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Schwangerschafts-Abbruch legalisieren, nicht verbieten

Wäre Ende April abgestimmt worden, hätten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger Ja gesagt zur Fristenregelung . swissinfo.ch

Die erste repräsentative Umfrage zu den Abstimmungen zeigt: Die Mehrheit der Schweizer Stimmberechtigten ist für die Fristenregelung.

Die Fristenregelung will während der ersten 12 Wochen der Schwangerschaft die Abtreibung straffrei zulassen. Wäre Ende April über die Vorlage abgestimmt worden, hätten 64% der Stimmberechtigten zugestimmt. Bloss 23% wären dagegen gewesen. Dies zeigt die erste repräsentative Umfrage, die das GfS-Forschungsinstitut im Auftrag von SF DRS und TSR durchführte.

Befragt wurden 1255 Personen aus allen Landesteilen. Gemäss dieser Momentaufnahme wird die Fristenregelung, der Kompromiss, der nach jahrelangen Diskussionen im Parlament auf dem Tisch liegt, also angenommen.

Allerdings: Der Abstimmungskampf hat eben erst begonnen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass sich die Meinung verschiedener Stimmbürgerinnen und Stimmbürger noch ändern würden, schreiben die Autoren der Studie.

Restriktive Volksinitiative: 56% Nein-Anteil

Am 2. Juni stehen sich zwei Vorlagen diametral entgegen: Neben der Fristenregelung, die den heute de jure verbotenen Schwangerschafts-Abbruch legalisieren will, verlangt eine Volksinitiative das Gegenteil: Die Initiative “für Mutter und Kind” will ein Abtreibungs-Verbot in der Verfassung festschreiben. Nur wenn die Mutter durch die Schwangerschaft in akute körperliche Lebensgefahr gerät, soll gemäss dem Volksbegehren ein Abbruch erlaubt sein.

Die Umfrage zeigt nun: 56% der Stimmberechtigten sagen zurzeit Nein zum Abtreibungs-Verbot. Der Ja-Anteil beträgt 33%.

Tessin unklar

Von den Regierungsparteien hatten die Christdemokraten (CVP) Unterschriften gegen die Fristenregelung gesammelt, die Volkspartei (SVP) hat die Nein-Parole empfohlen. Dennoch kommt die Umfrage nun zum Schluss, dass die Basis den Empfehlungen ihrer Partei nicht strikte folgt: Von den SVP-Mitgliedern beispielsweise sind gegenwärtig 63% für die Fristenregelung.

“Halten sich die gegenwärtigen Stimmabsichten bis zum Schluss, würde sich die Bevölkerung in dieser Frage für reformfreudiger erweisen als die Parteispitzen im konservativen Parteilager”, so die GfS.

Zwischen Stadt und Land, alt und jung wie auch Mann und Frau stellte die Studie keine grossen Unterschiede in den Stimm-Absichten fest. Wichtige Ausnahme sind die Sprachregionen: In der Romandie wird die Fristenregelung deutlich angenommen (75%-Ja), in der Deutschschweiz etwas weniger ausgeprägt (62%-Ja), im Tessin hingegen ist die Zahl der Unentschiedenen überaus hoch. Hier sagen zurzeit 40% Ja, 34% Nein.

Hohe Stimmbeteiligung?

Gemäss der Umfrage wollen sich 46% der Stimmberechtigten auch wirklich an der Volksabstimmung beteiligen. “Dies verweist auf ein überdurchschnittliches Interesse der Bevölkerung für die anstehenden Entscheidungen”, schreiben dazu die GfS-Autoren.

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