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Schweizer Akademiker leben länger

Die Vorteile kommen später. Keystone

Schweizerinnen und Schweizer mit guter Bildung leben bis zu sieben Jahre länger als ihre Landsleute mit obligatorischer Schulbildung.

Laut den Autoren einer Studie, der ersten dieser Art in der Schweiz, sind neue Gesundheits- und Sozialstrategien nötig, um diese Ungleichheit zu beseitigen.

Die Schweiz gehört zu den Ländern mit der höchsten Lebenserwartung – 77,9 Jahre für Männer und 83 Jahre für Frauen. Doch wie lange man lebt, hängt nicht nur vom Geschlecht ab.

Forscher der Universitäten Bern und Zürich fanden heraus, dass auch die Bildung eine Rolle spielt. Untersucht wurde die Sterblichkeit der Schweizer Bevölkerung seit der Volkszählung 1990.

Im Alter von 30 Jahren ergibt sich bei der Lebenserwartung der Männer zwischen höchster und tiefster Bildungsstufe eine Differenz von 7,1 Jahren. Im Alter von 65 Jahren wird die Differenz kleiner und beträgt noch 3,5 Jahre – allerdings auch hier zu Gunsten der Akademiker.

Zu diesen Schlüssen kommt die im Fachblatt “Swiss Medical Weekly” veröffentlichte Studie der Institute für Sozial- und Präventivmedizin der Universitäten Bern und Zürich.

Geringere Differenzen bei Frauen

Bei den Frauen lässt sich die Tendenz grundsätzlich auch feststellen, allerdings fallen hier die Differenzen tiefer aus. Im Alter von 30 Jahren sind es 3,6 Jahre, mit 65 sind es noch 2,7 Jahre.

Der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen Männern und Frauen bleibe damit jedoch bedeutender als derjenige zwischen verschiedenen Bildungsabschlüssen.

Selbstverständlich lebe niemand einfach länger, weil er studiert habe, betont Adrian Spörri, Forscher in Bern und einer der Autoren. Bildung umschreibe zahlreiche Aspekte des Lebens, wie zur Verfügung stehende finanzielle Mittel, soziales und berufliches Umfeld sowie den Umgang mit Risiken und dem Gesundheitswesen.

Wer also bessere Voraussetzungen und Chancen habe, eine höhere Ausbildung zu besuchen, werde in vielen Bereichen des täglichen Lebens bevorteilt und lebe dadurch länger.

“Es ist die Summe dieser Faktoren, die schliesslich zu einer höheren Lebenserwartung führt”, sagt Spörri gegenüber swissinfo.

Risikogruppe

Die Autoren der Studie kamen zudem zum Schluss, dass junge Männer und solche mittleren Alters eine besondere Risikogruppe darstellen, die besonders beachtet werden sollte.

Ein Grossteil der Todesfälle in dieser Gruppe sind auf Herzkrankheiten, Suizide und Unfälle zurückzuführen, besonders häufig verursacht wegen Alkohol. Männer in dieser Gruppe neigen auch häufiger zum Rauchen, Trinken oder zu Übergewicht.

“Wir müssen den jungen Männern mehr Optionen anbieten, eine bessere Bildung zu erhalten”, betont Spörri. “Das Schweizer Schulsystem ist sehr selektiv. Wer nicht genügt, schafft es nicht in die Sekundarschule. Im späteren Leben verpassen viele den Anschluss.”

Laut den Forschern landen viele, die mit 16 die Schulbildung abschliessen, in physisch belastenden Berufen. Dies ist bei Frauen weniger der Fall, darum auch der geringere Unterschied in der Lebenserwartung zwischen Akademikerin und Fliessband-Arbeiterin.

Früher in Rente?

Die Erkenntnisse der Studie könnten besonders bei den Diskussionen um Chancengleichheit beim Zugang zu Bildung oder bei der Debatte um unterschiedliche Rentenalter von Interesse sein, schliessen die Forscher.

“Dies könnte bedeuten, dass Menschen mit körperlich anstrengenden Berufen früher in Rente gehen könnten”, sagte Spörri.

swissinfo, Adam Beaumont
(Übertragen aus dem Englischen: Christian Raaflaub)

Nur die Menschen in Japan und Monaco leben länger als jene in der Schweiz, wo die Lebenserwartung bei 77,9 Jahren für Männer und 83 Jahren für Frauen liegt.

Die Studie stützte sich auf die Volkszählung 1990. Daten von über 3,06 Millionen Schweizerinnen und Schweizer aus dem deutschsprachigen Landesteil wurden überprüft.

Die grössten Unterschiede fanden die Forscher bei jungen Männern; bei den Frauen waren sie weit weniger gross.

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