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Skiorte versilbern künstliches Weiss

Die Zutaten für einen Top-Winter: Viel Schnee, Prachtswetter und gutgelaunte Gäste (Elm/Glarus). Keystone

Viel Schnee, Sonne, und Wintersportler: Die Schweizer Skiorte reiben sich ob der abgelaufenen Saison die Hände. Die Millioneninvestitionen für neue Bahnen und Schneekanonen zahlen sich aus.

Der touristische Winter ist definitiv Geschichte: Am Wochenende beförderten die Gondelbahnen, Sessel- und Skilifte zum letzten Mal Skifahrer und Snowboarder. Konkrete Zahlen haben die Betreiber zwar noch keine geliefert. Doch schon jetzt ist klar, dass der Winter 2007/08 ein Erfolgsjahrgang ist.

Die Bergbahnen quer durch die Schweizer Alpen melden zwischen sieben und 30 Prozent mehr Umsatz. Im Wallis rechnen zahlreiche Unternehmen mit Rekordergebnissen.

Auch die Hoteliers haben nach der schneearmen vorletzten Saison Grund zum Lachen. Bis zu zehn Prozent voller waren ihre Gästebücher diesen Winter.

Investitions-Offensive

Ein guter Winter wird aber nicht von Frau Holle und der guten Sonne allein gemacht. 272 Millionen Franken investierten Bahnen im letzten Jahr, sagt Renate Schoch vom Verband Seilbahnen Schweiz gegenüber swissinfo. Für 130 Mio. Franken wurden alte Anlagen durch neue ersetzt, beispielsweise Skilifte durch Sessellifte.

Weitere 84 Millionen flossen in neue Beschneiungsanlagen. Dazu gehören Schneekanonen, aber auch der Bau von Wasserspeichern und –leitungen.

Und in diesem Tempo wird es weitergehen. “Es herrscht nach wie vor grosser Investitionsbedarf”, sagt Schoch. Gerade punkto künstlicher Beschneiung. “Die Frage, ob die Talabfahrt offen sei, wird für Wintersportler zu einem immer wichtigeren Kriterium.”

Für Schoch steht deshalb fest: “Ohne Beschneiung geht heute vielerorts nichts mehr, sie ist ausschlaggebend für den Wintertourismus.” Allerdings gibt es dafür eine Hürde: Orten unterhalb von 1800 Metern nützen auch die besten Anlagen nichts – zu wenig Schnee, zu wenig kalt.

Proteste kaum mehr wahrgenommen

Vor rund 20 Jahren hatte noch jede einzelne Schneekanone lauten Protest von Umweltverbänden und Naturschützern hervorgerufen. Jetzt werden ganze Bergflanken flächendeckend künstlich beschneit. Und es bleibt still.

“Schneekanonen sind heute über die klassischen Wintersportkreise hinaus akzeptiert”, sagt Schoch. Dafür nennt sie mehrere Gründe: Ausgebliebene negative Auswirkungen auf die Vegetation, strenge Auflagen in Bezug auf den lokalen Wasserhaushalt. Heutige Schneekanonen würden zudem weniger Strom verbrauchen und weniger Lärm verursachen.

Pro Natura sieht das anders. “Es gibt sehr viel Widerstand gegen die künstliche Beschneiung”, sagt Sprecher Roland Schuler. Die Naturschutz-Organisation prüfe solche Projekte mit wachsamem Auge.

Neben ökologischen Problemen macht Schuler auch landschaftsschützerische Einwände. Werde grossflächig beschneit, würde der Sommertourismus durch die entsprechende Infrastruktur verschandelt. Der Alpenraum vertrage keine zusätzliche Nutzung mehr, ohne ökologischen Schaden zu nehmen. Er sieht dadurch die Ressource Landschaft gefährdet, von der das Tourismusland Schweiz lebe.

Pro Natura lehne deshalb Neuerschliessungen von unberührter Landschaft für Skigebiete ab, wie Schuler festhält.

“Nicht nachhaltig”

Daneben macht er auch ökonomische Fragezeichnen. “Mit kurzfristigen Mega-Investitionen wird um Gäste gekämpft, welche die nächsten Winter retten sollen – auf dem Rücken der Natur”. Wintersportorte sollten sich mit diversifizierten, kreativen und naturnahen Angeboten auf dem Markt positionieren, “ohne Unterjochung der Natur”, fordert der Pro-Natura-Vertreter.

Der Naturschutz-Organisation wird die Arbeit in den nächsten Jahren bestimmt nicht ausgehen. In den kommenden vier Jahren planen Transportunternehmen neue Bahnen und Beschneiungssysteme für rund 900 Mio. Franken.

swissinfo, Renat Künzi

Zunehmender Wettbewerbsdruck führt dazu, dass Bergbahnen immer grösser, qualitativ besser und leistungsfähiger sein müssen.

Das führt zu einem massiv erhöhten Finanzbedarf.

Der Verband Seilbahnen Schweiz klärt in einer Studie ab, wie dieser Bedarf gedeckt werden könnte. Im Fokus stehen die Preisgestaltungssysteme (“Pricing”).

Möglicher Ansatz: Die Preise könnten bei schönem Wetter höher sein als bei schlechten Bedingungen. Auch könnte Skifahren am Wochenende teurer sein.

Für die Studie werden in der Sommersaison 2008 und der Wintersaison 2008/09 bei verschiedenen Bahnen Gäste befragt. Erste Resultate sind im Sommer 2009 zu erwarten.

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