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Schweiz will im Konflikt zwischen Israel und Hamas helfen

Anhänger umringen den ehemaligen palästinensischen Ministerpräsidenten und Hamas-Führer Ismail Hanija. Keystone

Bern versucht, die Beziehungen zwischen Israel und der Hamas zu fördern. Die Schweiz hat sich an der Ausarbeitung eines Dokuments beteiligt, das die Bedingungen für eine langfristige Waffenruhe aufzeigt.

Die Existenz dieses Dokuments, das bereits seit 2006 vorliegt, wurde am Donnerstag von Botschafter Thomas Greminger bestätigt. Israel will derzeit keinen Kommentar abgeben.

Botschafter Thomas Greminger bestätigte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA, dass es dieses “Schweizer Dokument” gibt.

Es sei in den letzten Tagen von verschiedenen palästinensischen Verantwortlichen erwähnt worden, existiere aber bereits seit 2006.

Es handle sich um ein Papier der Hamas, betonte der Leiter der politischen Abteilung IV des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA).

Das Dokument basiere auf den Ideen der islamistischen Organisation. Es sei das Ergebnis von monatelangen Kontakten zwischen allen palästinensischen Parteien.

Keine Vermittlung

Die Schweiz habe die Rolle einer “Ideen-Schöpferin” eingenommen, sagte Greminger. Sie habe aber nicht zwischen Israel und der Hamas vermittelt.

Alle betroffenen Parteien seien zumindest informell informiert worden, auch Israel. Die israelische Botschaft in Bern wollte auf Anfrage dazu keinen Kommentar abgeben.

Der palästinensische Präsident und Führer der Hamas-Rivalin Fatah, Mahmud Abbas, wurde von Aussenministerin Micheline Calmy-Rey persönlich ins Bild gesetzt. Die Schweiz wolle nichts hinter Abbas’ Rücken unternehmen, betonte Greminger.

Langfristige Waffenruhe

Das Dokument war im Laufe des Jahres 2006 dem damaligen palästinensischen Ministerpräsidenten und Hamas-Führer Ismail Hanija unterbreitet worden.

Das Schlüssel-Element ist laut Greminger, dass die Hamas bereit ist, über eine langfristige Waffenruhe (arabisch: Hudna) zu verhandeln, und nicht über ein Friedensabkommen.

Die Organisation würde ausserdem die Existenz Israels anerkennen, ohne den jüdischen Staat formell anerkennen zu müssen.

Laut Medienberichten beinhaltet das Dokument neben der Waffenruhe einen Stopp des Beschusses Israels durch palästinensische Raketen, einen Stopp der gezielten Tötung militanter Palästinenser durch Israel, die Aufhebung von gewissen Sperren rund um den Gazastreifen und einen Gefangenenaustausch.

Israel irritiert

Auf der palästinensischen Seite wurde die Situation im vergangenen Sommer komplizierter, als die Hamas die Kontrolle über den Gazastreifen gewaltsam an sich riss und die Fatah vertrieb.

Als Reaktion löste Präsident Abbas die Regierung Hanijas auf und berief ein neues Kabinett ein. Dieses geniesst zwar die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, wird von der Hamas aber nicht anerkannt.

Die Schweiz habe gehofft, das Dokument werde ein Stützpfeiler für eine Einheitsregierung, sagte Greminger. Dies habe sich jedoch nicht verwirklicht.

Anders als zahlreiche westliche Länder ist die Schweiz bereit, mit Vertretern von beiden palästinensischen Organisationen zu verhandeln. Für Bern gibt es keine Lösung für einen dauerhaften Frieden ohne Einbezug aller Gruppierungen.

Die Kontakte zwischen Schweizer Diplomaten und Hamas-Abgeordneten verstimmen jedoch die israelischen Behörden. Diese – wie auch die EU und die USA – stufen die Hamas als terroristische Organisation ein.

swissinfo und Agenturen

Seit einigen Jahren spielt die Schweiz eine aktive Rolle als Vermittlerin im israelisch-palästinensischen Konflikt.

Berühmt in diesem Zusammenhang wurde die Genfer Initiative, ein von der Schweiz unterstützter Friedensplan, der von den beiden Ex-Ministern Yossi Beilin (Israel) und Yasser Abd Rabbo (Palästina) ausgearbeitet wurde.

Das Dokument sieht namentlich eine Teilung der Souveränität über Jerusalem, die Hauptstadt beider Staaten würde, und den Rückzug beider Staaten auf die Grenzen von 1967 vor. Auch die Modalitäten über die Rückkehr von palästinensischen Flüchtlingen wird geregelt.

Die Initiative blieb aber Makulatur, trotz internationaler Unterstützung namhafter Persönlichkeiten, unter ihnen der aktuelle Aussenminister Frankreichs, Bernard Kouchner, Ex-US-Präsident Jimmy Carter und Nelson Mandela.

Die palästinensische Autonomiebehörde hatte mit einer gewissen Zurückhaltung reagiert. Laut der Hamas fehlt im Dokument ein umfassendes Recht auf Rückkehr für palästinensische Flüchtlinge.

Der damalige israelische Premierminister Ariel Scharon hatte die Genfer Initiative klar zurückgewiesen und sie als gefährlich für sein Land bezeichnet.

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