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Beziehungen Schweiz-Russland bleiben angespannt

Diplomaten sitzen an einem Tisch
Das Labor Spiez war ein mutmassliches Ziel von Spionage. Keystone

Der Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis hat am Dienstag am Rand der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York seinen russischen Amtskollegen Sergei Lawrow getroffen. Doch das Gespräch brachte keine Fortschritte in der Affäre um Spionagetätigkeiten, welche die helvetisch-russischen Beziehungen trübt.

Ignazio Cassis bezeichnete das Treffen als etwas angespannt. “Nach allem, was geschehen ist, haben wir nicht über das schöne Wetter gesprochen, sondern über die verschiedenen Informationen, die in der Schweiz über mögliche russische Geheimdienst-Aktivitäten zirkulieren”, die aussergewöhnlich wären, sagte der Schweizer Aussenminister nach dem Treffen.

Warten auf besseres Klima

Cassis mochte nicht darauf antworten, ob der russische Aussenminister sich für die Spionage-Affäre entschuldigt hat. “Solche Gespräche haben nie zum Ziel, jemand anzuklagen oder sich zu entschuldigen. Man tauscht Eindrücke und Informationen aus”, sagte er. Und ergänzte, dass er Lawrow in die Schweiz eingeladen habe. Jener will aber warten, bis sich das Klima wieder etwas beruhigt hat.

Die sonst guten Beziehungen der beiden Länder haben sich während der letzten Wochen etwas abgekühlt, weil russische Diplomaten der Spionage in grossem Rahmen in der Schweiz verdächtigt worden waren. Cassis verurteilte vor wenigen Tagen diese “Eskalation”.

Die Schweiz ist schon seit langer Zeit von Spionage-Aktivitäten auf ihrem Territorium betroffen, besonders wegen der Präsenz zahlreicher internationaler Organisationen. swissinfo.ch hat die Top-Ten der potenziellen Ziele für Spione ermittelt.

Karte Hotspots für Spione
swissinfo.ch
  1. Bern. Als Hauptstadt ist die Stadt Bern ein bevorzugtes Ziel für Spionage-Aktivitäten. In der Aarestadt findet die gesamte Regierungs- und Parlamentstätigkeit der Schweiz statt. In Bern befinden sich auch die Botschaften der verschiedenen Länder, die in der Schweiz vertreten sind. Botschaften sind traditionell sensible Orte in Bezug auf Spionage. Auch wegen einiger wichtiger Unternehmen kann die Region Bern Spione anziehen, zum Beispiel mit dem Hauptsitz der Swisscom in Worblaufen.
  2. Genf. Als Sitz zahlreicher internationaler Organisationen ist die Rhonestadt ein Hauptziel für Spionage-Aktivitäten. Auch die Aktivitäten der Europäischen Organisation für Kernforschung (Cern) dürften für Nachrichtendienste von Interesse sein.
  3. Basel. In der Stadt am Rheinknie haben sich die Schweizer Pharma-Riesen niedergelassen. Ein sensibler Bereich, der möglicherweise Gegenstand von Spionage-Aktivitäten sein könnte.
  4. Spiez. Hier befindet sich das Labor Spiez, die schweizerische Fachstelle für den Schutz der Bevölkerung vor atomaren, biologischen und chemischen Bedrohungen und Gefahren. Im Zusammenhang mit Giftangriffen in England und Ländern, die versuchen, Atomwaffen zu erwerben, sind die Aktivitäten des Instituts sehr sensibel.
  5. Zürich. Die Limmatstadt steht im Zentrum der Aktivitäten der Schweizer Grossbanken, die zu den mächtigsten der Welt gehören. Im Forschungsbereich beherbergt die Stadt mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) Spitzenforschung.
  6. Villigen. Auch das Paul Scherrer Institut (PSI) ist in der Spitzenforschung tätig. Das den Technischen Hochschulen angegliederte Institut forscht besonders in den Bereichen Materie und Materialien, Energie sowie Umwelt und Gesundheit.
  7. Lausanne. Hier befindet sich die zweite Eidgenössische Technische Hochschule, die EPFL. Deren Spitzenforschung, namentlich im Bereich Nanotechnologie, kann für Spione von Interesse sein. Zudem befindet sich in Lausanne das europäische Regionalbüro der Internationalen Anti-Doping-Agentur (Wada), das ebenfalls Gegenstand von Eingriffen sein kann.
  8. Emmen und Stans. In der Zentralschweiz ist die Ruag mit ihren Aktivitäten in den Bereichen Luftfahrt, Verteidigung und Raumfahrt in der Gemeinde Emmen und die Pilatus Flugzeugwerke AG in der Gemeinde Stans tätig.
  9. Baden und Oerlikon. Die beiden Kleinstädte in der Grossregion Zürich beherbergen leistungsstarke Firmen wie ABB (in Baden) oder Rheinmetall Air Defence (in Oerlikon), die in sehr sensiblen Bereichen tätig sind.
  10. Zug. Die Stadt wurde dank ihrer steuerlichen Attraktivität zum Hauptsitz globaler Giganten im Handel und Transport von Rohstoffen. In jüngster Zeit ist die Region auch Heimat der “Crypto Valley Association”, eines Verbands von Startups, die eine führende Rolle im Bereich der Krypto-Finanzierung und der Blockchain-Technologien spielen wollen.

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