TAGESÜBERBLICK WIRTSCHAFT
Bern (awp/sda) – Mittwoch, 20. Januar
VERSICHERUNGEN LEIDEN: Die Versicherungsgesellschaften in der Schweiz haben 2009 die Auswirkungen der Finanzkrise zu spüren bekommen. Dennoch zeigt sich der Brancheverband zufrieden: Die Versicherer hätten sich erfolgreich behaupten und sich als krisenresistent beweisen können. Am meisten Auswirkungen hatte die Krise auf das Kollektivlebensgeschäft der Privatversicherer: Dort ging das Prämienvolumen gemäss Schätzungen des Schweizerischen Versicherungsverbands (SVV) um 3,5 Prozent zurück. Zurückzuführen sei das auf einen eigentlichen Stillstand des Wettbewerbs zwischen den Pensionskassen und den Sammelstiftungen der Lebensversicherer, hiess es an einer Medienkonferenz des SVV in Zürich. So hätten sechs von zehn Pensionskassen letzten Frühling eine Unterdeckung aufgewiesen.
WEF 2010: Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise geht es beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos darum, die Lehren aus der Krise zu ziehen. Unter dem Motto «Den Zustand der Welt verbessern: überdenken, umgestalten, erneuern» soll der Scherbenhaufen angegangen werden. «Wir müssen unsere Werte überdenken», erklärte WEF-Gründer Klaus Schwab vor den Medien im Genfer Vorort Cologny. «Ebenso müssen wir die Prozesse für die Bewältigung der Themen und Herausforderungen der globalen Agenda umgestalten. Und schliesslich müssen wir unsere Institiutionen erneuern.» Insgesamt reisen 2500 Führungspersonen aus Politik und Wirtschaft vom 27. bis 31. Januar nach Davos. Darunter sind 30 Staats- und Regierungschefs und über 60 Minister.
WENIGER WERBUNG: Der Werbedruck in den Schweizer Medien ist gemäss Angaben des Marktforschungsinstituts Media Focus im vergangenen Jahr um 4,3 Prozent gesunken. Er belief sich auf 3,99 Mrd. Franken. Im Dezember resultierte indes wieder ein leichtes Plus von 2,2 Prozent auf rund 358 Mio. Franken. Auch im März war ein kleiner Zuwachs verbucht worden. Sonst war der Werbedruck 2009 in allen Monaten rückläufig, am deutlichsten im Mai (-17,0 Prozent) und April (-13,3 Prozent). Aufs Jahr gesehen verloren die Printmedien 10,1 Prozent. Das entspricht über 230 Mio. Franken. Fernsehen, Radio und – allen voran – die Online-Werbung verbuchten dagegen ein Plus.
PROTEST: Die Minderheitsaktionäre des Augenheilmittelkonzerns Alcon machen Front gegen die Übernahmeofferte von Novartis. Ihre Vertreter im Alcon-Verwaltungsrat kritisieren das Angebot des Basler Pharmariesen als bei weitem nicht angemessen. Der Wert von Alcon sei viel höher, erklärte der Ausschuss der unabhängigen Alcon-Verwaltungsräte in einem Brief an Novartis-Chef Daniel Vasella. Novartis will den verbliebenen Alcon-Aktionären deutlich weniger zahlen als dem bisherigen Alcon-Mehrheitseigentümer Nestlé. So sollen die freien Aktionäre 2,8 Novartis-Aktien je Alcon-Titel erhalten, was zum aktuellen Kurs rund 151 Dollar je Aktie entspricht. Das liegt erheblich unter dem Durchschnittspreis von 168 Dollar, den Nestlé für ihre Alcon-Aktien erhielt. Novartis argumentiert, dass die mit dem Nestlé-Paket verbundene Kontrolle über Alcon einen Aufpreis wert sei.
MEHR UMSATZ: Der Sportartikelhändler Intersport International hat seinen Detailhandels-Umsatz 2009 um gut 5 Prozent auf über 9,3 Mrd. Euro gesteigert und damit die 9-Milliarden-Grenze geknackt. Der kalte Winter 2008/2009 in Europa sorgte für gute Verkäufe. Einmal mehr habe sich gezeigt, dass der Sportfachhandel generell mehr vom Wetter als von der Konjunktur abhängig sei, heisst es in der Mitteilung der vor allem in Europa und Kanada tätigen Gruppe.
WENIGER UMSATZ: In der Krise sparen die Konsumenten bei der Wohnungseinrichtung: Möbel Pfister hat im vergangenen Jahr eine Umsatzeinbusse von 7,3 Prozent erlitten. Die Verkäufe beliefen sich auf 612,5 Mio. Franken, wie die Pfister Arco Holding mitteilte. Im vierten Quartal habe sich das Geschäft aber wieder spürbar belebt. Der Umsatz ging nicht nur aus konjunkturellen Gründen zurück. Zu Buche schlugen auch die Einstellung der Küchenabteilung beim Eschenbacher Tochterunternehmen Egger sowie Umbauten von Filialen.
