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Schweizer Forscher im Ballon über den Kilimandscharo

Die Expedition ist sowohl eine Herausforderung für die Piloten wie auch ein wissenschaftliches Experiment. Keystone

Eine Gruppe schweizerischer und deutscher Wissenschafter bereitet sich auf eine ungewöhnliche Expedition vor: Sie wollen im Heissluftballon über den Vulkan Kilimandscharo in Tansania fliegen.

Das zweiwöchige Projekt, lanciert von der Tessiner Heissluftballon-Gruppe Balloon Team aus Lugano, will mit einem Ballon über dem Vulkan untersuchen, welchen Einfluss Aerosole, kleine Partikel in den vulkanischen Dämpfen, auf Klima und Gesundheit haben.

Die Mineralogen der Universitäten Freiburg (Westschweiz) und Freiburg im Breisgau (Süddeutschland) werden damit die ersten Wissenschafter sein, die solche Daten mit einem Heissluftballon sammeln.

Für den Schweizer Piloten Ernesto Merz ist es wichtig, dass eine solche Expedition wissenschaftliche Zwecke verfolgt. In diesem Fall geht es darum, mehr über das Klima herauszufinden, das alle Menschen betrifft.

“Als Piloten sind wir sehr umweltbewusst, und ein Heissluftballon ist perfekt, um Messungen vorzunehmen, denn im Gegensatz zu einem Flugzeug verschmutzt er die Luft nicht und ist völlig stabil”, erklärt Merz, der auch Vizepräsident des Verbands Schweizer Ballonfahrer ist, gegenüber swissinfo.ch.

Mit dabei sind Leute aus allen Fachrichtungen: Zwei Piloten, drei Wissenschafter, ein Meteorologe sowie zwei Kameramänner und eine Journalistin, die einen Dokumentarfilm drehen werden.

Wissenschaftliche Ziele

Die Expedition ist ein interdisziplinäres Projekt, das die Herausforderungen der Ballonfahrt mit dem wissenschaftlichen Experiment kombiniert.

Mario Meier schreibt seine Doktorarbeit über vulkanische Aerosole und deren Auswirkungen auf das Klima und die Gesundheit.

Der Ausbruch eines isländischen Vulkans im letzten Frühjahr, der fast die Hälfte des weltweiten Flugbetriebs während Tagen lahmlegte, weckte das Bewusstsein für diese von Vulkanen produzierten Aerosole. Der Fall des Kilimandscharo aber ist anders als jener von Island, da er nur Gas ausströmt und keine Vulkanasche.

Das wissenschaftliche Ziel der Expedition ist das Sammeln von Daten aus dem vulkanischen Rauch des 5895 Meter hohen Hauptkraters. Es wird das erste Mal sein, dass diese Art von wissenschaftlicher Forschung in einem Heissluftballon durchgeführt wird.

Zudem werden die Wissenschafter den Berg mit Infrarot-Kameras fotografieren, um die Entwicklung des Eisschildes auf dem Kilimandscharo, die vulkanische Aktivität und die Beschaffenheit des Vulkans zu analysieren.

Diese Daten könnten mehr Informationen über den Zustand des Klimawandels liefern. Es wird vermutet, dass Aerosole einen Einfluss auf das Klima haben, oder zumindest auf das lokale Wetter.

Es soll auch herausgefunden werden, zu welchem Anteil die winzigen Partikel, die der Vulkan in die Luft entlässt, die Gesundheit von Menschen beeinflussen. Die Aerosole könnten in Lungen und Blutbahn gelangen und Atembeschwerden oder Krebs verursachen, erklärte Meier gegenüber swissinfo.ch.

Eines der Probleme, die auftreten könnten: Die Wissenschafter werden sehr hoch fliegen müssen, wo aber die Konzentration an Aerosolen eher klein ist. Trotzdem erwarten sie, genügend morphologische und chemische Daten zu sammeln, die helfen sollten, das zukünftige Verhalten des Vulkans zu verstehen.

Herausforderung

Das Team des Ballons wird eine ganz andere Herausforderung zu meistern haben. Es könnte zwar sein, dass die Flughöhe von etwa 7000 Metern die Ballonfahrer vor ein Problem stellen könnte, doch Merz winkt ab: Er sei es gewohnt, jedes Jahr mit spezieller Kleidung und Sauerstoff die Alpen auf einer Höhe zwischen 5000 und 6000 Metern zu überqueren.

Was den Ballonfahrern am meisten zu schaffen machen wird, sind die Winde und das Klima. Nur 300 km südlich des Äquators gibt es fast keine Erdrotationskraft (Corioliskraft), weshalb in grosser Höhe zu wenig Wind herrschen könnte.

Daher hat das Team einen Meteorologen dabei, der mit lokalen Experten zusammenarbeiten und mit einer amerikanischen Wetterstation auf dem Kilimandscharo in Kontakt stehen wird.

Merz hofft, dass dieses interdisziplinäre Projekt andere Piloten inspirieren wird, zusammen mit Wissenschaftern auf Expeditionen zu gehen, um den Klimawandel eingehender zu studieren.

Emily Wright, swissinfo.ch
(Übertragen aus dem Englischen: Christian Raaflaub)

Der riesige Kegelvulkan im Norden Tansanias ist mit 5895 Metern der höchste freistehende Berg der Welt.

Sein herausragendes Merkmal ist der weisse Eisschild auf dem Kraterrand – Gletscher, deren Fläche innert 100 Jahren um 80 Prozent abgenommen haben.

Bis Ende dieses Jahrhunderts wird das Eis laut Schätzungen ganz verschwunden sein.

1987 wurde der Kilimandscharo-Nationalpark als Unesco-Welterbe anerkannt.

Bereits 2009 haben sich vier Mitglieder der Expedition während einer Woche in Arusha, Tansania aufgehalten, um in Kontakt mit lokalen Behörden zu treten und professionelle Landkarten zu kaufen.

Sie untersuchten mögliche Startplätze im Ost/Nordosten des Berges und hielten während eines Inspektionsflugs Ausschau nach Landemöglichkeiten im Süd/Südwesten des Berges.

Vor Ort schlossen sie Bekanntschaft mit zwei lokalen Meteorologen, mit denen sie Wetterdaten austauschten.

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