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Sanktionen gegen Pakistan und Indien aufgehoben

George W. Bush setzt die Vorbereitungen für Miliäraktionen fort. Keystone

US-Präsident Bush hat die wirtschaftlichen und militärischen Sanktionen gegen Indien und Pakistan aufgehoben. Die USA und auch Grossbritannien setzen die Vorbereitungen für ihre Militäraktionen fort. Derweil bekräftigte das Taliban-Regime die Weigerung, Osama Bin Laden ausliefern. In Afghanistan wächst die Angst, Hunderttausende sind auf der Flucht. In Berlin, London und Los Angeles kam es zu Friedensdemonstrationen.

Bushs Entscheidung vom Samstag kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem Pakistan möglicherweise eine entscheidende Rolle bei einer amerikanischen Offensive gegen das benachbarte Afghanistan zukommt. Bush erklärte am Samstagabend, die Beibehaltung der Sanktionen “wäre nicht mehr im nationalen Sicherheitsinteresse der Vereinigten Staaten.” Die Strafmassnahmen wurden 1998 verhängt, nachdem die verfeindeten Nachbarstaaten erfolgreich Atomwaffen getestet hatten.

Unterdessen machte sich eine US-Militärdelegation auf den Weg nach Islamabad, um Details eines Vergeltungsschlages gegen Afghanistan zu besprechen. Der pakistanische Militärmachthaber General Pervez Musharaf hat den USA die Nutzung pakistanischen Luftraums und Zusammenarbeit auf militärischer und auf Geheimdienstebene angeboten. Auch Indien hat den USA Hilfe angeboten.

Taliban bekräftigen Weigerung

Derweil hat die afghanische Taliban-Regierung ihre Weigerung bekräftigt, den Fundamentalisten-Führer Osama Bin Laden auszuliefern. Die US-Forderung nach Auslieferung des mutmasslichen Terroristenchefs sei “nicht mit dem Islam und afghanischen Traditionen vereinbar”, sagte Taliban-Sprecher Abdul Hai Mutmaen am Sonntag. Den Nachbarländern drohte er mit “ernsten Konsequenzen”, sollten sie mögliche US-Angriffe auf Afghanistan unterstützen.

Zivilbevölkerung so weit als möglich schonen

Die USA verfügen nach Angaben von Außenminister Colin Powell über
genügend Beweise, um dem mutmaßlichen Terroristenchef Osama Bin Laden in den USA den Prozess zu machen. Schon vor den Anschlägen in New York und Washington hätten genügend Beweise für eine Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgelegen, sagte US-Außenminister Powell Freitagabend in einem Interview mit der
britischen BBC.

Er kündigte an, die USA wollten bei möglichen Konsequenzen gegen Afghanistan die Zivilbevölkerung so weit als irgend möglich schonen.

Mobilisierung läuft

Am Samstag hatte die US-Regierung weiteren 5’000 Reservisten den Marschbefehl erteilt, insgesamt sind damit bereits 10’303 Reservisten mobilisiert. Die Vorbereitungen für Vergeltungsangriffe gingen am Samstag weiter. Zahlreiche Soldaten, Flugzeuge und Flugzeugträger standen zur Entsendung in die Golfregion bereit.

In Afghanistans Nachbarland Usbekistan landeten erste US- Aufklärungsflugzeuge. Auf dem türkischen Luftwaffenstütztpunkt Incirlik war in den letzten Tagen eine rege Frequenz von An- und Abflügen von US-Maschinen beobachtet worden. Auch die britische Armee schickte Einheiten auf den Weg in die Region.

Von einem Luftwaffenstützpunkt im Bundesstaat Louisiana starteten in der Nacht zu Samstag mehrere B-52- Langstreckenbomber. Sie sollen dem Vernehmen nach an Stützpunkte am Persischen Golf verlegt worden sein. In Fernost verließ der US-Flugzeugträger “Kitty Hawk” seinen japanischen Stützpunkt.

Griechenland hat wie zuvor schon die Türkei der US-Luftwaffe die Nutzung seines Luftraums gestattet. Die greichische Presse berichtete am Sonntag, dies gelte haupsächlich für die Treibstoff-Versorgung von Kampfbombern, die in südöstlicher Richtung flögen.

Hunderttausende auf der Flucht

Nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks UNICEF warten schätzungsweise 900’000 afghanische Flüchtlinge an der Grenze darauf, sich nach Pakistan in Sicherheit bringen zu können. 300’000 drängten im Westen nach Iran und etwa 100’000 im Norden nach Turkmenien. Die Taliban-feindliche “Nordallianz” setzt im Norden Afghanistans ihre Offensive fort und rückt auf die Stadt Masar-e-Scharif vor, meldete die in Peshawar ansässige afghanische Nachrichtenagentur AIP.

Demonstrationen für den Frieden

In Berlin, London und Los Angeles versammelten sich am Samstag Kriegsgegner zu Friedensdemonstrationen. Vor rund 3’000 Kundgebungs-Teilnehmern in London sagte Carol Naughton von der Kampagne für atomare Abrüstung (CND), mit einem Angriff auf Afghanistan würde nur eine Spirale der Gewalt ausgelöst, “die einen grossen Aufstand gegen die USA und möglicherweise auch Grossbritannien auslösen wird”. In Los Angeles demonstrierten am Samstag etwa 500, in Seattle mehr als 100 Menschen gegen eine militärische Antwort auf die Terroranschläge vom 11. September.

Bisher 261 Tote geborgen

In New York gehen die Aufräumarbeiten weiter. Aus den Trümmern des World Trade Centers sind bisher 261 Tote geborgen worden, berichtete die New Yorker Polizei am Samstag. 194 Leichen seien bislang identifiziert worden. Die Zahl der Vermissten wird mit etwa 6’300 angegeben.

Hilfspaket für US-Fluggesellschaften

US-Präsident Bush hat eine milliardenschwere Finanzhilfe für die schwer angeschlagenen US-Fluggesellschaften gebilligt. Das 15-Milliarden-Dollar-Paket liefere dringend benötigte Hilfe, um die Sicherheit und die Stabilität des nationalen, kommerziellen Flugsystems zu sichern, erklärte Bush nach der Unterzeichnung des Gesetzentwurfes in Washington.

swissinfo und Agenturen

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