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Swisscom eröffnet die Schlacht um die Konvergenz

Video auf Bestellung: Die Ausleihe einer DVD erübrigt sich. Keystone

Der Blaue Riese bietet ab heute Fernsehen und Videos via Telefonkabel. Damit attackiert er den Markt der Gemeinschaftsantennen-Anbieter.

Bluewin TV bietet über 100 TV-Sender und 70 Radiostationen an. Ob das Wirtschaftsmodell dieses neuen Services wirklich funktioniert, ist noch unsicher.

Auf den ersten Blick erscheint der Kuchen sehr appetitlich. Laut dem Institut Gartner wird sich der Weltmarkt des Fernsehens via Internet-Protokoll (IPTV) bis 2010 verachtfachen und etwa 50 Mio. Abonnenten zählen. Er wird dann einen Umsatz von 13,2 Mrd. Dollar generieren. Dieses Jahr wird er lediglich 0,872 Mrd. Dollar betragen.

IPTV bringt Fernseh- und Videoprogramme über ein digitales Datennetz via Telefonleitung auf den heimischen Fernseher.

In Westeuropa empfangen über drei Mio. Haushalte ihre Fernsehprogramme via Telefonanschluss. Die Hälfte davon befindet sich in Frankreich, wo sich drei grosse Anbieter diesen Markt teilen. Die Kabelfernsehbetreiber sind in Frankreich weniger stark präsent als im Rest des Kontinentes.

Das Huhn, das goldene Eier legt?

In der Schweiz hat sich nun Swisscom mit Bluewin TV in dieses Abenteuer gestürzt. Im Angebot sind 100 Fernsehsender und 70 Radiostationen, mehr als 500 Spielfilme auf Bestellung sowie Direktübertragungen von Sportereignissen. Der Blaue Riese schlägt damit einen Konfrontationskurs ein, der sich gegen Gesellschaften wie Cablecom oder Naxoo richtet, welche Fernsehen via Kabelnetze anbieten.

Cablecom, Schweizer Kabelfernseh-Marktführerin, hat schon eine Antwort parat: “Wir werden bald eine noch grössere Auswahl an Fernsehsendern anbieten”, sagt Rudolf Fischer, Managing Director der Gesellschaft.

IPTV ist also nicht automatisch ein Huhn, das goldene Eier legt. Zahlreiche Unsicherheiten verhindern momentan eine klare Zukunfts-Prognose.

Skepsis bei Sunrise

Bei Sunrise, Hauptrivalin von Swisscom, wird das Bluewin TV-Angebot mit Skepsis betrachtet. “Man wird sehen, ob es wirklich einen starken Run auf IPTV gibt, da der Zugang zu den Fernsehprogrammen via Fernsehkabel oft schon im Mietzins inbegriffen ist”, sagte Sunrise-CEO Jesper Theill Eriksen, der am 1. November von seinem Posten zurücktrat und zum Verantwortlichen für alle Mobilkommunikations-Aktivitäten von TDC ausserhalb der nordischen Regionen und der Schweiz ernannt wurde.

In der Tat entrichten viele Mieter in städtischen Gebieten bereits einen im Mietzins eingeschlossenen Betrag für den Empfang von Kabelfernsehen. Es wird nicht einfach sein, dies zu ändern.

Verführerisch: Video auf Bestellung

IPTV könnte aber auch ein strategisches Angebot von Swisscom sein. Dieser Dienst erlaubt der Firma einerseits, die derzeitigen Telefon – und Internet-Kunden bei sich zu behalten und ihnen zusätzliche Leistungen wie Video auf Bestellung (VOD) zu verkaufen.

Der Kunde würde nur mehr einen Lieferanten für Telefon-, Breitband-Internet-Verbindungen sowie fürs Fernsehen haben.

Man müsste auch nicht mehr eine DVD in der Videothek mieten und könnte Strafzahlungen vermeiden, wenn man sie nicht rechtzeitig zurückgegeben hätte. Ein paar Knopfdrücke auf der Fernbedienung werden ausreichen, die Bewilligung zu erwerben, den Film auf seinem Fernseher betrachten zu können.

Fernsehen via IP ist kein Basis-Service. Für die Swisscom ist dies eine neue Vertriebsplattform auf der sie Kommunikations- und Unterhaltungsservices anbieten kann.

Aber sie muss Cleverness zeigen um die Chancen zu nutzen, welche der direkte Zugang zu den Fernsehbildschirmen in der Schweiz bietet.

swissinfo, Luigino Canal
(Übertragung aus dem Französischen: Etienne Strebel)

Für die Nutzung von Bluewin TV braucht es eine Swisscom-ADSL-Telefonverbindung. Die monatlichen Kosten für das Fernsehen betragen 29 Fr. und höchstens 1,05 Fr. für eine Lizenz des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom).

Dazu kommen 25,25 Fr. Telefonanschlussgebühren und die Gebühr für die ADSL-Verbindung (ab 9 Fr. pro Monat). Die monatlichen Minimum-Kosten betragen damit 64,30 Fr.

Bluewin TV wird durch einen Spezialisten im Domizil des Kunden für 95 Fr. installiert.

Der Service verlangt für ein direktübertragenes Fussball- oder Eishockey-Spiel 1 Fr. Für Video auf Bestellung sind über 500 Filme für 3,5 oder 6 Fr. pro Film abrufbar.

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