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UBS-Steuerstreit und der Fall Weil

Mit dem soeben freigesprochenen Ex-UBS-Mann Raoul Weil stand in den USA erstmals ein Schweizer Topbanker wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor Gericht. Nachfolgend ein Überblick zum UBS-Steuerstreit und seinen Folgen.

April 2008: Die US-Behörden verdächtigen UBS-Kundenberater, Amerikaner zum Steuerbetrug animiert zu haben und leiten ein Verfahren ein. Ausgangspunkt der Affäre ist der ehemalige UBS-Vermögensverwalter Bradley Birkenfeld, der Beihilfe zur Steuerhinterziehung zugibt.

6. Juni 2008: Die USA verlangen mit einem Amtshilfegesuch von der Schweiz Daten von bis zu 20’000 amerikanischen UBS-Kunden.

21. April 2008: Im Flughafen von Miami wird mit Martin Liechti, dem Chef des Vermögensverwaltungsgeschäfts in den USA, erstmals ein Topmanager der UBS verhaftet. Liechti wird während vier Monaten als Zeuge unter Hausarrest gestellt.

16. Oktober 2008: Der Bund unterstützt per Notrecht die kriselnde UBS mit 6 Mrd. Franken. Überdies übernimmt die Schweizerische Nationalbank von der UBS faule Wertpapiere von 40 Mrd. Dollar.

12. November 2008: Raoul Weil, der Chef des weltweiten Vermögensverwaltungsgeschäfts der UBS, wird in Abwesenheit von einem Gericht in Florida wegen Beihilfe zu Steuerhinterziehung angeklagt und später als Flüchtiger ausgeschrieben.

18. Februar 2009: Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) verfügt auf Druck der USA die Herausgabe von 250 UBS-Kundendossiers. Das Amtshilfegesuch wird zurückgezogen. Die UBS bekennt sich schuldig und bezahlt 780 Millionen Dollar an die US-Justiz, um sich von der Strafverfolgung freizukaufen.

21. Februar 2009: Die USA fordern gerichtlich die Herausgabe von weiteren 52’000 UBS-Kundendaten, was der Bundesrat später in einem Grundsatzentscheid verbietet.

30. April 2009: Raoul Weil, nach der Anklage in den USA zunächst suspendiert, verlässt die UBS, um sich auf seinen Gerichtsfall zu konzentrieren.

19. Aug. 2009: Bern und die US-Steuerbehörde IRS einigen sich auf ein Abkommen, wonach die Schweiz nur Informationen von 4450 Konten an die USA ausliefern muss.

8. Januar 2010: Das Bundesverwaltungsgericht blockiert die Herausgabe der UBS-Kundendaten. Das Abkommen mit dem IRS wird darauf angepasst.

Juni 2010: Die eidgenössischen Räte heissen den UBS-Vergleich in Form eines Staatsvertrages mit den USA gut.

15. November 2010: Nach Erhalt der meisten UBS-Kundendaten zieht der IRS die Klage gegen die UBS zurück. Das US-Justizministerium leitet aber wegen des Verdachts auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung Verfahren gegen weitere Schweizer Banken ein, darunter CS, HSBC Schweiz, BKB, ZKB, Julius Bär und die Bank Wegelin.

 4. Dezember 2012: Die Schweiz und die USA einigen sich auf ein Abkommen zur Umsetzung des “Foreign Account Tax Compliance Act” (FATCA). Damit wollen die USA erreichen, dass künftig sämtliche Auslandskonten von US-Steuerpflichtigen besteuert werden können.

22. Februar 2013: Raoul Weil wird Konzernchef der Vermögensverwaltungsgruppe Reuss Private in Pfäffikon SZ, bei der er seit Anfang 2010 als Berater tätig ist.

29. Mai 2013: Nach dem Scheitern der seit Anfang 2011 geführten Gespräche über eine “Globallösung” für alle Banken legt der Bundesrat ein dringliches Gesetz (“Lex USA”) vor. Es soll es betroffenen Banken erlauben, sich mit Datenlieferungen und Bussenzahlungen an die USA freizukaufen.

19. Juni 2013: Die “Lex USA” scheitert im Parlament an rechtsstaatlichen und anderen Bedenken. Die Räte fordern den Bundesrat auf, den Banken die Zusammenarbeit mit den US-Behörden im Rahmen des geltenden Rechts zu ermöglichen.

3. Juli 2013: Der Bundesrat legt seinen “Plan B” vor. Die Banken erhalten die Möglichkeit, gestützt auf Artikel 271 des Strafgesetzbuches eine Einzelbewilligungen zu beantragen.

29. August 2013: Die Schweiz und die USA unterzeichnen in Washington eine Vereinbarung (Joint Statement), die es den Banken ermöglichen soll, einen Schlussstrich unter ihre kriminelle Vergangenheit zu ziehen.

9. September 2013: Die Schweiz gewährt den USA künftig einen beinahe automatischen Informationsaustausch. Das Parlament genehmigt das Abkommen zur Umsetzung des US-Steuergesetzes FATCA.

19. Oktober 2013: Weil wird auf einer Ferienreise in Italien in einem Luxushotel in Bologna verhaftet und später an die USA ausgeliefert.

2. Dezember 2013: Die Reuss Private Gruppe ersetzt Konzernchef Raoul Weil durch den bisherigen Verwaltungsratsvize Felix Brem.

16. Dezember 2013: Das Bundesgericht in Fort Lauderdale lässt Weil gegen eine Kaution von 10,5 Mio. Dollar vorerst auf freiem Fuss.

7. Januar 2014: Weil plädiert vor dem Bundesgericht in Florida auf “nicht schuldig”. Wenig später wird der auf 18. Februar angesetzte Prozess auf Oktober verschoben.

14. Oktober 2014: Der Prozess gegen Weil in Florida beginnt.

3. November 2014: Der Prozess gegen Weil endet nach drei Wochen. Nach nur einer Stunde Beratung sprechen die Geschworenen Raoul Weil frei.

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