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Siemens überdenkt Atompläne

Bleibt Siemens nun im Atomgeschäft oder steigt der Konzern aus? Die Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima zwingt die Münchner zum Nachdenken.
NEW YORK (awp international) – Der Industriekonzern Siemens nimmt sich eine Bedenkzeit über die Zukunft seines Atomgeschäfts. “Wir sind in einer intensiven Phase, wo wir das Thema analysieren”, sagte Konzernchef Peter Löscher am Dienstagabend (Ortszeit) in New York. Die Diskussionen passierten “vor dem Hintergrund von Fukushima”.
Siemens hatte über lange Jahre eine Partnerschaft im Atomgeschäft mit dem französischen Areva-Konzern. Die zwei Unternehmen gingen jedoch im Streit auseinander. Schon vor zwei Jahren kündigte Siemens daraufhin an, künftig mit dem staatlichen russischen Atomkonzern Rosatom zusammenarbeiten zu wollen. Mehr als eine Absichtserklärung existiert jedoch bis heute nicht.
Zwischenzeitlich hat die Reaktorkatastrophe in Japan die Zukunft der gesamten Atombranche infrage gestellt. Zudem darf Siemens nach dem Spruch eines Schiedsgerichts seinem Ex-Partner Areva bis September 2013 bei der Kerntechnik keine Konkurrenz machen. Siemens liefert unter anderem die Turbinen für Atomkraftwerke sowie Steuerungstechnik, nicht aber den Reaktor selbst.
Die Münchner setzen mittlerweile ohnehin auf grüne Technologien mit modernen Gasturbinen sowie Wind- und Solaranlagen. Siemens gehört hier zu den führenden Anbietern weltweit und kann sich vor Aufträgen kaum retten. Die Atomtechnik hatte Siemens dagegen zuletzt nur Ärger eingebracht; so mussten der Konzern eine Vertragsstrafe über 648 Millionen Euro an Areva zahlen, weil Siemens die Partnerschaft aufkündigte.
Rosatom hält dagegen grundsätzlich an der geplanten Zusammenarbeit mit Siemens fest. Allerdings zeigten sich die Russen jüngst verständnisvoll, dass Siemens nicht die politische Linie der Bundesregierung ignorieren könne. Kanzlerin Angela Merkel treibt nach der Katastrophe in Fukushima den Atomausstieg voran./das/DP/fn

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