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Schon bald ein “Schweizer” Senator in Rom?

Sechs von 315 Senatssitzen sind für Ausland-Italiener reserviert. Keystone

Gewinnt Silvio Berlusconi oder Herausforderer Romano Prodi? Bei der Wahl vom 9. und 10. April reden die Italiener in der Schweiz ein Wörtchen mit.

Erstmals dürfen im Ausland lebende Italiener per Briefwahl in ihrer Heimat eigene Repräsentanten bestimmen und für einen Sitz in Rom auch kandidieren.

Seit fast einem Jahrhundert haben die im Ausland lebenden Italiener darauf gewartet, im Korrespondenzverfahren an den politischen Wahlen in ihrer Heimat teilnehmen zu können und eigene Vertreter in die beiden Kammern nach Rom zu schicken.

Dank eines im Jahr 2001 verabschiedeten Gesetzes geht dieser Wunsch bei den kommenden Wahlen am 9. und 10. April erstmals in Erfüllung. Aufwändige Reisen in die Heimat erübrigen sich so. Auf Antrag besteht allerdings nach wie vor die Möglichkeit, direkt in Italien zu wählen.

Weltweit können 3,5 Millionen Italiener an den politischen Wahlen teilnehmen – aufgeteilt in vier Wahlkreise: Die Schweiz gehört zum Wahlbezirk Europa, Türkei und Russland, der gut 1, 8 Millionen Personen zählt. Wahlberechtigt sind 375’000 Italiener in der Schweiz – viele von ihnen besitzen die doppelte Staatsbürgerschaft.

Eigenes Kontingent für Ausland-Italiener

Eine Besonderheit der anstehenden Wahlen ist nicht einfach die Teilnahme auf dem Korrespondenzweg. Aussergewöhnlich ist vor allem, dass die Ausland-Italiener erstmals eigene Vertreter nach Rom entsenden werden. Weltweit sind dies 6 (von 315) Senatoren und 12 (von 630) Abgeordnete .

Im Wahlkreis Europa werden zwei Senatoren und sechs Abgeordnete gewählt. Dies ist eine internationale Premiere, die auch der Auslandschweizer-Organisation als Vorbild dient. Die Schweiz kennt bisher kein Kontingent für Auslandschweizer im Parlament. Dazu wäre eine Verfassungsänderung nötig.

Allerdings wiegt die Stimme der Ausland-Italiener nicht so schwer wie diejenige ihrer Landsleute in der Heimat. Während zirka 190’000 italienische Wahlberechtigte im Ausland einen Parlamentarier wählen, kommen im Inland 40’000 Wahlberechtigte auf einen Abgeordneten.

Die Wahlberechtigten haben das Briefwahlmaterial von ihren jeweiligen konsularischen Vertretungen erhalten. Bis am Donnerstag, 6. April, müssen die Wahlzettel zurückgeschickt werden. Von den Konsulaten werden sie dann versiegelt nach Rom zur Auswertung gebracht.

Viele Schweizer Kandidaten

Elf Parteien, darunter natürlich “Forza Italia” von Premierminister Silvio Berlusconi und “L’Unione” des linken Herausforderers Romano Prodi kandidieren für das Abgeordnetenhaus. Zehn Parteien sind es für den Senat.

Unter den Kandidaten im Wahlkreis Europa sind Italiener mit Wohnsitz in der Schweiz sehr stark vertreten: 25 von 114 Kandidaten für das Abgeordnetenhaus und 11 von 34 Kandidaten, die sich um einen Sitz im Senat bewerben, leben in der Schweiz.

Unter den Spitzenkandidaten für “L’Unione” figuriert beispielsweise Franco Narducci (59) aus der Region Molise, der 1970 in die Schweiz kam und heute Vizepräsident der Gewerkschaft Syna ist. Für die Liste Tremaglia kandidiert die bekannte, in der Schweiz lebende Sängerin Rita Pavone (60).

Gemäss Angaben des italienischen Botschafters in der Schweiz, Pier Benedetto Francese, ist die Wahlbeteiligung in der Schweiz bisher sehr hoch. Dies beweise die starke Verbundenheit mit der Heimat. Francese rechnet mit einer Wahlbeteiligung von 60%.

Die konsularischen Vertretungen Italiens in der Schweiz haben ihrerseits tatkräftig geholfen, den Wahlkampf zu beleben. Sie händigten den politischen Parteien die Wählerlisten aus, wie auf Anfrage beim italienischen Konsulat in Bern bestätigt wird.

So erklärt sich, warum italienische Wähler in der Schweiz mit namentlich adressierter Wahlpropaganda bombardiert wurden.

swissinfo, Gerhard Lob

Für die parlamentarischen Erneuerungswahlen am kommenden 9./10. April können erstmals Italiener, die im Ausland leben, für ein Parlamentsmandat kandidieren.

Die Ausland-Italiener wählen ein eigenes Kontingent von sechs Senatoren und zwölf Abgeordneten.

Im Wahlkreis Europa, zu dem die Schweiz gehört, gibt es 114 Kandidatinnen und Kandidaten für das Abgeordnetenhaus und 34 für den Senat. 36 Kandidaten wohnen in der Schweiz.

Die Wahlunterlagen wurden von den Konsulaten versandt und mussten bis 26.März bei den Wahlberechtigten eintreffen. Die ausgefüllten Wahlzettel müssen bis Donnerstag, 6. April, an die konsularischen Vertretungen zurückgesandt werden. Andernfalls verlieren sie ihre Gültigkeit.

3,5 Millionen Italiener sind im Ausland in den Wahllisten eingetragen.
505’104 Italiener leben in der Schweiz (Grösste Ausländergemeinschaft in der Schweiz).
374’680 italienische Wahlberechtigte wohnen in der Schweiz.
2 Millionen italienische Wahlberechtigte leben in Europa.
885’673 in Südamerika.
403’597 in Nord- und Mittelamerika.
192’390 in Afrika, Asien, Ozeanien und der Antarktis.
18 (12 Abgeordnete und 6 Senatoren) werden im Ausland gewählt.

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