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Das Schweizer Raumfahrtzentrum nimmt Gestalt an

Auf einer Höhe von 80 Kilometern kehrt das Shuttle um und fliegt ohne Pilot auf den Boden zurück. S3

Ein Jahr nach seiner offiziellen Betriebsaufnahme ist Swiss Space Systems (S3) auf Kurs. Das künftige Weltraum-Shuttle, das die Satelliten ins All bringen soll, hat seine Motoren und ein Netz von Partnern aus Russland und den USA gefunden.

In Payerne ein Weltraum-Shuttle bauen? Als S3 das Projekt am 13. März 2013 offiziell vorstellte, erschien das Ziel etwas verrückt zu sein. Ein Jahr später beschäftigt das Unternehmen in der kleinen Waadtländer-Stadt 65 Personen und fast 200 im Rest der Welt. S3 hat Ableger in den USA und in Spanien. Die Industrie-Partner tragen Namen wie Dassault Aviation, Breitling, JSC Kuznetsov oder Europäische Raumfahrtagentur. Das Budget ist bis 2018 gesichert und beträgt 250 Millionen Franken.

Gründer und Direktor der Firma ist der Schweizer Militärpilot und Raumfahrt-Ingenieur Pascal Jaussi. Er war schon als Kind von der Fliegerei begeistert und verfolgt den Weltraum-Traum seit 2005.

Wichtigster industrieller Partner ist der französische Flugzeughersteller Dassault. Dieser hatte bis 2009 gemeinsam mit der ETH Lausanne an einer Studie für das Suborbital-Flugzeug K-1000 gearbeitet. Jaussi war an diesem Projekt des Astronauten Claude Nicollier beteiligt.

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Wie ein Satellit ohne Rakete in die Umlaufbahn kommt

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Ein Shuttle soll auf dem Rücken eines Airbus 300 transportiert und in 10 Kilometern Höhe vom Flugzeug abgestossen werden. Dann soll es seinen eigenen Antrieb zünden. Von dort soll der Shuttle auf 80 Kilometer Höhe hinaufsteigen, lediglich 20 Kilometer unter der Grenze des Weltalls. Von hier an übernimmt eine kleine Rakete den Transport und bringt…

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Drei Etappen bis ins All

“Es brauchte viel Arbeit und viel Überzeugungskraft “, sagt der 36-jährige Unternehmer. “Es ist uns gelungen, die besten Ingenieure und die besten Partner zu finden.”

Umbenannt in SOAR (Sub-Orbital Aircraft Reusable) wird das kleine Shuttle bis in den Weltraum und wieder zurück fliegen können. Die Abkürzung ist Programm, bedeutet sie doch aus dem Englischen auf Deutsch übersetzt “Segelflug”.

Die Weltraum-Flüge werden drei Etappen umfassen. Ein Airbus A300 soll das unbemannte Shuttle im Huckepack auf eine Höhe von 10 Kilometern bringen. Von dort aus wird die Raumfähre SOAR mit ihrem eigenen Antrieb auf 80 Kilometer steigen und die Nutzlast samt einer von einem mehrfach zündbaren russischen Motor angetriebenen Rakete aussetzen. Während diese den oder die Satelliten in den Orbit bringt, kehrt das Shuttle im Segelflug nach Payerne zurück, wo es revidiert und für den nächsten Einsatz vorbereitet wird.

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Funktion von S3

Wichtige Etappen in Sotschi

Auf einer Höhe von 80 Kilometern ist der Himmel bereits schwarz. Doch man ist noch 20 Kilometer von der Kármán-Linie entfernt, welche die Luft- von der Raumfahrt trennt.

SOAR in den Weltraum zu schicken ist nicht Teil des Projekts S3. “Langfristig denken wir auch an ultraschnelle, suborbitale Flüge zwischen den Kontinenten”, sagt Pascal Jaussi. “Bis dahin werden wir schrittweise vorgehen.”

Anlässlich der olympischen Spiele in Sotschi hat das Projekt S3 zwei wichtige Etappen genommen. Jaussi hat an seinem Stand im Swiss House Verträge mit JSC Kuznetsov und RKK Energia unterzeichnet. Die beiden Firmen werden die Motoren des Shuttle und jene der Raketen liefern.

