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Schweiz rüstet sich gegen die Vogelgrippe

Einfuhrstopp für Geflügelprodukte aus Asien. Keystone

Falls ein mutiertes Vogelgrippe-Virus auf Menschen übergreifen würde, könnte eine weltweite Epidemie ausbrechen. Die Schweiz hat bereits eine Reihe von Massnahmen getroffen.

Ab dem 1. April muss die Pharma-Industrie Grippemedikamente lagern, und auf den Flughäfen informieren neu Plakate über das Importverbot von Geflügel.

Die Schweizer Pharma-Industrie wird ab dem 1.April Grippemedikamente lagern. Der Bundesrat will damit Vorkehrungen gegen eine kontinentale oder gar weltweite Verbreitung von Viren wie etwa der Vogelgrippe treffen. Die entsprechende Änderung der Verordnung über die Pflichtlagerung von Antibiotika wurden vor dem Hintergrund der Vogelgrippefälle in Asien vollzogen.

Weiter werden auf Schweizer Flughäfen Plakate die Reisenden auf das Importverbot von asiatischem Geflügel aufmerksam machen. Das teilte das Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) am Dienstag mit. Das Verbot war bereits vor zwei Wochen verhängt worden.

Aus den von Vogelgrippe, auch Geflügelpest genannt, betroffenen Ländern Asiens dürfen keine Vögel, kein Vogelfleisch, keine Eier, keine Federn und kein Tierfutter eingeführt werden.

Bundesämter haben dasselbe Ziel

Das BVET will damit verhindern, dass die Vogelgrippe in Schweizer Geflügelbestände eingeschleppt wird.

Auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) muss sich mit dem Influenza-Virus H5N1, dem Auslöser der Vogelgrippe, befassen. Das Virus könnte beispielsweise durch eine erkrankte Person in die Schweiz gebracht werden.

“Das könnte via einen Flughafen passieren”, sagt Hans C. Matter, Leiter der Sektion “Früherkennung und Epidemiologie” beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) gegenüber swissinfo. “Das Risiko ist aber sehr klein.” Trotzdem wurde eine Infoline eingerichtet, wo sich Reisende informieren können, die nach Asien fliegen.

Pilot würde Vogelgrippe melden

Beim Zürcher Flughafen Unique gibt man sich gelassen. “Es gibt ein generelles Konzept für Epidemien”, sagt der zuständige Spezialist von Unique gegenüber swissinfo. “Wenn ein Pilot einen Verdachtsfall meldet, wird das Flugzeug nach der Landung separiert.”

Die betroffene Person würde medizinisch versorgt, von allen andern Passagieren würden Adresse und Erreichbarkeit in der Schweiz aufgenommen. “Wir sind gleich gut vorbereitet wie auf SARS.”

Autosalon hat noch Schutzmasken

Wegen der letzten Virus-Epidemie, vor der sich die Schweiz schützen musste, des “Schweren Akuten Respiratorischen Syndroms” (SARS), hatte der Bund im Frühling 2003 asiatische Aussteller für die Uhren- und Schmuckmesse in Basel gesperrt.

Die nächste grosse Messe in der Schweiz ist der internationale Autosalon Anfang März in Genf. “Wir haben glücklicherweise nicht so viele Aussteller aus Asien”, sagt Pressechef René Lambelet und natürlich halte man Kontakt mit dem Kantonsarzt. Auch sonst ist man vorbereitet: “Wir haben noch vom letzten Jahr ein Lager an Mundschutz-Masken.”

Notfallszenario bei Pandemie

Die allgemeine Gelassenheit würde augenblicklich in höchste Betriebsamkeit umschlagen, sollte die Weltgesundheits-Organisation (WHO) den Ausbruch einer so genannten Pandemie bekannt geben. Eine Pandemie ist die zeitlich begrenzte, weltweit massive Häufung einer Infektions-Krankheit.

Im letzten Jahrhundert kam es zu drei Pandemien. An der Spanischen Grippe von 1918 bis 1920 starben in der Schweiz fast 25’000 Menschen, 0,6% der Gesamtbevölkerung.

Eine Pandemie könnte sich dann ereignen, wenn das Vogelgrippe-Virus sich so veränderte, dass es plötzlich von Mensch zu Mensch übertragen würde. Dies könnte passieren, wenn eine Person gleichzeitig am Vogelgrippe-Virus und einem menschlichen Grippevirus erkranken würde und es zu einem Austausch von Genmaterial zwischen den beiden Viren kommen könnte.

“Wir sind sehr gut mit der WHO vernetzt”, sagt Matter vom BAG. “Wir haben eine spezielle Handynummer während 24 Stunden im Einsatz, auf der man uns sofort informieren würde.”

Impfung für den Bundesrat

Laut dem Pandemieplan aus dem Jahr 2000, einem Expertenbericht im Auftrag des Bundes, müsste in diesem Fall alles daran gesetzt werden, möglichst schnell einen Impfstoff zu entwickeln. Speziell bedrohte Bevölkerungsgruppen, aber auch Spitalpersonal, Polizei, Feuerwehr und Landesregierung würden als erste geimpft.

“Sicherlich wären unter den ersten 100’000 Impfstoffdosen auch sieben Dosen für die Impfung des Bundesrates verfügbar”, sagt Matter, “aber zur Zeit gibt es noch gar keine Impfung.”

Labors auf der ganzen Welt arbeiten gegenwärtig für die WHO mit Hochdruck an einer Impfung. Erst wenn ein sogenannter Virus-Stamm definiert ist, kann die Produktion überhaupt beginnen. In der Schweiz würde das die Firma Berna Biotech übernehmen.

Impfstoff innert drei Monaten

“Bei einem Pandemiefall würden wir mit dem Flugzeug schnellstmöglich den Stamm aus London abholen und in die Schweiz fliegen”, sagt Robert Mischler, Produktionsleiter der Berna Biotech gegenüber swissinfo. “Das nächste wäre ein Produktionsstopp der normalen Produktion.”

Eier würden mit dem Stamm infiziert, nach 48 Stunden würde sich das Virus im Fruchtwasser des Eies sammeln. Nach mehreren Durchgängen könnte die Grossproduktion des Impfstoffes beginnen. Bis diese anlaufen könnte, würde es beim abgekürzten Verfahren eines Pandemiefalles zwei bis drei Monate dauern.

“Wir sprechen hier von Zehntausenden von Eiern”, macht Mischler deutlich. Alle Eier würde die Firma aus der Schweiz beziehen. “Da gibt es vielleicht für ein paar Tage im Grossverteiler keine Dreiminuten-Eier mehr, aber wir können genug besorgen.”

swissinfo, Philippe Kropf

Geflügelgrippe bisher aufgetaucht in:

Indonesien
Japan
Kambodscha
Laos
Pakistan
Republik Korea
Thailand
Vietnam
Taiwan
China.

Eine Pandemie wird der weltweite Ausbruch einer Infektionskrankheit genannt. Die letzte fand in der Schweiz zwischen 1918 und 1920 statt. Es starben dabei fast 25’000 Menschen an der Spanischen Grippe.

Das Vorgehen bei einer Pandemie wird vom Bund geregelt; Bundesstellen würden eine Krisenstab einrichten. Oberstes Ziel wäre die Herstellung eines Impfstoffes.

Damit würden zuerst gefährdete Bevölkerungsgruppen, Sicherheitsdienste und der Bundesrat geimpft.

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