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Swissair: Demonstrationen, Kritik, Schuldzuweisungen

Tausende demonstrierten auf dem Berner Bundesplatz für die Swissair und gegen das Verhalten der Grossbanken. Keystone

Tausende von Swissair-Angestellten haben am Donnerstag für den Erhalt der Fluggesellschaft und gegen die Grossbanken demonstriert. Die Banken verteidigten sich und wiesen die Kritik zurück. Lukas Mühlemann ist aus dem Verwaltungsrat der SAir Group zurückgetreten.

Dieser Inhalt wurde am 04. Oktober 2001 publiziert

Trotz des Demonstrations-Verbots während der Parlamentssession stellte die Stadtpolizei Bern den Personalverbänden und den Gewerkschaften der Swissair die Hälfte des Bundesplatzes für ihre Kundgebung zur Verfügung. Wie am Tag zuvor in Kloten waren alle Kategorien des Personals unter den von der Polizei auf rund 7'000 geschätzten Teilnehmenden vertreten, von Kaderleuten in Krawatte, dem fliegenden Personal in ihren dunkelblauen Uniformen bis zu Technikern im Overall und einer Lehrlingsdelegation.

Auf Transparenten, mit Sprechchören und in Reden machten sich die Swissair-Leute Mut, dass ihre Firma noch gerettet werden könne. "Widerstand lohnt sich - Vereint sind wir stark", hiess es auf einem Spruchband. Beim Anmarsch auf den Bundesplatz gab es Buhrufe und gellende Pfeifkonzerte für die benachbarte Grossbank UBS.

Scharfe Kritik an Grossbanken

Die Rolle der Grossbanken wurde auch in vielen Reden angeprangert. "In der Schweiz wurde ein Flächenbrand ausgelöst, und der Brandstifter sitzt in New York", sagte der Berner SP-Nationalrat und SKV-Präsident Alexander Tschäppät in Anspielung auf die Rolle von UBS-Präsident Marcel Ospel.

Der Präsident der VPOD-Sektion Luftverkehr, Daniel Vischer, sagte, es sei erwiesen, dass die UBS den Plan von langer Hand vorbereitet und nach dem 11. September kaltblütig zugeschlagen habe. "Wir sind keine Kolonie der Banken in diesem Land", sagte Paul Rechsteiner, SGB-Präsident und Nationaltrat, und bezeichnete das Swissair-Debakel als Produkt von zehnjähriger neoliberaler Politik

Der Bundesrat wurde aufgefordert, eine Untersuchung gegen die Grossbanken zu eröffnen. Mehrere Redner aus der SP-Fraktion erhielten tosenden Applaus für ihre Forderung nach einer Übernahme der Crossair durch den Bund.

In Genf versammelten sich am Abend mehr als 1'200 Personen, darunter viele Swissair-Angestellte in Uniform, vor dem Sitz der Credit Suisse Group, um die Banken auszubuhen. Vor dem UBS-Sitz in Basel taten am Mittag rund 100 Menschen ihren Unmut über die Grossbank kund.

Abrechnung

Auch zwei Tage nach dem Grounding der Swissair-Flotte haben die Schuldzuweisungen über die Verantwortung angehalten. Der Crossair-Verwaltungsrat reagierte auf die Verdächtigungen, dass ihr Präsident Suter zusammen mit der UBS einen Coup gegen die Swissair eingefädelt habe. Er teilte mit, die Abläufe zeigten klar, dass die Verantwortung für die Krise und die "ungeordnete Betriebseinstellung" vom vergangenen Dienstag nicht bei der Crossair liege.

Der Verwaltungsrat sei erst am vergangenen Montagmorgen über die einschränkenden Bedingungen der Grossbanken für die Verwendung des Kaufpreises für das Crossair-Aktienpaket informiert worden. Dann habe der Crossair-Verwaltungsrat umgehend Bedenken angemeldet und darauf hingewiesen, dass unter diesen Umständen die Finanzierung des Flugbetriebs nach der Bekanntgabe des Gesuchs um Nachlassstundung äussert wichtig sei.

Corti im Visier

Die Mitteilung des Crossair-Verwaltungsrats enthält auch Kritik an Swissair-Chef Corti. Er habe es am vergangenen 21. September - damals wurde die Zusammenlegung von Swissair und Crossair unter dem Dach der Swissair Group beschlossen - unterlassen, den Crossair-Verwaltungsrat über die wahre schlechte Finanzlage der Swissair zu unterrichten.

Bei der Swissair mochte man nicht auf die Angriffe gegen Corti reagieren. "Wir nehmen die Mitteilung zur Kenntnis", sagte ein Sprecher. In am Vortag geführten Interviews hatte sich Corti aber gegen die Darstellung von UBS-Präsident Marcel Ospel gewehrt, wonach die Swissair am Dienstag über genügend Liquidität für die Fortsetzung des Flugbetriebs verfügt hätte.

Die Fernsehauftritte der beiden Grossbanken-Präsidenten Ospel und Lukas Mühlemann vom Mittwochabend machten neben der unterschiedlichen Strategie zur Schadensbegrenzung auch deutlich, dass der als partnerschaftliche Lösung angekündigte Crossair-Deal schon in den ersten Tagen zu Reibereien führte.

Mühlemann sagte, seine Credit Suisse Group hätte bei dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Überbrückungskredit mitgemacht. Er schob damit die Verantwortung für das Scheitern der dienstäglichen Finanzspritze der UBS zu. Ospel, dessen Bank mit 51 Prozent die Mehrheit am Bankenpaket hält, stellte in einem Interview des "Tages-Anzeigers" aber in Abrede, dass das Verhältnis zur CSG deswegen gestört sei.

Rücktritt von Mühlemann

CSG-Chef Lukas Mühlemann hat am Donnerstag seinen Rücktritt aus dem Verwaltungsrat der SAir Group bekannt gegeben. Grund sei die Beteiligung der Credit Suisse Group (CSG) an der Crossair, heisst es in der am Donnerstagabend veröffentlichen Mitteilung der Swissair. Mit dem Rücktritt Mühlemanns würden Interessenkonflikte verhindert.

Die Führungscrew der Swissair-Gruppe besteht nach dem jüngsten Abgang noch aus Bénédict G. F. Hentsch, Andres F. Leuenberger und dem Verwaltungsratspräsidenten Mario Corti.

swissinfo und Agenturen

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