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Siemens warnt vor Kreditklemme und begründet Zurückhaltung bei Übernahmen

HAMBURG (awp international) – Siemens -Finanzvorstand Joe Kaeser fürchtet angesichts der Schuldenprobleme im Euro-Raum um die Refinanzierung der Unternehmen. Einige hoch verschuldete EU-Staaten kämen wohl “auf Dauer um eine Schuldenrestrukturierung nicht herum”, sagte Kaeser der “Financial Times Deutschland” (Donnerstagsausgabe). “Ein solcher Kapitalschnitt könnte eine zweite Krisenwelle in der Finanzwirtschaft auslösen – und das zu einer ernsten Kreditklemme führen.”
Der Elektrokonzern hätte damit zwar kein Problem, weil Siemens praktisch schuldenfrei ist – wohl aber die Kunden. “Unsere Kunden könnten Investitionen und Projekte verschieben, weil ihnen der Anreiz, die Liquidität oder beides fehlt.” Kaeser warnte, Griechenland sei “mit Sparen alleine nicht nachhaltig zu sanieren. Das Land braucht vor allem ein Wiedererstarken der industriellen Basis, also einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts und des Exports.”
Siemens-Konkurrenten wie die amerikanische General Electric (GE) oder die Schweizer ABB machten in der jüngsten Zeit mit grösseren Übernahmen von sich reden. Kaeser sieht Siemens aber nicht unter Zugzwang. “Angesichts der aktuellen Verhältnisse im Markt ziehen wir Investitionen in das organische Wachstum vor.” Die Brücke vom aktuellen Jahresumsatz von gut 70 Milliarden Euro zum Mittelfristziel von 100 Milliarden Euro werde der Konzern über Akquisitionen nicht kurzfristig schliessen. “Weil es sich wirklich nicht lohnt.” Siemens habe seine industrielle Wertschöpfungskette gut abgebildet, es gebe keine strukturellen Lücken.
Kaeser hatte im Februar gesagt, dass Siemens wieder grössere Übernahmen im Milliardenbereich stemmen könnte. “Wir haben in jedem Sektor und für jede Division potenzielle Ziele identifiziert und eingehend analysiert: Wie funktioniert dieses Unternehmen, wer sind Eigentümer und Management, worin besteht die Logik einer Übernahme?” Mit diesen Informationen würde Siemens laut Kaeser kaum eine Übernahme unvorbereitet treffen. “Wenn Siemens über ‘ergänzende Akquisitionen’ spricht, dann kann das ein kleiner bis mittlerer einstelliger Milliardenbetrag sein”, erläuterte Kaeser frühere Aussagen./stb/enl/wiz

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