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Stéphane Lambiel gewinnt Eiskunstlauf-Silber

Warten auf die Silber-Note: Choreographin Salome Brunner, Stéphane Lambiel und Trainer Peter Grütter. Keystone

Der Schweizer Eiskunstläufer Stéphane Lambiel hat bei den Olympischen Winterspielen in Turin die Silber-Medaille gewonnen, trotz Fehlern in der Kür.

Der Erfolg des amtierenden Weltmeisters konnte nicht unbedingt erwartet werden, da die Vorbereitungen Lambiels alles andere als ideal gewesen waren.

Stéphane Lambiel hat in Turin seinen Traum einer Olympia-Medaille verwirklicht. Der Weltmeister verbesserte sich in der Kür vom 3. auf den 2. Platz. Der Russe Jewgeni Pluschenko lief erneut in einer anderen Liga und holte souverän Gold.

Lambiel überholte trotz der bloss viertbesten Kür den nach dem Kurzprogramm auf Rang 2 klassierten Amerikaner Johnny Weir, der auf Platz 5 zurückfiel. Gegenüber Pluschenko verlor der Unterwalliser allerdings trotz der persönlichen Bestleistung von 231,21 Punkten mehr als 27 Zähler! Bronze ging an den kanadischen WM-Zweiten Jeffrey Buttle, der in der Kür drei Positionen nach vorne rückte.

Lambiel ist erst der dritte Schweizer Eiskunstläufer, der bei Olympischen Spielen auf dem Podest stand. Allerdings liegen die ersten zwei Medaillen schon mehr als ein halbes Jahrhundert zurück: 1924 hatte Georg Gautschi in Chamonix Bronze geholt, 24 Jahre später sicherte sich Hans Gerschwiler in St. Moritz Silber.

Timing stimmte nicht

Gleich zu Beginn von Lambiels Kür hielten die vielen, diesmal nach einer Intervention von Swiss Olympic mit Kuhglocken ausgerüsteten Schweizer Fans in der ausverkauften Eishalle Palavela den Atem an, als der Weltmeister Anlauf zu seinem Problemsprung nahm, dem Dreifach-Axel.

Würde diesmal das Timing stimmen? Dieses ist bei Lambiel noch entscheidender, da er im Gegensatz zu den meisten Läufern von der Kante abspringt und nicht vor dem Absprung auf dem Eis rutscht.

Es stimmte einmal mehr nicht, so dass der sechsfache Schweizer Meister den Axel wie schon im Kurzprogramm am Dienstagabend nur doppelt drehte. Bislang ist Lambiel der Dreifach-Axel in dieser Saison in sechs Wettkämpfen erst zweimal einwandfrei gelungen.

Unbeirrter Charmeur

Im weiteren Verlauf seiner Kür präsentierte der in Saxon aufgewachsene Maturand, der nun in Lausanne lebt, zur Musik von Antonio Vivaldis “Vier Jahreszeiten” – in der Version des britischen Geigenvirtuosen Nigel Kennedy – noch zweimal der Vierfach-Toeloop, den ersten mit dem Dreifach-Toeloop und dem Doppel-Rittberger kombiniert. Beim zweiten musste er bei der Landung aber die Hand zur Hilfe nehmen.

Überdies stand er vier weitere Dreifache. Beim dreifachen Lutz, mit dem er bereits am Morgen im Training grosse Probleme hatte, stürzte er allerdings.

Für die Pirouetten und Schritte erhielt Lambiel mit einer Ausnahme Level 3. Der höchste Schwierigkeitsgrad ist 4. Von der Ausstrahlung her verzückte er das Publikum in seinem Zebra-Kostüm, bei dem jeder Streifen nach den Wünschen des bald 21-Jährigen zurechtgeschnitten und aufgenäht worden war, einmal mehr.

Lambiel trotzte den widrigen Umständen

Die Leistung von Lambiel ist aufgrund der Voraussetzungen nicht hoch genug einzuschätzen. Im Vorfeld der Olympischen Spiele wurde er bei sämtlichen Prognosen der Schweizer Medaillengewinner als einer der ersten genannt. Entsprechend gross war der Druck, der auf seinen Schultern lastete.

Bei Lambiel wiegt dies besonders schwer, da er nicht einfach nur sauber laufen, sondern für Begeisterung sorgen will. Der Walliser ist ein Künstler durch und durch.

Bei einem schlecht gelaufenen Programm “schämt” er sich, weil er den hohen Ansprüchen nicht gerecht wurde. Er ist sehr emotional, ihm entgeht kein Detail. Aus diesem Grund spricht Trainer Peter Grütter davon, dass sein Schützling am Hinterkopf ein drittes Auge besitze.

Sorgen mit dem rechten Knie

Rund zwei Wochen vor dem ersten Wettkampfteil in Turin hatte Lambiel
zudem eine Aussenbandüberdehnung im rechten Kni erlitten, so dass er eine Woche nicht auf dem Eis trainieren konnte. Am Dienstag dann war er bei einem Sturz erneut auf das lädierte Knie gefallen und hatte mit Ultraschall behandelt werden müssen.

Und im Abschlusstraining hatte er zudem einen bedenklich schwachen Eindruck hinterlassen. Trotz dieser widriger Umstände und obwohl er erstmals nach der Verletzung die komplette Kür durchlief, brachte er am Tag X die Leistung – aus diesem Holz sind Champions geschnitzt.

Pluschenko vervollständigte Palmarès

Lambiels Konkurrent Pluschenko sorgte dafür, dass der Olympiasieger der Männer zum fünften Mal in Serie aus Russland kommt. Der dreifache Welt- und fünffache Europameister, der schon im Alter von 15 Jahren WM-Silber geholt hatte, komplettierte damit vier Jahre nach dem Gewinn von Olympia-Silber sein eindrückliches Palmarès.

swissinfo und Agenturen

Stéphane Lambiel wurde 1985 in Martigny im Wallis geboren. Er lebt heute in Lausanne.

Der Wahlwaadtländer schloss im Juni 2004 das Gymnasium mit der Matur in Biologie und Chemie ab. Zur Zeit ist er Eiskunstlauf-Profi.

Stéphane Lambiel ist Mitglied des Schlittschuhclubs Genf, sein Trainer ist Peter Grütter. Die Choreographien und Programme stammen von Salomé Brunner.

Die wichtigsten Resultate von Stéphane Lambiel :
Silbermedaille an den Europameisterschaften in Lyon im Januar 2006
Weltmeister in Moskau im März 2005
Fünf Mal Schweizermeister (2001-2005)
Rang 15 an den Olympischen Spielen von Salt Lake City 2002

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