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Schweizerschulen im Ausland als Kulturvektoren

Kleine Schüler, grosse Aufmerksamkeit: Unterricht an der Schweizerschule in Sao Paulo, Brasilien. Keystone

Die Schweiz ist weltweit bekannt für ihre Banken, ihre Uhren und ihre Schokolade. Die Schweizerschulen im Ausland könnten zu einem anderen Image der Eidgenossenschaft beitragen: die Schweiz als Land einer reichen und vielseitigen Kultur.

“Die Schweizerschulen im Ausland spielen eine wesentliche Rolle bei der Präsenz der Schweiz in der Welt und tragen zur Stärkung des Image der Eidgenossenschaft bei.”

Dies erklärte Nationalrätin Brigitte Gadient an der Jahreskonferenz der Schweizerschulen im Ausland. Die zweitägige Tagung fand dieses Jahr in Chur im Kanton Graubünden statt.

Die frühere Präsidentin der Geschäftsprüfungs-Kommission GPK des Nationalrates, der grossen Parlamentskammer, erinnerte an den innovativen Wert dieser Schweizer Institute.

“Sie haben die Besonderheit, einen zweisprachigen Unterricht anzubieten. Dank der Einrichtung der Schweizerschulen im Ausland hat sich die Ausbildung in Ländern wie Spanien und Italien ausserdem verbessert”, so Gadient.

Neue Schulen in Schwellenländern?

Die Schweizerschulen im Ausland, ursprünglich auch als Bindeglied für die Kinder der Schweizer Expats zur Heimat gedacht, sind heute mit neuen Realitäten konfrontiert: insbesondere mit der Globalisierung und den aufstrebenden Märkten.

“Verschiedene Unternehmer fragen sich, warum nicht neue Schweizerschulen in Indien, China oder Russland eröffnet werden; Länder, in denen immer mehr Schweizer Betriebe präsent sind”, erklärte Gadient.

Bevor man an eine Erweiterung der Schweizerschulen im Ausland denke, müsse man sich jedoch über deren Überleben Gedanken machen, räumten einige Konferenzteilnehmer ein. Der Bundesrat hat nämlich die Schweizerschulen im Ausland in seine Budget-Sparvorschläge einbezogen und drei Varianten zur Überarbeitung des Bundesgesetzes über die Ausbildungsförderung der jungen Auslandschweizer unterbreitet.

“Das aktuelle Gesetz wird sicher überprüft werden, auch deshalb, weil es nicht mehr erlaubt, neue Schulen zu errichten”, sagte Robert Engeler, Präsident der Schweizerschule in Mailand, gegenüber swissingo.ch. “Wenn wir uns auch in den Schwellenländern profilieren wollen, müssen wir das Gesetz revidieren.”

Schweizer Kultur übertragen

Für Jean-Fréderic Jauslin, Direktor des Bundesamtes für Kultur (BAK), wo die Schweizerschulen im Ausland verwaltungsmässig angesiedelt sind, ist es klar, dass eine Gesetzesrevision neue und klare Ziele definieren muss. Insbesondere im Kulturbereich.

“Im Unterschied zu den Auslandinstituten Österreichs und Deutschlands ist das Ziel der Schweizerschulen im Ausland nicht die Verteidigung der deutschen und anderen Landessprachen. Ihr Ziel ist es, die Schweiz und ihre Qualitäten bekannt zu machen”, sagte Jauslin gegenüber swissinfo.ch.

“Persönlich insistiere ich auf dem kulturellen Aspekt: Die Schweiz ist im Ausland für ihre Banken oder ihre Schokolade bekannt, aber nicht für ihre Kultur. Ich bin überzeugt, dass die Schweizerschulen im Ausland dazu beitragen können, den Kulturreichtum unseres Landes zu präsentieren”, so Jauslin. “Überdies investiert die Schweiz pro Kopf mehr Gelder in die Kultur als Frankreich und Deutschland.”

Der BAK-Chef betont die Notwendigkeit, eine langfristige Vision zu entwickeln. In dieser Optik müsste der Vorschlag in der Motion von Nationalrat Pius Segmüller von der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) verfolgt werden, wonach die finanziellen Beiträge für die Schweizerschulen im Ausland alle vier Jahre festgelegt werden sollten, und nicht alljährlich.

Schulen legen Kräfte zusammen

An der Jahreskonferenz der Verantwortlichen der 17 Schweizerschulen im Ausland in Chur wurde auch die Strategie der Schweizerschulen in Brasilien vorgestellt.

Dank der Konvergenz zwischen der Schule in Curitiba (540 Schülerinnen und Schüler) und Sao Paulo (660) konnte die Zusammenarbeit auf allen Ebenen, vom Unterricht bis zur Verwaltung, verstärkt werden, wie Bernhard Beutler, Direktor der Schule in Sao Paulo, sagte.

“Es handelt sich um zwei kleine Schulen, aber durch die Zusammenlegung der Kräfte haben wir jetzt eine stärkere Stellung auf dem Markt.” Das Ziel , wiederholte Beutler mehrmals, sei nicht eine Kosteneinsparung, sondern die Steigerung der Qualität. “Natürlich ist es auch offensichtlich, dass man sparen kann, wenn man nur noch in einer Küche kocht”, räumte er ein.

Luigi Jorio, Chur, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Italienischen: Jean-Michel Berthoud)

Derzeit existieren in Europa, Afrika, Asien und Lateinamerika 17 anerkannte Schweizer Schulen.

Rund 500 Lehrkräfte unterrichten 6570 Schülerinnen und Schüler, davon 1800 mit Schweizer Staatsbürgerschaft.

Das Gesetz schreibt die Mindestanzahl von Schweizer Schülerinnen und Schülern vor: 30% in kleineren Schulen, 20% in grösseren.

In der Vergangenheit wurden die Schweizer Schulen im Ausland diversen Sparmassnahmen unterworfen, die unter anderem zu einer Erhöhung der Schulgebühren und einer Verminderung der Stipendien an Lehrkräfte führten.

2008 hat das Parlament, gegen den Willen des Bundesrats, den Kreditrahmen für die Schweizer Schulen im Ausland von 15 auf 20 Mio. Fr. erhöht.

2009 stellte das Bundesamt für Kultur einen Überschuss von knapp 17 Mio. Fr. zur Verfügung.

Die einzelnen Schweizer Schulen im Ausland profitieren auch von der Unterstützung eines oder mehrerer Partner-Kantone.

Der Bericht über die zukünftige Ausrichtung der Schweizer Schulen im Ausland, vom Bundesrat im August 2009 gutgeheissen, schlägt drei Alternativen zum heutigen Modell vor.

Alle drei sehen eine Revision des Bundesgesetzes über die Förderung der Ausbildung junger Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer vor.

Die erste Variante schlägt die Aussetzung aller staatlichen Finanzhilfen vor.

In der zweiten Alternative würde die derzeitige Unterstützung des Bundes von 20 Mio. Fr. um die Hälfte gekürzt.

Das dritte Szenario, das auch vom Bundesrat bevorzugt wird, will versuchen, ohne eine Reduktion der Staatshilfe von 20 Mio. Fr. die aktuelle Förderungs-Strategie zu überarbeiten und zu optimieren.

Im März 2010 hat sich der Ständerat (kleine Kammer) für das dritte Modell entschieden.

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