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Neu im Zoo Zürich: Schwebende Tiger und Futterseilbahnen

In Panthera bringt eine Seilbahn das Futter für die Grosskatzen, sodass sich etwa der Schneeleopard darum bemühen muss.
In Panthera bringt eine Seilbahn das Futter für die Grosskatzen, sodass sich etwa der Schneeleopard darum bemühen muss. ZVG/Zoo Zürich

Tiger, Löwe und Schneeleopard ziehen im Zoo Zürich in ihr neues Zuhause. Ihr Lebensraum fordert ihnen aber viel ab.

Der stolze Amurtiger marschiert über einen mächtigen Baumstamm – über den Köpfen der Zoo-Gäste. Der Schneeleopard hechtet nach seinem Futter, das mittels Seilbahn geliefert wird. Und der Asiatische Löwe sucht sein neues Gehege nach Feinden ab und markiert es.

Der Zoo Zürich hat das neue Zuhause für seine Grosskatzen in Betrieb genommen. Der Lebensraum «Panthera» ist für die Raubtiere jedoch nicht einfach ein Rückzugsort, sondern es ist ein Raum, in dem die Tiere immer wieder gefordert werden.

Revier markieren, Futterkampf: ganz wie in der Natur

Feste Aufenthaltsorte gibt es in Panthera nicht. Die neue Heimat der Grosskatzen ist aufgeteilt in vier verschiedene Bereiche, wobei alle miteinander verbunden sind. Amurtiger, Asiatische Löwen und Schneeleoparden benutzen alle Bereiche gleichermassen – jedoch abwechselnd und niemals gleichzeitig.

«Für die Grosskatzen bedeutet das Rotationsprinzip permanente Neuorientierung und Sicherheitschecks», sagt Zoo-Direktor Severin Dressen. «Jedes Mal, wenn sie den Bereich wechseln, müssen sie diesen erst auf potenzielle Konkurrenten überprüfen und ihr Revier neu markieren. Der Geruch des Vorgängers ist überall.»

Dies sei für die Tiere zwar eine Herausforderung, aber es sei gut für das Wohlbefinden und die Gesundheit. «Tiere, die nur selten oder wenig kognitiv gefordert werden, sind erwiesenermassen weniger robust. Was also im ersten Moment paradox klingt, ist tatsächlich sehr sinnvoll», so Dressen.

Misserfolg gehört zum Konzept

Die Grosskatzen haben im neuen Zuhause Aufgaben zu lösen, welche sich an ihrer natürlichen Umgebung mindestens orientieren. So etwa hat der Zoo drei Fütterungsseilbahnen entwickelt, die es den Tieren ermöglichen, ihren Jagdinstinkt auszuleben.

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Mit bis zu 40 Stundenkilometern saust die Beute dabei durch den Lebensraum der Raubkatzen. Wer essen will, braucht schnelle Reflexe und eine gute Jagdtechnik. Ist die Katze zu langsam, geht sie leer aus.

Genau wie in der Natur erleben die Raubkatzen hier auch Misserfolg, in der Wildnis ist nur jeder zehnte Jagdversuch erfolgreich. Und Fasten gehört zum Alltag einer Grosskatze.

Die Katzen auf dem «Catwalk»

Die Zoo-Gäste erleben die mächtigen Tiere hautnah während der Jagd. Und sie erleben sie aus einem ganz neuen Blickwinkel. Eine spektakuläre Verbindung zwischen den Panthera-Bereichen ist der sogenannte «Catwalk», ein dicker Rottannenstamm über den Köpfen der Besucherinnen und Besucher.

Katzen haben gerne alles im Blick. Der Übergangssteg ermöglicht es ihnen, zwischen Ästen und umgeben von Grünpflanzen ihre Umgebung zu beobachten.

Wenig reicht aus und der Asiatische Löwe ist ausgelöscht

Alle drei Grosskatzenarten, die Panthera beleben, gelten als mindestens bedroht. Schneeleoparden und Amurtiger gibt es in der Wildnis schätzungsweise noch je 3000 Mal. Asiatische Löwen sind stark bedroht, von ihnen gibt es nur noch rund 350 Exemplare, die alle im Gir Forest Nationalpark in Indien leben. Wegen der räumlichen Begrenzung braucht es wenig, um die Art auszulöschen.

Der Zoo Zürich beteiligt sich daher bei allen drei Arten an Europäischen Er­haltungs­zucht­programmen. Dafür wurden dem Zoo Tiere zugewiesen, die für den Fortbestand relevant sind. Bei den Asiatischen Löwen, dem Tigermännchen und Tigerweibchen handelt es sich um Neuzugänge. Das bereits zuvor im Zoo Zürich lebende Schneeleopardenpaar kehrt zurück.

Mit dem neuartigen Konzept des Insektenwaldes will der Zoo Zürich Erfahrungen sammeln.
Mit dem neuartigen Konzept des Insektenwaldes will der Zoo Zürich Erfahrungen sammeln. ZVG/Zoo Zürich

Neueröffnung: Insektenwald

Dieses Konzept ist in der Zoowelt neuartig. Im Herzen von Panthera, im ehemaligen Löwenhaus, befindet sich der neue Insektenwald. Er ist das Zuhause von 11 Insektenarten, einer Tausendfüsser-Art und zwei Spinnenarten. Der Insektenwald beherbergt rund 1000 Individuen und ist in Form und Grösse einmalig.

Besonders sind die fehlenden Barrieren. Insekten und Zoogast begegnen sich direkt und unmittelbar.

«Diese Tierklasse ist das Rückgrat der biologischen Vielfalt», sagt Zoo-Direktor Severin Dressen. «Nicht nur sind sie Nahrung für unzählige andere Tierarten, sie sorgen auch dafür, dass unser Boden gesund bleibt, Pflanzen Früchte tragen, Kot und Kadaver abgebaut werden – kurz gesagt: Das Ökosystem bleibt intakt.»

«Wir Menschen nehmen diese Dienstleistung meist als selbstverständlich. Das sollten und dürfen wir aber nicht, denn sie ist es nicht. In den letzten Jahrzehnten hat allein die Biomasse der Fluginsekten um etwa 75 Prozent abgenommen. Das ist dramatisch! Höchste Zeit für mehr Aufklärung!», betont Dressen. Der Insektenwald will das Wissen über Wirbellose und ihre Gefährdung nahbar machen. Da noch kaum Erfahrungen mit einem Insektenwald bestehen, werden diese in den kommenden Monaten gesammelt werden.

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