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SVP untermauert mit Maurer ihre Ambitionen

Keystone

Die SVP will zurück in die Regierung und nominiert zwei Kandidaten für die Bundesrats-Ersatzwahlen vom 10. Dezember. Christoph Blocher rechnet selbst nicht mit seiner Wahl. Ueli Maurer hat gute Chancen und redet von "Bürde", statt "Würde".

Beide lachen in die Kameras: “Wenn er es wird, bin ich froh, dass wir wieder im Bundesrat sind”, sagt Kandidat Blocher über seinen Mitbewerber Ueli Maurer.

Für Ueli Maurer ist Blocher “der Beste”. Er sei nicht “im gleichen Mass befähigt, Bundesrat zu werden”, wie dieser, aber: “Bei einer Einerkandidatur wäre das Risiko zu gross, dass die SVP in der Opposition bleiben würde”.

Die Schweizerische Volkspartei (SVP) will sich den Weg aus der Opposition nicht verbauen. Vor einem Jahr hat das Parlament den SVP-Übervater Blocher als Bundesrat abgewählt. Selbst Blocher wohlgesinnte Beobachter halten es für ausgeschlossen, dass dieser wiedergewählt wird.

Auch der ehemalige Parteipräsident der SVP Schweiz, Ueli Maurer, ist ein Hardliner des rechtskonservativen Zürcher Flügels. Er gilt als ehemaliger Ziehsohn Blochers, der dem politischen Gegner genauso hart und mit markigen Worten begegnen kann, aber auch als kompromissbereiter Brückenbauer.

“Maurer ist zuverlässig. Was man mit ihm abmacht, gilt. Das macht ihn für viele wählbar”, urteilt die sozialdemokratische Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer. CVP-Präsident Christophe Darbellay sieht für Maurer “echte Chancen”.

Fraktion demonstriert Einigkeit

Drei Stunden haben die National- und Ständeräte der SVP hinter verschlossenen Türen diskutiert, mehrere Wahlgänge durchgeführt und sich schlussendlich einstimmig für die Doppelkandidatur Blocher-Maurer entschieden.

Bereits zu Beginn war klar, dass die Fraktion ein Zweierticket mit Christoph Blocher aufstellen würde. Auch Blocher sprach sich für einen zweiten Kandidaten aus. Mit Fraktionschef Caspar Baader verzichtete einer der aussichtsreichen Anwärter zugunsten von Maurer.

Am Schluss blieben Maurer und der Berner Adrian Amstutz im Rennen um den zweiten Platz. Amstutz unterlag Maurer mit 44 zu 16 Stimmen.

Nach der Sitzung treten die beiden Kandidaten zusammen mit der Fraktionsspitze ins Schweinwerferlicht der Fernsehkameras. Die andern verlassen den Saal über den dunklen Hintereingang. Auch sie demonstrieren Einigkeit.

“Ich trage den Entscheid voll mit. Ueli Maurer hat enorme Arbeit geleistet. Das ist ein guter Entscheid”, sagt Adrian Amstutz und spricht sich klar gegen eine wilde Kandidatur aus: “Amstutz ist weder Samuel Schmid, noch Eveline Widmer-Schlumpf.”

Maurer: “Ich schüttle nicht gerne Hände”

Mit Maurer und Blocher trete die SVP-Fraktion mit ihren besten Köpfen und Integrationsfiguren an, sagt Baader. Das Parlament könne wählen zwischen einem Wirtschafts- sowie Finanzspezialisten und einem verdienten Parteipräsidenten. Maurer sei die “beste Nummer 2”.

Wirtschaftskrise, Armeekrise, Kriminalität, Migration: In diesen schwierigen Zeiten müsse die SVP wieder zurück in die Regierung, sagen Baader, Blocher und Maurer unisono und begründen damit, wieso sich ihre Partei nach einem Jahr wieder aus der Opposition verabschieden will.

