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Teilweise Stallpflicht für Freiland-Geflügel

Vom 15. Oktober an besteht für Geflügel in Risikozonen Stallpflicht. Keystone

Die Freilandhaltung von Geflügel wird vom 15. Oktober bis am 30. April 2007 im Umkreis von einem Kilometer von grösseren Seen und Flüssen verboten.

Mit dieser am Freitag verfügten Massnahme will die Landesregierung das Hausgeflügel von der Vogelgrippe schützen.

Anders als im Vorjahr sind vom Freilandhaltungsverbot nur Gebiete in einem Umkreis von einem Kilometer um rund 20 grössere Seen und Flüsse im Mittelland betroffen. Hier halten sich in den Wintermonaten besonders viele Wasservögel auf.

Die Gefahr einer Übertragung des Vogelgrippevirus H5N1 scheint deshalb – auf Grund der Erfahrungen im vergangenen Winter – in diesen Risikozonen am grössten zu sein.

Die neuerliche Stallpflicht beim Schweizer Nutz- und Rassegeflügel kann bei Bedarf von den kantonalen Veterinärämtern verschärft oder auch früher aufgehoben werden. Diese informieren die Geflügelhalter auch über die neue Stallpflicht ihrer Tiere.

Ausnahmen möglich

Das Freilandhaltungsverbot gilt auch für Geflügelmärkte und –ausstellungen. Die zuständigen kantonalen Behörden können in seltenen Fällen Ausnahmen gewähren. Weiter gilt es für Hühner, Truten, Pfauen, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Wachteln, Enten, Gänse, Strausse, Emus und Nandus.

Nicht betroffen sind zum Beispiel Tauben, Papageien, Kanarienvögel, Pinguine, Flamingos, Watvögel und Greifvögel.

Geflügelhalter mit Freilandhaltung erhalten weiterhin Direktzahlungen. Haben sie einen sogenannten Wintergarten, können sie ihre Produkte ausserdem weiterhin mit “aus Freilandhaltung” bezeichnen.

Importrestriktionen

Der Import von Geflügel und Geflügelfleisch, der laut EVD bei der Ausbreitung der Vogelgrippe ebenfalls eine wichtige Rolle spielen kann, unterliegt weiterhin klaren Restriktionen.

Einfuhren aus Ländern, in denen Fälle der Krankheit aufgetreten sind, bleiben verboten. Daneben werden Reisende an den Flughäfen über ihre Pflichten informiert.

Weiter Wildvögel-Überwachung

Weitergeführt wird nach Angaben des EVD auch die Überwachung der Wildvögel. Im kommenden Winter werden lebende Vögel am Boden- und am Sempachersee sowie in den Bolle di Magadino im Tessin untersucht.

Im Winter leben rund 500’000 Wasservögel in der Schweiz. Im Sommer sind es lediglich 50’000. 74% der Wasservögel verbringen den Winter auf den vier grossen Seen. Da die Vögel ihre Standorte aber oft wechselten, müssten auch kleinere Seen und Flussläufe einbezogen werden, argumentieren die Behörden.

Rund um den Neuenburgersee und den Genfersee werden zudem alle Wasservögel untersucht, die bei der traditionellen Jagd erlegt werden, wie es in der Mitteilung heisst. Daneben sollen – wie schon vor einem Jahr – auch alle verendeten Vögel mit Verdachtsmomenten aus der ganzen Schweiz untersucht werden.

32 Fälle in der Schweiz

Bis anhin wurde in der Schweiz bei 32 Vögeln das gefährliche Vogelgrippevirus H5N1 nachgewiesen. Ein Fall trat am Genfersee auf, die übrigen wurden am Bodensee und Hochrhein registriert. Ausbrüche in Geflügelhaltungen gab es nicht.

In der Schweiz ist bisher zwei Mal eine landesweite Stallpflicht beschlossen worden. Im vergangenen Herbst musste das Geflügel nach einer Anordnung des Bundesrats von Ende Oktober bis Mitte Dezember in überdachten und wildvogelsicheren Gehegen gehalten werden. In diesem Frühling wurde ihm zwischen Mitte Februar und Ende April der Freilauf gestrichen.

Reaktionen der Geflügelproduzenten

Für die Geflügelproduzenten kommt das neueste Freilandverbot nicht überraschend: Das Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) hatte dieses bereits vor drei Wochen mit ihnen abgesprochen. Auch kagfreiland und Bio Suisse akzeptieren die Massnahme.

Bei der Nutztierschutz-Organisation kagfreiland hat man gemäss Geschäftsleiter Roman Weibel “ein lachendes und ein weinendes Auge”. Erfreulich sei, dass keine landesweite Stallpflicht verhängt werde. Der Entscheid des Bundesrats sei gegenüber jenem vom letzten Jahr pragmatisch und ein grosser Fortschritt, sagte Weibel.

Für die von der Stallpflicht in der Nähe von Seen und Flüssen betroffenen rund 150’000 Tiere handle es sich um eine “drastische Massnahme”. Immerhin seien 7% aller Geflügelbetriebe – rund 1000 professionelle Tierhalter und rund 4000 Hobbyhalter – betroffen. Sie müssten mit Einkommensausfällen rechnen.

swissinfo und Agenturen

Gemäss den neusten Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die Vogelgrippe bei Menschen mit 251 Fällen in 10 Ländern aufgetreten, davon endeten 148 tödlich.

In der Schweiz wurden bislang keine an der Vogelgrippe erkrankten Menschen registriert.

In Südostasien ist die Vogelgrippe weiterhin akut. In Thailand und Vietnam gab es neue Ausbrüche.

Die Lage in Russland hat sich nicht gebessert: Vor allem in gewissen Regionen Sibiriens ist die Vogelgrippe in Geflügelhaltungen und bei Wildvögeln aufgetreten.

Auch in diesem Winter sind mit dem Vogelzug Ausbrüche der Krankheit rund ums Schwarze Meer und in Europa möglich.

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