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Schweizer Bankiervereinigung warnt EU

Georg Krayer (li.) und Urs Roth markieren Entschlossenheit gegenüber der EU. Keystone

Die Schweizerische Bankiervereinigung warnt die Europäische Union davor, die OECD als Plattform zu benutzen, um ihren Kampf gegen das Schweizer Bankgeheimnis fortzusetzen.

Ein solches Vorgehen wäre “inakzeptabel”, erklärte die Bankiervereinigung in Zürich.

Die Warnung der Bankiervereinigung an die Adresse der EU erfolgt rund zwei Wochen, nachdem sich die Finanzminister der EU-Staaten untereinander auf einen Kompromiss in der Zinsbesteuerungs-Frage geeinigt hatten. Im Kampf der EU gegen Steuerhinterziehung und Kapitalflucht wollte Brüssel von der Schweiz einen automatischen Informationsaustausch über Konten von EU-Staatsangehörigen in der Schweiz.

Dieses Ansinnen wurde und wird von der Schweiz strikt abgelehnt – mit Hinweis auf das Bankkunden-Geheimnis. Stattdessen offerierte die Schweiz der EU als “gleichwertige Massnahme” die Einführung einer Quellensteuer von bis zu 35%. Dies wollte die EU lange nicht hinnehmen.

Kompromiss innerhalb der EU

Vor zwei Wochen nun lenkten die EU-Finanzminister ein und schlossen einen Kompromiss, nachdem es ihnen nicht gelungen war, drei ihrer Mitglieder – Belgien, Luxemburg und Österreich – dazu zu bringen, ihr Bankgeheimnis ganz abzuschaffen. Der Kompromiss erlaubt diesen drei EU-Staaten, statt des Informationstausches vorerst weiterhin eine Quellensteuer zu erheben, bis Drittstaaten wie die Schweiz einen Informationsaustausch auf Anfrage einführen.

Mit ihrer Warnung an die Adresse der EU, den Kampf gegen das Schweizer Bankgeheimnis nicht via die Organisation für Wirtschaft und Entwicklung (OECD) weiterzuführen, folgt die Bankiervereinigung Finanzminister Kaspar Villiger.

Dieser hatte nach dem Kompromiss der EU-Finanzminister erklärt, Brüssel habe einsehen müssen, dass die Schweiz keine “Steuerparadies” sei. Daher sollte die Schweiz auch nicht von der OECD ins Visier genommen werden, die ihren eigenen Kampf gegen Steueroasen führt.

Offene Fragen



Urs Roth, Geschäftsführer der Bankiervereinigung, erklärte am Mittwoch in Zürich weiter, die EU habe endlich “ihren Sinn für die politische Realität” wiedergefunden, indem sei eingesehen habe, dass die einzig gangbare Lösung das Nebeneinander von Quellensteuer und Informationsaustausch sei.

Bevor die Schweiz aber mit der EU aber das Zinsbesteuerungs-Abkommen unterzeichnen könne, gelte es noch eine Reihe offener Fragen zu lösen, die für die Bankiervereinigung wichtig seien, sagte Roth. “Wir haben wohl einen kleinen Sieg errungen, doch der Weg zum Ziel ist noch lange.”

Vor allem werde die Schweiz sich wehren, wenn sie im Vergleich zu EU-Staaten diskriminierend behandelt werde, was ihren Status als Drittland betreffe. “Was den Zinssatz angeht, sind wir nicht bereit, unsere Kunden stärker zu belasten, als dies in einem EU-Land der Fall wäre”, so Roth weiter. Der Schweizer Vorschlag zur Quellensteuer sei “grosszügig”, die Schweiz dürfe nicht zweimal zur Kasse gebeten werden.

“Inakzeptabler” Druck



“Es wäre inakzeptabel, wenn die EU nun die OECD missbrauchen würde, um Druck auf die Schweiz auszuüben, ihr Bankgeheimnis abzuschaffen”, unterstrich Roth. Der Antrag der EU-Finanzminister an die EU-Kommission, den Druck auf die Schweiz aufrechtzuerhalten und auf einen automatischen Informationsaustausch zu drängen, sei “unehrlich und völlig inakzeptabel”.

Wenn der Druck auf die Schweiz nun noch auf OECD-Ebene verschoben werde, könne es in der Zinsbesteuerung kein Abkommen geben, so Roth.

Die Schweizerische Bankiervereinigung hat nach eigenen Angaben keine präzisen Informationen von andern Drittländern, die von den Entwicklungen in der EU ebenfalls betroffen sind. “Wir wissen aber, dass die USA keine Absicht haben, mit der EU darüber Verhandlungen aufzunehmen – sie sind gegen eine Quellensteuer und gegen den automatischen Informationsaustausch”, erklärte Roth weiter.

Bitteres Gerangel



Laut Roth machten die harten bilateralen Verhandlungen und das bittere Gerangel in der EU deutlich, dass die internationalen Finanzplätze in einen schonungslosen Kampf um die besten Rahmenbedingungen verwickelt seien. Man sei zwar einem Abkommen zwischen der Schweiz und der EU einen Schritt näher gekommen. Bevor ein Vertrag abgeschlossen werden könne, brauche es jedoch bei den offenen Fragen eine befriedigende Lösung.

Die Bankiervereinigung behalte sich daher ihr Urteil noch vor. “Wir geben keine definitive Stellungnahme ab, bevor wir alle Details eines allfälligen Abkommens zwischen der Schweiz und der EU kennen”, unterstrich Roth.

swissinfo, Robert Brookes
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

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