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SP-Präsidentin Christiane Brunner tritt zurück

Die Genfer Ständerätin tritt auf März zurück. Keystone

Die 56-jährige Genfer Ständerätin und Gewerkschafterin bleibt noch bis Anfang März 2004 im Amt. Danach soll ein neues Team eine Strategie des verstärkten Widerstands umsetzen.

Letzte Woche hatte schon der Präsident der CVP, Philippe Stähelin, seinen Rücktritt bekannt gegeben.

Brunner war im Oktober 2000 zur Nachfolgerin von Ursula Koch gewählt worden. Bei ihrem Amtsantritt hatte es Brunner mit einer zerstrittenen Partei zu tun.

Ihre Hauptaufgabe war es, die innerparteiliche Lage zu beruhigen und sie für den Wahlkampf 2003 fit zu machen. Neben der Schweizerischen Volkspartei (SVP) auf der rechten Seite des politischen Spektrums ging die SP auf der linken Seite als Gewinnerin hervor.

Gemischte Reaktionen

Die Präsidenten der bürgerlichen Bundesratsparteien haben nach dem Rücktritt von SP-Präsidentin Christiane Brunner eine gemischte Bilanz gezogen. Einhellig gelobt wurde Brunner für Integrität und Gesprächsbereitschaft, teilweise kritisiert wurden ihr politischer Stil und ihre konzeptionelle Arbeit.

Die neue Parteispitze wird am 6. März 2004 an einem ausserordentlichen Kongress der Sozialdemokratischen Partei in Basel bestimmt.

Neue Strategie mit neuen Gesichtern

Es werde ein wichtiger Parteitag, sagte Brunner am Freitag in Bern. Die Linke habe zwar bei den Wahlen zugelegt, doch auch die Rechte sei gestärkt.

Angesichts dieser politischen Konstellation gelte es, eine neue Strategie festzulegen. Diese solle von einer neuen Equipe umgesetzt werden. Deshalb lege sie ihr Mandat nieder.

Hans-Jürg Fehr interessiert

Über Kandidatinnen und Kandidaten für ihre Nachfolge wollte sich Brunner nicht äussern. Nicht antreten wird die bisherige SP-Vizepräsidentin Christine Goll, die jüngst zur Präsidentin der Gewerkschaft vpod worden war.

SP-Vizepräsident Hans-Jürg Fehr hingegen meldete sein Interesse an. Er rechne damit, dass er von der Schaffhauser Kantonalpartei vorgeschlagen werde.

Auch der Glarner Nationalrat und Preisüberwacher Werner Marti und die Zürcher Nationalrätin Jacqueline Fehr überlegen sich eine Kandidatur.

Gegen Austritt aus Bundesrat



Am Parteitag werde auch über die Vertretung der SP im Bundesrat diskutiert werden, sagte Brunner. Sie selber sei “völlig dagegen”, dass die SP aus der Landesregierung austrete.

Die Partei müsse Widerstand gegen den Sozialabbau aufbauen und sich für die Mutterschaftsversicherung und für das neue Bürgerrecht einsetzen.

Positive Bilanz

Brunner zog eine positive Bilanz ihrer Präsidentschaft. Es sei ihr als integrativer Person gelungen, die SP finanziell zu sanieren, die Diskussionen zu demokratisieren und die Beziehungen zu den kantonalen Parteien zu stärken. Sie könne ihrer Nachfolge eine Partei “en pleine forme” übergeben.

Ihr Rücktritt habe auch persönliche Gründe, sagte Brunner. Die Kombination von Parteipräsidium und Ständeratsmandat sei arbeitsmässig sehr belastend. Sie werde sich in Zukunft auf ihre Arbeit in der Kleinen Kammer und die Mitarbeit in ihren vier Kommissionen konzentrieren.

Auch CVP sucht neue Parteispitze



Vor rund einer Woche, am 11. Dezember, hatte CVP-Parteipräsident Philipp Stähelin seinen Rücktritt bekannt gegeben. Den Zeitpunkt des Rücktritts hatte er mit dem Beginn der neuen Legislatur begründet. Es brauche vier Jahre, um im Parteipräsidium Fuss zu fassen.

swissinfo und Agenturen

Frauenstreiktag und “Brunner-Nichtwahl”

National bekannt geworden war Christiane Brunner, als sie am 14. Juni 1991 zum Frauenstreiktag aufrief.

Am 3. und 10. März 1993 stand sie erneut mit demonstrierenden Frauen im Rampenlicht, nachdem nach einer Kampagne der Bürgerlichen nicht sie, sondern ihre “politische Schwester” Ruth Dreifuss zur ersten SP-Bundesrätin gewählt wurde.

Brunner ist seit 1976 Mitglied der SP, präsidierte ab 1992 die Metallgewerkschaft SMUV und stand von 1994 bis 1998 als erste Frau dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) neben Vasco Pedrina als Co-Präsidentin vor. 1991 wurde die Juristin in den Nationalrat, 1995 in den Ständerat gewählt, dem sie auch nach den Wahlen 2003 noch angehört.

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