die gelben Fäden unterhalb der Narbe werden in Mund nicht gepflückt. “Wir nehmen nur die paar roten Fäden oben an der Narbe.”

Schweizer Wertarbeit. Nicht nur bei Uhren, auch beim Safran.

swissinfo, Urs Maurer, Mund

Die Safranzunft Mund wurde 1979 gegründet. Zunftmeister ist Daniel Jeitziner. Die Zunft pflegt, fördert und überwacht den Anbau des Safrans. Gepflegt wird aber auch die Geselligkeit.

In der Schweiz wird Safran nur im Dorf Mund oberhalb von Brig (Wallis) angebaut.

In einem guten Jahr werden rund 4 Kilo (trockene) Fäden geerntet.

Für ein Kilo braucht es rund 120’000 Blüten des Crocus sativus.

Das Gramm kostet 12 Franken.

Die Nachfrage ist grösser als das Angebot. Der Safran wird meist unter der Hand verkauft. Trotzdem wird alljährlich eine Bestell-Liste geführt.

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