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Starke Schweizer Vertretung in Florenz

Das Sozialforum in Florenz will den Weg von Porto Alegre weiterführen. Keystone

Am Europäischen Sozialforum in Florenz werden rund 150 Schweizer Delegierte von NGOs, Gewerkschaften und politischen Parteien teilnehmen.

Die Schweizer Delegierten werden dort vor allem das Bankgeheimnis und das Forum in Davos aufs Korn nehmen.

Von Mitte Woche bis Sonntag erwartet man 18’000 Delegierte von Nichtregierungs-Organisationen (NGO), Gewerkschaften und Parteien in Florenz. 150 Teilnehmende kommen aus der Schweiz.

Ein Sozialforum pro Kontinent

Das Treffen am europäischen Sozialforum steht unter dem Motto: “Ein anderes Europa für eine andere Welt ist möglich.” Es ist eine Folgeveranstaltung des Zweiten Weltsozialforums, das im Februar in Porto Alegre (Brasilien) stattfand. Dort wurde beschlossen, dass auf den diversen Kontinenten separate Sozialforen veranstaltet werden wollen, um die Globalisierungskritiker zu vereinen.

Die Kandidatur von Florenz als Austrageort des Forums ist vom Präsidenten der Region Toskana, dem Linksdemokraten Claudio Martini, in Porto Alegre vorgeschlagen worden. Die Renaissance-Stadt wurde Standorten in Frankreich und Griechenland vorgezogen, weil die so genannte “No-Global-Bewegung” in Italien besonders stark ist und breite Massen mobilisieren kann. Dies ist beim G8-Gipfel in Genua im Sommer 2001 deutlich geworden.

Mehrere hunderttausend Personen erwartet

Das Meeting in der toskanischen Hauptstadt besteht aus 18 Konferenzen, 150 Seminaren und diversen Workshops. Die Themen reichen von der “Zukunft der EU” über “Privatisierungen”, “Menschenrechte” bis zu “Terrorismus und Krieg”. Den Abschluss bildet am Samstag eine Grossdemonstration gegen den möglichen Krieg im Irak. Mehrere hunderttausend Personen werden erwartet.

Der Anlass in Florenz könnte zum grössten Treffen der Zivilgesellschaft in der Geschichte Europas werden. Die Schweiz nimmt daran mit einer ansehnlichen Delegation teil. Vertreten sind zahlreiche NGOs, Gewerkschaften und Parteien, darunter Attac Schweiz, die Erklärung von Bern, die Mediengewerkschaft Comedia, die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee sowie die Arbeitsgemeinschaft der fünf grossen Schweizer Hilfswerke.

“Mobilisierung gegen das WEF in Davos”

Für Alessandro Pelizzari von Attac Schweiz gibt es drei Gründe, beim Sozialforum dabei zu sein. “Erstens handelt es sich um einen symbolischen Ort, der einer sehr verstreuten Bewegung eine Identität gibt. Aber es geht auch um die Diskussion von Alternativen, die Konfrontation von Ideen und verschiedenen Projekten. Das Projekt hat schon in Porto Alegre begonnen.”

Für Pelizzari bietet Florenz zudem eine Plattform, um die nächsten Kampagnen zu planen und abzustimmen: “Für uns Schweizer ist die Mobilisierung gegen das World Economic Forum in Davos die wichtigste Aufgabe in den nächsten Monaten. In Florenz wollen wir ein europäisches Netzwerk gegen das WEF aufbauen.”

Privatisierung des Service Public

Attac Schweiz hat zudem zusammen mit anderen Gruppen fünf Seminare organisiert, die sich mit der Privatisierung des Service public auseinandersetzen. “Diese Thema hat bei unsere Kampagnen in der Schweiz eine zentrale Rolle gespielt”, sagt Pelizzari.

Weitere wichtige Themen in Florenz werden die Steuerhinterziehung und das Bankgeheimnis sein. Zwei Seminare widmen sich Steuerfragen. Neben Attac werden die Erklärung von Bern und die Arbeitsgemeinschaft der Schweizerischen Hilfswerke teilnehmen.

Schweizer Kritik am Bankgeheimnis

“Für uns ist es sehr wichtig aufzuzeigen, dass es auch in der Schweiz Widerstand gegen das Bankgeheimnis gibt”, sagt Pelizzari. Dieses spezifisch schweizerische Problem werden in ganz Europa diskutiert, nicht zuletzt auch in Zusammenhang mit den bilateralen Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU.

Die Schweizer Teilnehmenden sind auch an der Organisation von Seminaren beteiligt, welche sich mit Globalisierung und Militarisierung sowie mit der Rolle multinationaler Firmen in Kolumbien (insbesondere Nestlé) auseinandersetzen. Und natürlich wird, wie bereits gesagt, das WEF in Davos eine wichtige Rolle spielen.

Andrea Tognina, swissinfo (aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

Das erste Europäische Sozialforum findet vom 6. bis 10. November in Florenz in der Fortezza da Basso statt. Das Motto lautet: “Ein anderes Europa für eine andere Welt ist möglich.” Vorgesehen sind 18 Konferenzen, 150 Seminare, zahlreiche Workshops sowie Konzerte und andere kulturelle Events. Den Abschluss bildet am Samstag eine Demonstration gegen den möglichen Krieg gegen den Irak. Wegen des Sozialforums hat die italienische Regierung das Schengen-Abkommen vorübergehend ausser Kraft gesetzt und die Kontrollen an den Grenzen zu anderen EU-Staaten wieder eingeführt. In Florenz sind die Sicherheits-Vorkehrungen massiv verstärkt worden. Viele Geschäftsleute haben aus Angst vor gewalttätigen Demonstrationen ihre Läden verrammelt.

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