FREISPRUCH: Zwei ehemalige Top-Banker der Bank Vontobel müssen nicht wegen Betrugs in Millionenhöhe und Urkundenfälschung hinter Gitter. Das Zürcher Bezirksgericht hat Jörg Fischer und Hans-Peter Bachmann vollumfänglich freigesprochen. Der äussere Ablauf der Vorgänge sei zwar unbestritten, begründete der Gerichtspräsident das Urteil. Allerdings könne man nicht belegen, dass die Angeklagten damals im Jahr 2000 mit schlechten Absichten gehandelt hätten. Weil die beiden Hauptangeklagten freigesprochen wurden, kommt auch ihr damaliger Arbeitgeber, die Bank Vontobel, ungeschoren davon. Das Gericht lehnte die Forderung des Staatsanwaltes ab, dass die Zürcher Privatbank 131,4 Mio. Fr. bezahlen muss, um Aktionäre zu entschädigen.
KEIN VERGLEICH: Im Prozess um die Eintragung von Stimmrechten bei Georg Fischer hat Investor Giorgio Behr vor dem Kantonsgericht Schaffhausen einen Vergleich abgelehnt. Ein Urteil erging deshalb nicht. Die Parteien haben bis zum 3. Februar Zeit, sich zu einigen. Strittig sind 0,3 Prozent Stimmrechtsanteile seiner Beteiligungsgesellschaft BDS an Georg Fischer (GF). Giorgio Behr hat mit BDS und als Einzelperson im November 2008 insgesamt 6,36 Prozent des Aktienkapitals übernommen und wurde damit zum grössten Einzelaktionär des Industriekonzerns.
WEITERZUG: Neue Runde im Streit um die Kabelschacht-Preise zwischen Sunrise und Swisscom: Sunrise zieht den letzten Entscheid der Kommunikationskommission (ComCom) vor das Bundesverwaltungsgericht. Zwar hatte die ComCom im letzten Dezember entschieden, dass die Preise, welche die Swisscom den Konkurrenten für die Mitbenützung der Kabelkanalisation verrechnet, zu hoch sind. Sie müsse die Preise halbieren, befand die ComCom damals. Doch auch der neue Preis basiere weiterhin auf der Praxis, welche eine vollständige Neubewertung bereits abgeschriebener Anlagen ermögliche, schreibt Sunrise in einer Mitteilung. Die Gesellschaft ziehe den ComCom-Entscheid daher vor das Bundesverwaltungsgericht.
BANKEN LEIDEN: Die Bank of America bleibt eine Verliererin der Finanzkrise: Sie schrieb auch im Schlussquartal rote Zahlen. Sie konnte zwar im vierten Quartal operativ den Verlust von 1,8 Mrd. Dollar im Vorjahr auf noch 194 Mio. Dollar eindämmen. Wegen der Rückzahlung der Staatshilfen blieb unter dem Strich allerdings ein deutlich grösseres Minus von 5,2 Mrd. Dollar. Im Gesamtjahr machte die Bank of America einen Verlust von 2,2 Mrd. Dollar. Ohne die Rückzahlung der Staatshilfe wären es 6,8 Mrd. Dollar Gewinn. Dagegen vermochten sich die Investmentbank Morgan Stanley und die Bank Wells Fargo – wenn auch mit Mühe – aufzurappeln. Morgan Stanley machte 2009 einen Verlust von 907 Mio. Dollar. Im letzten Quartal erwirtschaftete das Institut allerdings einen Gewinn. Die Bank Wells Fargo, einer der grössten Kreditgeber des Landes, verdiente 2009 fast 8 Mrd. Dollar. Sie hatte im Dezember Staatshilfen in Höhe von 25 Mrd. Dollar zurückgezahlt. Auch im Schlussquartal blieb trotz milliardenhohen Rückstellungen für säumige Schuldner ein Gewinn von 2,8 Mrd. Dollar.
ROTE ZAHLEN: American Airlines steckt in den roten Zahlen fest: Die Gesellschaft flog im vierten Quartal 2009 einen Verlust von 344 Mio. Dollar ein. Im Vorjahreszeitraum hatte die Airline, die über ihre Muttgesellschaft AMR an der Börse notiert ist, noch mehr verloren. «Die Treibstoff-Krise von 2008 ist durch die schlimmste Rezession seit Dekaden abgelöst worden», sagte Konzernchef Gerard Arpey in Fort Worth. Wegen der Krise sackten die Passagier- und Frachtzahlen ab, und die Preise begannen zu rutschen. Entsprechend fiel der Umsatz im Schlussquartal um 9 Prozent auf 3,8 Mrd. Dollar.
GLOBALE WIRTSCHAFT WÄCHST: Nach der letztjährigen globalen Rezession wächst die Weltwirtschaft nach Ansicht der UNO heuer wieder um 2,4 Prozent. Wachstumsmotor sind die Schwellenländer mit China an der Spitze. Die Schwellenländer expandieren dieses Jahr um 5,3 Prozent, wie die UNO in ihrem Bericht schreibt. Dabei geben China (+8,8 Prozent) und Indien (+6,5 Prozent) ein rasantes Tempo vor. Die reichen Industrieländer dürften hingegen nur leicht um 1,3 Prozent wachsen. Von der US-Wirtschaft erwarten die Experten der Vereinten Nationen eine Steigerung von 2,1 Prozent (2009: -2,5 Prozent). Noch bescheidener sind die Prognosen für die Europäische Union (+0,6 Prozent) und Japan (+0,9 Prozent). Im vergangenen Jahr hatten die beiden Volkswirtschaften noch einen Rückgang von 4 beziehungsweise 5,6 Prozent erlitten.