Die Geschichte der beiden neuen Partner ist eng verbunden mit der russischen Eroberung des Weltraums vom ersten Sputnik bis hin zur neusten Sojus-Rakete. S3 ist das erste europäische Unternehmen, dem es gelungen ist, eine Partnerschaft mit den beiden russischen Unternehmen einzugehen.

2015 wird S3 einen Airbus A300 testen, der für schwerelose Flüge (Parabelflüge) zertifiziert ist.

Dabei steigt das Flugzeug aus dem horizontalen Flug steil nach oben, drosselt die Schubkraft der Turbinen und fliegt dabei eine Parabel, bei der für etwa 22 Sekunden Schwerelosigkeit herrscht.

2015 wird die Maschine von Japan nach Kalifornien fliegen und dabei 24 Mal in Asien, im mittleren Osten, in Europa und in Amerika zwischenlanden und dem lokalen Publikum schwerelose Flüge anbieten.

S3 will damit Geld verdienen und hat sich für ein Tiefpreisangebot entschieden. So wird ein Ticket 2000 Euro kosten, also 3 Mal weniger, als solche Flüge kosten, die in Bordeaux von der französischen Raumfahrtagentur angeboten werden.

Colorado mit Vorteilen

Seit dem vergangenen Herbst ist S3 auch in den USA präsent. Direktor der Filiale in Washington ist Robert Feierbach, ein ehemaliger Verkaufsmanager von SpaceX. Am 14. März wurde in Florida ein Vertrag für die künftige Nutzung der ehemaligen Landepiste der amerikanischen Shuttles unterzeichnet. Dort könnte die zweite Basis von SOAR entstehen.S3 hat auch eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung auf dem Flugplatz in Front Range (Denver).

Ken Lawson, der Direktor von Front Range, fasst bereits Flüge ins Auge, die Denver und Neuseeland in zwei Stunden schaffen werden. Fürs erste weist er auf die Vorteile des Bundesstaates Colorado hin, auf die ausgezeichneten Hochschulen, seine Satelliten-Industrie und auf die Tatsache, dass dort die Hälfte der amerikanischen Raumfahrtindustrie ihren Sitz hat.

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Ein Space-Shuttle in Payerne bauen

Landen auf Gran Canaria

Der Bau des Shuttle wird 2015 in einer neuen Halle auf dem Flugplatz Payerne beginnen. Die ersten Flüge sind im Jahr 2018 vorgesehen. Der Airbus mit dem Shuttle auf dem Rücken wird in Payerne starten, doch Basis für die Ausflüge in den Weltraum und vor allem auch die Rückkehr des Shuttle auf die Erde werden die kanarischen Inseln sein.

“Wir werden die Satelliten auf heliosynchrone Umlaufbahnen schicken. Das Shuttle wird also vom Pol her kommen. Gran Canaria hat den Vorteil, dass der Landekorridor lange Zeit über unbewohnte Gebiete führt”, erklärt Pascal Jaussi.

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Neuen Markt schaffen

2018 will S3 ins Dienstleistungsgeschäft einsteigen: Kunden sollen mit dem neuen System Kleinsatelliten mit einem Gewicht von bis zu 250 Kilogramm in die Umlaufbahn bringen können. Statt um die 40 Millionen, wie heute üblich, soll ein Start nur 10 Millionen Franken kosten.

Doch wer kommt auf die Idee, lediglich 250 Kilogramm schwere Satelliten ins All zu schicken, wenn er weiss, dass die Monster der Weltraumagenturen normalerweise mehrere Tonnen wiegen? Nicht viele, bis jetzt, und das heisst auch, dass S3 einen neuen Markt schaffen muss.

“Weltraum für alle”, so heisst der Slogan von S3.”Zurzeit schiesst niemand solche Satelliten in den Weltraum”, sagt Pascal Jaussi. “Doch die Nachfrage bei Unternehmen, Universitäten oder Forschungsinstituten ist gross.”

Das Ziel von S3 erscheint ambitioniert, doch es konkretisiert sich langsam. “Die Frage ist nicht mehr, ob wir in den Weltraum fliegen werden, sondern wann”, sagte Pascal Jaussi in Sotschi. “Wir haben Investoren und gewichtige Industriepartner gefunden. Sie arbeiten nicht aus humanitären Gründen mit uns zusammen. Wenn Sie Geld in das Projekt stecken, dann tun sie das, um in Zukunft zu verdienen.”

Mitarbeit: Benjamin Adler, Denver

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