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Schwarze: Gegen Rassismus und Diskriminierung

Künftig wollen sich Schwarze gezielter gegen Anfeindungen wehren. swissinfo.ch

Kommenden November soll in der Schweiz eine unabhängige Gesellschaft von Schwarzen gegründet werden. Rassismus dürfe nicht geduldet werden. Verschiedene Anzeichen weisen darauf hin, dass diese Initiative einem echten Bedürfnis entspricht.

Bereits seit einigen Monaten ist die Antirassismus-Kommission des Bundes beunruhigt über rassistische Handlungen gegenüber Schwarzen. So erinnert sie beispielsweise an die Schlägerei zwischen Afrikanern und Skinheads im Sommer 2000 in St. Gallen.

Eine Umfrage einer Reflexions- und Aktionsgruppe gegen den Rassismus gegen Schwarze hat diesen Frühling das beunruhigende Gefühl bestätigt: Kanyana Mutombo, Mitglied der Gruppe und Redaktionsleiter der Zeitschrift “Regards Africains”, erklärte, er sei selber überrascht gewesen, wie stark junge und auch erwachsene Schwarze im täglichen Leben dem Rassismus ausgesetzt seien.

Rassismus der Einen, Misstrauen der Anderen

“Körperliche Aggression ist selten, es gibt sie aber”, stellt Mutombo fest. Allerdings: “Der Rassismus äussert sich meist in Blicken und Anspielungen, in abschätzigen Bemerkungen und anzüglichen Scherzen.” All dies passiere in Discos und Restaurants, in der Schule und am Arbeitsplatz.

Was Kanyana Mutombo besonders erstaunt hat: Die meisten Personen, die diesem latenten Rassismus ausgesetzt sind, kennen die Anti-Rassismus- Bewegungen nicht oder wollen sich nicht an diese wenden, weil sie ihnen misstrauen.

Daher stammt die Idee, dass verschiedene Schwarzen-Vereinigungen und -Gemeinschaften sich selber zusammenschliessen sollen zu einer unabhängigen Dachorganisation. Diese soll gleichzeitig rassistische Phänomene in der Schweiz beobachten und das Terrain vorbereiten für konkrete Aktionen.

An einem ersten Treffen der vorbereitenden Arbeitsgruppe im Juni haben sich 120 Vertreter von verschiedenen Gemeinschaften versammelt und eine “Erklärung von Bern” gegen Rassismus verabschiedet. Dabei geht es ihnen mehr um Aufklärungsarbeit und Vermittlung als um Repression.

Im Spannungsfeld zwischen Herkunfts- und Gastland

Die offiziellen Statistiken geben keine Auskunft über die Zahlen der Schwarzen Bevölkerung in der Schweiz. Geschätzt werden 30’000 bis 50’000 Personen, die hauptsächlich in den grossen Zentren Genf, Lausanne, Zürich und Basel leben.

Insgesamt sind es rund 30 Verbände, in denen sich Schwarze zu Festen, Sportanlässen oder Solidaritätstreffen zusammenfinden. Die Gemeinschaften organisieren sich nach den Herkunftsländern der Teilnehmenden – doch sie können bei weitem ihren Angehörigen nicht alles abnehmen.

Die “Schwarzen” sind keine homogene Gruppe: Neben der Aufsplitterung nach Herkunftsregionen gibt es afrikanische sowie afro-amerikanische Identitäten, nicht zu vergessen die immer zahlreicher werdenden jungen Mischlinge.

Enttäuschende Schweizer Diplomatie

Es ist kein Zufall, dass die Initiative für eine Vereinigung gegen Diskriminierung gerade jetzt lanciert wird. Die Vorbereitungen für die Weltkonferenz gegen Rassismus, die demnächst in Südafrika stattfinden wird, hat ebenfalls als Katalysator gewirkt. “Wir erwarteten da viel von der Schweiz”, sagt Kanyana Mutombo. Die Vergangenheitsform wählt er bewusst – denn die Regierung habe eine einmalige Chance vertan. “Die Schweiz war kein Sklavenhandel-Land und auch kein Kolonialstaat”, erinnert er. “Sie hatte deshalb die Möglichkeit, eine Vermittlerrolle einzunehmen in der eminent wichtigen Frage der Wiedergutmachung für begangenes Unrecht”.

Allerdings habe die Schweiz dies nicht gemacht, sondern bloss die Haltung der westlichen Länder übernommen. “Diese Haltung kann man nicht rechtfertigen, und dies ist sehr schade”, ergänzt Mubombo. “Wir werden den Kampf weiterführen, damit wir in Bern besser gehört werden.”

Bernard Weissbrodt

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