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Schulisch Schwache frühzeitig betreuen

Doris Leuthard und Isabelle Chassot, Präsidentin der kantonalen Erziehungsdirektoren-Konferenz. Keystone

Die Schweizer Lehrstellenkonferenz in Genf will mit gezielten Zusatz-Massnahmen die Lage auf dem Lehrstellenmarkt entspannen.

Schulisch Schwächere sollen individuell gefördert werden, um deren Einstiegschancen in die Berufswelt zu verbessern.

Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard rief am “Tag der Berufsbildung” in Genf die Beteiligten aller Stufen auf, trotz leichter Entspannung auf dem Lehrstellenmarkt nicht nachzulassen und weiterhin in den Bildungsbereich zu investieren.

Denn auch in diesem Jahr hätten rund 3000 Jugendliche kein passendes Ausbildungsangebot gefunden. Insgesamt haben sich laut Leuthard die bisherigen Massnahmen der Lehrstellenförderung aber bewährt und sollen weitergeführt werden: Der Einsatz von Lehrstellenförderinnen und -fördern, der Aufbau von Lehrbetriebsverbünden und die individuelle Begleitung von Jugendlichen.

Die Präsidentin der Schweizerischen Erziehungsdirektoren-Konferenz (EDK) Isabelle Chassot begrüsste die zusätzlichen Massnahmen. “Die berufliche Eingliederung ist die beste Garantie für die soziale Integration”, sagte die Freiburger Regierungsrätin (CVP).

Und auch der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV), Pierre Triponez sowie der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), Paul Rechsteiner, reagierten positiv. “Man sieht den politischen Willen, den Jungen eine Chance zu geben”, sagte Rechsteiner.

“Case Management”

Zusätzlich beschloss die Lehrstellenkonferenz nun, dass Bund und Kantone zusammen ein so genanntes “Case Management” einführen, um sozial und schulisch schwache Jugendliche bereits ab dem siebten Schuljahr zu identifizieren.

Lehrer, Berufsberater und Eltern sollen schon in dieser Phase einbezogen werden. “Jugendliche, die Hilfe brauchen, wollen wir an die Hand nehmen und individuell begleiten”, sagte Leuthard.

Laut dem Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) werden bei der Umsetzung die bestehenden Strukturen genutzt. Der Bund finanziert Pilotprojekte, gewährt Anschubfinanzierungen und unterstützt gegebenenfalls finanziell befristet bereits etablierte “Case-Management”-Massnahmen.

Coach an die Seite

Im neunten Schuljahr soll den Jugendlichen zudem ein Coach zur Seite gestellt werden, um sie bei der Berufswahl und der Lehrstellensuche zu unterstützen. Auch wer nach der obligatorischen Schulzeit keine Lehrstelle gefunden habe, werde so lange weiterbetreut, bis eine passende Lösung gefunden sei, sagte die Vorsteherin des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (EVD).

Die Begleitung der Jugendlichen wird dann als erfolgreich erachtet, wenn sie einen nachobligatorischen Ausbildungsweg abschliessen. Auf Migrantinnen und Migranten sowie Lehrabbrecher und -abbrecherinnen soll ein besonderes Augenmerk gerichtet werden.

Beratung auch für Lehrbetriebe

Parallel dazu soll laut Leuthard gemeinsam mit den Kantonen und den Organisationen der Arbeitswelt das Beratungsangebot für Lehrbetriebe ausgebaut werden.

Im Vordergrund stünden dabei die Unterstützung in rechtlichen, organisatorischen und sozialen Fragen sowie die Vermittlung bei Konflikten und Krisen. An die Jugendlichen appellierte Leuthard, die “Chance Berufsbildung” zu packen und die Lehre nicht beim ersten Problem hinzuschmeissen, sondern Einsatz zu zeigen und Freude am Beruf zu entwickeln.

Gemäss Leuthard sind bereits Fortschritte erzielt worden: Die Zahl der angebotenen Lehrstellen sei in den letzten Jahren um rund 2% gestiegen. An der Konferenz nahmen Vertreter von Bund, Kantonen und Wirtschaft sowie Spitzen der Gewerkschaften teil.

swissinfo und Agenturen

Per Ende August 2006 hat das Lehrstellenangebot im Vergleich zum Vorjahr um 2% auf 77’500 Plätze zugenommen.
Die Zahl der besetzten Lehrstellen stieg um 6% auf 74’000.
Im August dieses Jahres wusste einer von 14 Jugendlichen noch nicht, wie es in diesem Jahr weitergehen sollte oder bezeichnete sich als arbeitslos.
Dies entspricht rund 10’000 Personen, 1’500 weniger als im vergangenen Jahr.

Der Übergang von der obligatorischen Schulzeit zur Sekundarstufe II (Berufsbildung, Mittelschulen) ist eine der kritischen Phasen des Bildungswesens und bereitet vielen Jugendlichen Probleme.

Zurzeit verfügen 89% der jungen Erwachsenen über einen Abschluss auf Sekundarstufe II.

Diese Quote wird im internationalen Vergleich als hoch eingestuft (EU: 83%; OECD: 81%).

Die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren will diesen Anteil bis 2015 auf 95% erhöhen und damit mehr Jugendlichen den Einstieg ins Berufsleben erleichtern.

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