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Schweizer Jazz geht auf Tournee

Yannick Barman wird mit den "Colifichets" am Festival auftreten. (diagonales.ch)

Die aktuellen Spielarten des Jazz in allen Teilen der Schweiz präsentiert das Festival "Suisse Diagonales Jazz".

Diese Veranstaltungsreihe umfasst von der Eröffnung in Basel bis am 10. Februar insgesamt 78 Konzerte in 20 Schweizer Städten.

Der Zürcher Gitarrist Harald Haerter ist 48 Jahre alt und hat bereits auf Bühnen in aller Welt und mit den ganz Grossen des internationalen Jazz gespielt. Drummer Daniel Humair, geboren 1938 in Genf, lebt und wirkt seit Jahrzehnten in der europäischen Jazzhauptstadt Paris.

Dass diese beiden alten Hasen ein Festival eröffnen, das dem jungen Schweizer Jazz gewidmet ist, macht Sinn, denn sie tun sich mit fünf Youngsters zusammen. So schlagen sie als Mentoren den Bogen zur jüngsten Jazzgeneration im Land. Zudem stehen Haerter und Humair­ wie auch ihre fünf Mitspieler ­ für den musikalischen Austausch über den Röstigraben hinweg.

Zehn Bands aus der ganzen Schweiz

“Suisse Diagonales Jazz” soll aber auch ganz andere Brücken bauen. “Das Festival ist eine Werkschau der jungen Wilden im Schweizer Jazz mit einem Selbstverständnis jenseits aller Gräben”, sagt Jakob Flükiger, bei der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia für die Jazzförderung zuständig.

Gemeinsam mit Clubbetreibern aus allen Landesteilen hat Flükiger 2002 den Verein “Suisse Diagonales Jazz” gegründet mit dem Ziel, den Austausch zwischen den verschiedenen Szenen im Lande sowie den Dialog und den Aufbau von Beziehungen zwischen Musikschaffenden, Veranstaltern und Medien zu fördern.

Für die dritte Auflage des alle zwei Jahre stattfindenden Festivals haben die Veranstalter zehn Bands ausgewählt, die nun mit aktuellen Projekten auf Tournee gehen. Vertreten sind Formationen von Trio- bis Sextettgrösse aus der Ostschweiz, dem Mittelland, der Romandie und dem Tessin, die Jazz unterschiedlichster Art pflegen.

Jazz-Punk und feinsinnige Trios

Die Bieler Sängerin Fanny Anderegg etwa vertont rätoromanische Gedichte von Luisa Famos. Das Westschweizer Quartett “Colifichets” rast in atemberaubender Wandelbarkeit von Jazz-Funk zu Jazz-Punk, während Pianist Yannick Delez, ebenfalls ein Romand, im Trio mit den arrivierten Bläsern Stefano Sacon und Philippe Ehinger eher feinsinnige Klänge webt.

Bekannt ist auch der Name Peter Schärli: Der Luzerner Trompeter ist im Innerschweizer Kollektiv “erb_gut” anzutreffen. Manuel Mengis, ebenfalls Trompeter, startet vom Wallis aus mit seiner orchestral aufspielenden “Gruppe 6” und die Tessiner Brüder Nolan, Simon und Brian Quinn haben sich zu “Q3” zusammengetan.

Die Zürcher Szene ist durch drei Trios vertreten: jene des Pianisten Stefan Rusconi und des Gitarristen Michael Bucher sowie die heitere Improtruppe “Tré”. Die zehnte Band heisst “Scope” und ist vom Luzerner Keyboarder Hans-Peter Pfammater lanciert worden. Alle Formationen reisen in jeweils “fremde” Landesteile, wo sie Doppelkonzerte mit lokalen Bands geben.

Auf diese Weise wächst “Suisse Diagonales Jazz” zu einem Gross-Festival, das innert Monatsfrist insgesamt 78 Konzerte in 20 Städten bietet.

swissinfo und Frank von Niederhäusern, sfd

– Zeitraum des Festivals: 11.1. – 10.2.

– Stationen: Basel, Zürich, Genf, Lausanne, Freiburg, Sitten, St. Imier, Saignelégier, La Chaux-de-Fonds, Neuenburg, Riva San Vitale, Liestal, Biel, Bern, Luzern, Aarau, Wädenswil, Schaffhausen, St. Gallen, Chur.

– Bands: Fanny Anderegg Quartet, BucherSommerFriedli, Colifichets, Yannick Delez Trio, erb_gut, Manuel Mengis Gruppe 6, Q3, Rusconi Trio, Scope, Tré.

Die ersten Kontakte von Schweizer Publikum mit afroamerikanischer Musik fallen in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, als vereinzelt schwarze Musiker und Tänzer in Variétés auftraten.

Einen Boom erlebte der Jazz in der Schweiz nach dem Ersten Weltkrieg, wobei unter dem Begriff vorerst Modetänze wie Ragtime, Foxtrott oder Charleston verstanden wurden.

Aufgrund der Isolierung der Schweiz im Zweiten Weltkrieg blieb die ausländische Konkurrenz ab 1939 aus und es erhöhte sich die Nachfrage nach einheimischen Orchestern. Deshalb gelten die Kriegsjahre als goldene Zeit des Schweizer Jazz. Dabei diente dieser auch zur Abgrenzung gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland, das den Jazz verbot.

Nach dem Krieg wurde 1951 das erste Amateur-Jazzfestival von Zürich durchgeführt, 1962 das erste internationale Festival von Lugano; weitere, bis heute bestehende Festivals folgten in Montreux (1967), Willisau (1975) und Bern (1976). Die erste autonome Jazzschule Europas entstand 1967 in Bern.

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