“Ich weiss, dass ich es als einziger SVP-Vertreter in der Regierung nicht einfach haben würde, wenn ich gewählt werde”, sagt Kandidat Maurer und fügt an: “Die Medien werden mich kritisieren, die andern Parteien werden mich kritisieren. Ich mache das nicht besonders gern. Ich schüttle nicht gerne Hände.” Aber: “Ich habe dieses Land gern.”

Blocher: “Ich bin mir nicht zu nobel”

Auf entsprechende Fragen zeigt sich Maurer einer Konsenspolitik nicht abgeneigt: “Wenn das Gesetz Auslandeinsätze der Armee vorsieht, dann gibt es Auslandeinsätze. Aber ich will die Ideen der SVP in die Regierung einbringen.”

Blocher lobt seine persönlichen Vorteile, für den Fall, “wenn ich nicht im Bundesrat bin, dann kann ich viel freier politisieren”. Er räumt ein, dass ihn “das Parlament eigentlich nicht” wolle und sagt: “Die Fraktion will mich. Ich bin kein Alibi-Kandidat”. Er sei “nicht zu nobel”, bei den andern Parteien zu Hearings anzutreten und seine Positionen darzulegen. Wenn er nicht gewählt werde, dann wolle er sich nicht aus der Politik zurückziehen: “Nein, nein, dann bleibe ich eben Oppositionspolitiker.”

Wenn Maurer in den Bundesrat gewählt und Verteidigungsminister wird, dann muss er als eine der ersten Amtshandlungen einen neuen Armeechef ernennen. Kraft seines Amtes könnte er auch seinen Generalsekretär auswechseln. – Ein Amt für Christoph Blocher? Maurer schliesst das “nicht aus”, Blocher lacht und sagt: “Ich werde mich ganz intensiv darum bewerben.”

swissinfo, Andreas Keiser, Niederbuchsiten

Der 58-jährige Nationalrat Ueli Maurer ist neben Christoph Blocher der wichtigste Baumeister der SVP-Wahlerfolge der letzten Jahrzehnte.

Noch im Oktober 2007 schien es, als ob sich der sechsfache Familienvater aus dem Zürcher Oberland auf dem Rückzug aus der nationalen Politik befinde.

Er kündigte damals den Rücktritt als Präsident der SVP Schweiz an – ein Amt, das er seit über elf Jahren innehatte.

Maurer unterlag im gleichen Herbst im Kampf um den Zürcher Ständeratssitz der Grünliberalen Verena Diener. Im August 2008 übernahm er aber das Präsidium der Zürcher Kantonalpartei und mischte sich auch wieder vermehrt in die Bundespolitik ein.

Maurer wuchs auf einem Bauernhof im Zürcher Oberland auf. Er absolvierte eine kaufmännische Lehre und durchlief die politische Ochsentour.

Er wurde lange unterschätzt und als treuer Gefolgsmann Blochers bezeichnet. Maurer war es aber, der den Baustein der Wahlerfolge in harter Kleinarbeit legte und auch die Position der SVP in der Westschweiz gezielt stärkte.

Zu Beginn jeder Legislatur wählt das neue Parlament die sieben Mitglieder der Schweizer Regierung. Dabei werden die Amtsinhaber bestätigt. Zur Neuwahl kommt es in der Regel nur nach einem Rücktritt eines Regierungsmitglieds.

In der Geschichte des Bundesstaats wurde erst viermal ein Magistrat nicht mehr wieder gewählt: 1854, 1872, 2003 und 2007.

Vor einem Jahr schaffte Justizminister Christoph Blocher die Wiederwahl nicht mehr. An seiner Stelle trat das damalige SVP-Parteimitglied Eveline Widmer-Schlumpf in die Regierung.

Kündigt ein Bundesrat seinen Rücktritt an, schlägt seine Partei Nachfolge-Kandidaten vor. Meist auf einem Zweierticket, damit das Parlament eine echte Wahl hat. In der Regel schafft einer der beiden Kandidaten den Sprung in den Bundesrat.

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