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Schweizer Künstler verliert US-Gerichtsfall

Büchels Werk "Unplugged/Simply Botiful" war dieses Jahr an der Art Basel zu sehen. Keystone

Ein US-Museum darf eine Installation des Schweizer Künstlers Christoph Büchel ausstellen, obwohl sein Werk noch nicht beendet ist.

Zuerst sorgten die verspätete Lieferung und zu hohe Kosten zwischen Büchel und dem Massachusetts Museum of Contemporary Art für Unmut. Jetzt geht es um einen Streit um Künstlerrechte.

Bundesrichter Michael Ponsor hat entschieden, dass es nicht dem “Visual Artists Rights Act” von 1990 widerspricht, das Werk “Training Ground for Democracy” auszustellen. Gemäss diesem Gesetz ist ein Künstler berechtigt, seinen Namen zurückzuziehen, wenn sein Werk abgeändert worden ist.

Der Richter sagte, das Gesetz könne in diesem Fall nicht angewendet werden. Es sei nirgends festgehalten, dass ein unbeendetes Kunstwerk nicht ausgestellt werden dürfe.

Büchels Anwälte argumentierten hingegen, der Künstler habe das Recht, die Ausstellung zu verhindern, wenn das Werk seiner Ansicht nach noch nicht beendet sei und deshalb einen falschen Eindruck seiner Arbeit wiedergebe.

Gemäss dem Richter gibt es keinen Grund, das Werk Besucherinnen und Besuchern nicht zugänglich zu machen, so lange diese über den unvollendeten Zustand der Installation genau informiert seien.

Ponsor sagte auch, dass das Museum einen bedeutende Betrag für die Installation ausgegeben habe und damit zu dessen Realisierung beitrug. Deshalb dürfe das Museum Büchlers Werk ausstellen, so lange es dessen Ruf nicht verletze.

Verschiedene amerikanische Spezialisten kritisierten den Entscheid des Museums, diesen Fall vor Gericht zu ziehen. Ihrer Ansicht nach sollten Künstler mehr Einfluss darauf haben, wie ihre Werke präsentiert werden.

Erste grosse Ausstellung in Amerika

“Training Ground for Democracy” sollte Büchels erste grosse Museumsausstellung in Amerika heissen. Das Thema: Leben in Kriegszeiten. Für dieses Projekt wollte er Tausende von Objekten wie auch ein kaputtes Polizeifahrzeug und ein zweistöckiges Haus verwenden.

Der Richter hatte letzte Woche die Installation Büchels besucht, bevor er seinen Entscheid fällte. Zuerst zeigte er sich in Bezug auf den künstlerischen Wert skeptisch. Dann sagte er, bei dieser Installation handle es sich um die Art Kunst, die die Leute beeindrucken.

Die Installation, die sich in einem alten Gebäude in North Adams in Massachusetts befindet, ist so gross wie ein Fussballfeld.

Büchel und sein Team hatten mit den Arbeiten zu “Training Ground Democracy” letzten Herbst begonnen. Schon bald darauf bekam der Künstler Schwierigkeiten, die Zeit- und Budgetvereinbarungen einzuhalten.

Zu späte Lieferung und zu hohe Kosten

Gemäss dem Museum, war mit Büchel ursprünglich ein Budget von 160’000 Dollar (188’000 Fr.) vereinbart worden. Doch am Schluss kostete das Projekt fast doppelt so viel. Das Museum gab an, dem Künstler weitere 100’000 Dollar angeboten zu haben, um das Projekt fertig zu stellen.

Die Museumsverantwortlichen sagen zudem, Büchel hätte statt sechs Wochen drei Monate an seiner Installation gearbeitet.

Der Künstler verweigerte angeblich sein Kunstwerk zu beenden. Auch den Vorschlag, das Material wegzuschaffen und dem Museum das Geld zurückzuerstatten, habe er abgelehnt.

Büchel wirft der Museumsleitung vor, mit seinem Projekt nicht richtig umgegangen zu sein und seine Anweisungen nicht berücksichtig zu haben. Dies habe denn auch dazu geführt, dass die Kosten ausser Kontrolle geraten seien. Gemäss der New York Times bezeichnete der Künstler, die Leute, mit denen er in Massachusetts zusammen arbeiten musste, als “Idioten”.

Obwohl das Gericht im Fall Büchel zu Gunsten des Museums entschieden hat, ist es noch nicht klar, ob es die Installation dem Publikum zugänglich machen will. Büchels Anwälte können den Gerichtsentscheid anfechten.

swissinfo

Laut Kunstexperten kreiert Büchel hyper-realistische Umgebungen. Diese wirken wie ein Gang ins Innere eines arbeitenden Hirns.

Seine detaillierten Installationen sind dreidimensionale Wiedergaben von Innenräumen und Situationen. Oft beruhen diese auf extremen psychologischen Haltungen.

Solche fingierten Umgebungen – Räume in Räumen – sind von ihm sorgfältig konstruiert. Damit lösen sie sich auch von den räumlichen Vorgaben des Kunstmuseums und vom Umfeld der Gallerie.

Büchel könne, so die Experten im weiteren, Gegensätze und gesellschaftliche Ungleichheiten bei den zur Zeit gängigen Ideologien orten.

Er bringt auch Satyre ins Spiel, und entmystifiziert diese Kräfte. Er entzieht sich ihnen, indem er sie als konstruierte Wirklichkeiten entblösst, die ständigem Wechsel unterworfen seien.

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